Nicht alle seiner später erschienenen Bücher hatten dieselbe Wirkung auf mich. Nun aber legt der mittlerweile älter und reifer gewordene Schwede mit In Freiheit dienen noch einmal ein Buch vor, das mich in seinen Bann zieht. Schon nach wenigen Seiten packt mich die Lektüre. Ich werde in tiefen Seelenschichten angesprochen; werde aufgerüttelt, ermutigt und erneut gehörig gegen den Strich gebürstet. Malm beschreibt das Wesen guter christlicher Leitung und er beginnt wieder dort, wo es beginnen muss: in der Tiefe der Seele. Er benennt die vielleicht größte Not heutiger Führung: unreflektierte innere Mankos, Lebenswunden, die unser Tun vergiften. Größenwahn, Geltungsbedürfnis. Und Angst. Angst vor Versagen, Angst, es nicht zu schaffen. Doch Malm deckt nicht bloß auf – er gibt uns Balsam. Er schöpft aus dem Reichtum biblischer Texte und aus der reichen Tradition der Kirche, besonders der ignatianischen Spiritualität. Geschickt verbindet er erneut nahrhafte Theologie mit handfester Alltagsrealität.
Man muss und kann auch als Leseratte nicht jedes Buch lesen. Dies aber ist eines, das alle, die Verantwortung tragen, unbedingt lesen sollten. Allen voran Leitungspersonen, Verantwortungsträger, Macher und Gestalter. Es gibt nur wenig Literatur, welch die innere Seite des Leitens so mutig und kristallklar beleuchtet. Die so pointiert benennt, was wir am meisten brauchen, um als reife, gefestigte Persönlichkeiten unser Bestes für Gott und die Welt zu geben.
Malm ist nicht einfach ein begabter Autor. Er ist ein Mann, der durch Tiefen ging und geht. Ein Gebeutelter, ein Ringender, einer, der die Tiefen von Schmerz und Gebrochenheit durchschritten hat. Deshalb hat er uns so viel zu geben. Denn früher oder später stehen wir alle an diesem Punkt, auch die großen und erfolgreichen Führungspersonen unter uns: an dem Punkt, an dem uns unsere Sicherheiten geraubt werden. An dem uns ungeahnte Verunsicherungen den Boden unter den Füßen wegziehen und unsere Erfolge zerrinnen. Dann sind wir dort, wo Gott sein vielleicht schönstes Werk an uns tut: Dort, in der Tiefe, umfasst er uns mit unendlicher Liebe und Gnade und steigt heilend in unsere Wunden hinab. Ich kann mir für diese Sternstunden der Erneuerung keinen besseren literarischen Begleiter vorstellen als Magnus Malms neuestes Buch.
Thomas Härry
Rombach, Ende Januar 2020
[ Zum Inhaltsverzeichnis ] Inhalt Über den Autor [ Zum Inhaltsverzeichnis ] Geleitwort von Thomas Härry [ Zum Inhaltsverzeichnis ] Vorwort [ Zum Inhaltsverzeichnis ] 1. Führung übernehmen – Warum es bei der inneren Freiheit beginnen muss 1 FÜHRUNG ÜBERNEHMEN - Warum es bei der inneren Freiheit beginnen muss 2. Was uns wirklich antreibt – Zwischen Begabung, Berufung und dem Drang nach Anerkennung 2 WAS UNS WIRKLICH ANTREIBT - Zwischen Begabung, Berufung und dem Drang nach Anerkennung 3. Frei, arm und dienstbereit – Das Wie geistlicher Führung 3 FREI, ARM UND DIENSTBEREIT - Das Wie geistlicher Führung 4. Das Problem mit dem blinden Augenarzt – Über geistliches Urteilsvermögen 5. Zwischen Engeln und Dämonen – Die eigene Position finden 6. Hier geht’s lang – Die Frage von Macht und Autorität 7. Klare Worte finden – Die Predigt als deutliche Form von christlicher Führung 8. Die Kirche – Mutter, Leib oder Projekt? 9. Was eine Führungsperson formt – Zwischen dem Ich, Gott und der geistlichen Ausbildung 10. Nicht zum Erfolg berufen, sondern um Früchte zu tragen – Orientierung zwischen Burn-out und Vision Zum Abschluss Im Schnittpunkt leben Anmerkungen
1990 veröffentlichte ich ein Buch zum Thema Führung mit dem Titel Gott braucht keine Helden. Seitdem wurde es immer wieder aufgelegt und von vielen Christen mit Führungsverantwortung gelesen.
