Lina Meruane - Heimkehr ins Unbekannte

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"Im Kopf werfe ich eine Münze: Falls mich eine Einladung nach Europa führt, werde ich die Reise auf eigene Faust gen Osten ausdehnen." Die Einladung kam, und die in New York lebende Chilenin Lina Meruane fuhr erstmals in die Heimat ihrer palästi­nen­sischen Großeltern, ins ­heutige Israel. Der Bericht über die Reisen in die eigene Vergangenheit ist ein gedankensprühender Kommentar zu einem zu­nehmend weltbewegenden Problem: Warum wird es immer komplizierter, die Fragen «Wo kommst du her? Wer bist du?» eindeutig zu beantworten? Ein Buch darüber, wer man zu sein glaubt, und welche politisch wirksamen Täuschungen damit verbunden sind.

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jaffa–new york: 29. januar

Nach Chile und einer weiteren Nachricht meinerseits, von unschlüssiger Hand geschrieben, erhalte ich wieder Post vom Schriftsteller-in-Jaffa, der mir einflüstern will, ich dürfe mir nichts von der komplexen Wirklichkeit entgehen lassen, in der die Palästinenser leben. »Du wirst sehen«, schreibt er und fügt hinzu: »Keine Armee, kein Überwachungsapparat kann die zahllosen menschlichen Regungen kontrollieren, und mögen auch viele leiden, dann leben sie wie alle hier so intensiv, wie sie nur können (und es gibt Musik, Essen, Sex, es gibt Ehen, Kinder, Scheidungen und alles Übrige auch). Das heißt, wir leben sehr gut. Nicht in diesem Rausch wie in meinem Land, wo das Leben manchmal zu sehr überschäumt (und auch der Tod), aber hier versteht man es ebenfalls – vor allem die Palästinenser –, zu leben und glücklich zu sein. Am Schreiben hindert mich, dass es in den letzten Jahren immer weniger Platz gibt für eine Meinung zwischen dem Wahnsinn der Hamas und dem Wahnsinn der israelischen Ultrarechten (wer sich vermittelnd äußert, wird unweigerlich in die eine extreme Ecke geschoben und aus der anderen angegriffen). Zum Glück ist die Wirklichkeit weitaus reicher und komplexer als diese Meinungen, und die Leute bleiben lebendig, unvorhersehbar, unkontrollierbar. Jetzt habe ich pathetisch herumdoziert, so ein Mist. Am besten, Du siehst es Dir selbst an. Wir erwarten Dich, wenn Du Dich zur Reise entschließt.«

zehn jahre früher aufwachen

Allmählich holen mich alte palästinensische Lockrufe ein. Das Telefonklingeln erwischte mich an der Wohnungstür, nicht meine Wohnung, sondern gemietet und nicht mal ganz. Damals hatte es gerade mal für ein Zimmer in einem irisch-russisch-libanesischen Viertel im Süden Brooklyns gereicht. Es war neun vorbei, wie ich an der Wanduhr sah, als ich zurück in die Küche ging und den Hörer abnahm. Der afroamerikanische Freund meiner Mitbewohnerin war dran. Bleib zu Hause, sagte er voller Sorge. Und bombardierte mich mit Nachrichten von einem Anschlag. Zwei Flugzeuge. Zwei enthauptete Türme. Ich war schon spät dran für meinen ersten Unterricht. Vielleicht war es auch sein Akzent oder meine Probleme mit dem Englischen, damals. Er musste es mir wiederholen. Der U-Bahn-Verkehr ist eingestellt, Bahnhöfe und Flughäfen sind gesperrt. Schalte den Fernseher an, wenn du mir nicht glaubst, und weck Niki, hol sie ans Telefon. Please . Auf dem Bildschirm wurde geschrien. Die Fernsehmoderatorinnen rangen um Fassung und riefen Gott an, als würden sie ihn verfluchen. Oh my God , riefen sie, während sie zusahen, wie sich Menschen ins Leere stürzten. Hand in Hand die einen, andere in einsamem Flug. Diese Bilder verschwanden bald, und der Bildschirm füllte sich mit anderen Nachrichten: offizielle Erklärungen, Videos, Schuhe zwischen Trümmern, während ich in einem kalten Kaffee rührte, den Niki auf dem Tisch hatte stehen lassen. Gemeinsam sahen wir, wie der erste Turm zu Staub wurde. Die Sicherheit brach in sich zusammen, und aus der dunklen Wolke erhob sich grenzenlose Paranoia. Zu dem Zeitpunkt gab es noch kein Bekennerschreiben, aber man mutmaßte bereits, »eine arabische Terroristengruppe« räche sich an einem Land, das stets die Sache Israels unterstützt hatte. Bilder von palästinensischen Kindern kamen herein, die auf der Straße den Anschlag feierten. Das Bild zeigte nur einen Ausschnitt. Man wusste nicht, was sie da betrachteten oder vor wem sie die Fäuste hoben. Es war eine kurze Sequenz, doch sie kam immer wieder, im Wechsel mit Einsturz und nochmaligem Einsturz der Türme. Die Kinder. Die Türme. Immer dieselben Kinder mit denselben erhobenen Händen, die Gesichter leuchtend, dazu eine Stimme im Off, die sie als Komplizen der ewigen Intifada bezeichnete. Die Kinder und der Einsturz, danach ein Jassir Arafat, dem damals noch drei Jahre zu leben blieben und der die Tragödie bedauerte. »I am shocked« , sagte er in bestürztem Englisch, aber sofort kamen wieder die Türme und die arabischen Kinder, um ihn Lügen zu strafen. Diese Kinder, verwandelt in frühreife Terroristen, waren die Sendboten von damals. Ich schrieb an dem Abend über sie, für eine chilenische Tageszeitung, von dem Bedürfnis getrieben, das alles schriftlich zu bezeugen. Jetzt blättere ich durch die Zeitungsausschnitte jener Jahre und lese, was ich über die Fernsehszene geschrieben, was ich im Laufe des Tages empfunden hatte. »Ich dachte an meine palästinensische Herkunft, inmitten dieser Schlacht, an meinen Nachnamen, an die Möglichkeit, verdächtig zu werden für eine Gemeinschaft von Individuen, die sich im Augenblick des Unheils zusammenschließen, ihr Recht einfordern und Sicherheit gegenüber diesem vermeintlichen Gegner verlangen. Denn man wird die suchen müssen, die für das Attentat verantwortlich sind, für das Flugzeug, muss die abertausend Zerstückelten und Verbrannten unter den Trümmern des Imperiums rächen.« Ich traue meinen Augen nicht. Ich bin dreißig, als ich das unterschreibe und mir als verschlüsselte Botschaft in die Zukunft schicke. Meine eigene Sendbotin.

münze in der luft

Im Geist werfe ich eine Münze: Wenn mich eine Einladung nach Europa führt, reise ich mit eigenen Mitteln weiter Richtung Osten. Die Münze dreht sich um sich selbst, während ich an all das denke, was ich subtrahieren muss: Die gescheiterte Rückkehr meiner Großeltern. Die Weigerung meines Vaters. Meine Unschlüssigkeit. Das Schweigen der Welt, während man den Palästinensern immer mehr Gebiete subtrahiert. All die Urteilssprüche, bei denen ihnen eine Stimme verwehrt wurde. Eine Geschichte voller Löcher, durch die Rückkehrer sickern und in der Bande und Leben gekappt werden. Zu dieser Subtraktion etwas summieren, sage ich mir. Nach Palästina zurückkehren. Zu mir zurückkehren. Ich werfe noch eine Münze in die Luft, und jetzt klingt sie nach Metall: In meinem Briefschlitz steckt eine Einladung, die mich nach London bringen wird.

eine geschichte, verkleidet mit bäumen

Hamza hatte sich in der ersten Seminarstunde als Jordanier vorgestellt, aber als er die Herkunft meines Nachnamens entdeckt, korrigiert er seine Geschichte: Ich bin auch Palästinenser, ein Palästinenser, der im Exil geboren wurde. Er lächelt, froh, eine Schicksalsgefährtin gefunden zu haben. Aber wie kommt es, dass Sie Palästina nicht kennen, wenn Sie doch einreisen dürften?, fragt er überrascht, sein Englisch so korrekt, dass es künstlich wirkt. Ein Englisch aus dem Buch. Ich sage, Palästina hat mir Sendboten geschickt, Lockvögel, Lockrufe und nun eine Einladung an einen Ort auf halber Strecke. Hamza sieht mich gespannt an, ohne zu begreifen, dass auch er nun ein solcher Sendbote ist und alles, was er sagt, ein Punkt in meinem Atlas. Ein Eintrag in meinem Notizbuch. Der Grund für eine Suche. Fahren Sie unbedingt nach Yalo, sagt Hamza noch; nach Yalo oder Yalu, fügt er hinzu. In der Umgebung von Ramla, der Stadt des Sandes. (Ich notiere Ramallah; später auf der Landkarte erkenne ich meinen Irrtum.) Hamza erzählt, aus Yalo sei die Familie seines Vaters im Krieg ausgewandert, der damals meinen Großvater daran gehindert hatte, nach Beit Jala zurückzukehren, 1967, als Israel die Gebiete annektiert hatte und aberhundert Palästinenser nach Jordanien geflohen waren. Die Familie seiner Mutter war schon zwanzig Jahre zuvor ins Exil gegangen, mit der ersten Fluchtwelle, und hatte niemals zurückkehren können. Hamza sagt das mit britischer Lässigkeit, auch wenn man zwischen den Silben den Dorn des Geflüchteten spürt, der diesen Status als Anspruch aufrechterhält. Hamza, Sohn und Enkel politischer Vertriebener, begeistert sich für meine Rückkehr, die seiner Familie seit ihrem Fortgang verwehrt ist; selbst Besuche waren ihnen nach der ersten Intifada Ende der Achtziger verboten. Beim ersten Aufstand war er noch nicht auf der Welt, trägt aber schon das Erbe eines Exils; er träumt, sagt er, da hilft nichts, von diesem so fremden und so eigenen Palästina. Ich will ihn fragen, welches Palästina er meint, welches Fleckchen dieses zerstückelten Landes. Was gibt es dort in Yalo oder Yalu?, frage ich stattdessen, weiß nicht, was sonst fragen. Nichts, sagt er, nur verstümmelte Biographien und geschliffene Mauern aus Stein. Wo einst sein Haus stand und das so vieler Nachbarn, befindet sich jetzt ein Nationalpark. Ein Park, sagt er, das heißt eine ökologische Schutzzone, in der die Palästinenser, selbst wenn sie zurückkehren dürften, nicht wieder bauen könnten. Ein Park, in dem die Geschichte mit Bäumen verkleidet wurde. Doch finden sich dort noch die Spuren der Räumungen, die Fundamente der fortgerissenen Häuser. Und die Olivenbäume, sagt Hamza, wachsen weiter, wo sie stehen, beladen ihre Äste mit Oliven, obwohl es niemanden gibt, der sie erntet. Dann geht der junge Fast-Palästinenser, und auch ich gehe an dem Abend nach Hause, suche auf dem Bildschirm nach diesem Stadtfriedhof, den im virtuellen Raum jemand als »Niemandsland« bezeichnet. Von wegen niemand, wird geantwortet, es sei palästinensisches Land, völkerrechtswidrig usurpiert, und ein anderer führt ins Feld, den Park habe eine wohlhabende kanadische Zionistengemeinde finanziert, in der Absicht, die Vergangenheit auszulöschen. Nach Yalo fahren und Hamzas verschwundenes Haus besuchen, denke ich und lasse im Geist Brände, Erdbeben, Überschwemmungen und andere Naturereignisse vorbeiziehen, Leitfaden der palästinensischen Verluste. Dieses Verschwinden geschah jedoch von Menschenhand. Das Zerstörungswerk geistert durch meine Fantasie, bis der Student eines Nachmittags wieder zu mir kommt. Er überbringt eine Nachricht seiner Mutter aus Jordanien. Die Empfehlung trägt einen Namen, den ich noch nie gehört habe und der auf Hamzas Lippen nach loos klingt oder vielleicht nach loss , das englische Wort für Verlust. Aber loos oder loss bezeichnet auf Arabisch eine rohe Mandel mit dicker grüner Samthaut, die man ungeschält isst, mit etwas Salz, vielleicht Olivenöl. Selbst mein Vater, ein großer Mandelesser wie zuvor schon sein Vater, kennt sie nicht, als ich ihn danach frage. Keine meiner Tanten kennt sie. Ich werde das Wort so niederschreiben, wie es im Mund des jungen Fast-Palästinensers klingt. Wochen später entdecke ich sie auf einem Markt in Bethlehem, auf einem Metallwägelchen, inmitten einer Gasse. Ich werde ein Päckchen dieser rauhen Mandeln kaufen und ihm als Geschenk mitbringen, ohne zu gestehen, dass ich sie einfach nicht hinunterschlucken konnte, diese dicke Frucht des Verlustes, von seiner Mutter empfohlen.

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