Auch auf mich selbst hatte das Buch großen Einfluss, weil es zur Grundlage der ABC-Einkehrtage für Gemeindemitarbeiter wurde. Die Leitung dieser Einkehrtage ist seit etlichen Jahren meine Hauptaufgabe. Davon ausgehend habe ich meine Schulungsarbeit zum Thema geistliche Führung für Gemeindemitarbeiter entwickelt.
Nun besteht diese Arbeit seit fast 30 Jahren. Durch die Leitung Hunderter Einkehrtage und Gespräche mit Tausenden Priestern, Pastoren, Diakonen und anderen Gemeindemitarbeitern aus den verschiedensten Kirchen und Gemeinden aus ganz Skandinavien habe ich eine Menge gelernt.
Mit diesem Buch versuche ich nun, etwas von dem zusammenzufassen, was ich aus dieser Zeit mitgenommen habe – in der Hoffnung, dass ich damit meinen heldenhaften Brüdern und Schwestern, die in unterschiedlichen christlichen Bereichen arbeiten, etwas von dem Reichtum zurückgeben kann, den ich selbst empfangen durfte. Dieses Buch ist für euch!
Neben meiner eigenen Lebenserfahrung und den Begegnungen mit all diesen wunderbaren Menschen ist vor allem die Bibel meine Quelle. Warum erst den Fluss überqueren, wenn wir Wasser holen wollen? Wenn wir uns mit unseren Fragen an die Bibel wenden, merken wir schnell, wie erstaunlich relevant sie in allem Wesentlichen ist, was mit dem Thema Führung zu tun hat – nicht zuletzt durch ihre unsentimentale Sachlichkeit.
Außerdem schöpfe ich mit Freude aus dem ungeteilten Quellstrom der Kirche. Ich schreibe bewusst »ungeteilt«, denn so sehe ich die geistlichen Wegbegleiter, die die Kirche im Lauf der Geschichte geprägt haben. Einer von ihnen ist der freikirchliche Prediger Frank Mangs, der am Ende seines Lebens in seiner Autobiografie schreibt: »Die Gemeinde des lebendigen Gottes wird weder in der Zeit noch in der Ewigkeit mehr als eine sein.« 1
Der gleichen Perspektive begegnen wir bei einem anderen meiner ständigen Begleiter, dem katholischen Mönch Thomas Merton. In einem Brief an den protestantischen Theologen Paul Tillich schreibt er 1959:
Seit geraumer Zeit ist in mir der Gedanke immer stärker geworden; da das Christentum ein einfaches Leben in Christus ist, ein Leben, das wir alle teilen, so folgt, dass, je bewusster wir uns dessen sind und uns darüber freuen, desto mehr werden wir Christen eins in Ihm. Und ich fühle, dass alles, was wir gemeinsam haben, so viel größer und wichtiger ist als all das, wir nicht gemeinsam haben, zumindest in der Lehre und juristisch. Es gibt einen Christus auf der Welt, wenn die Christen wirklich ein Herz und eine Seele in Ihm sein wollen. Die institutionellen Unterschiede sind da, leider, aber sie sind nicht stärker als die Liebe. Dies ist die beste Formel für die Einheit der Christen, die ich mir vorstellen kann, und ich habe den starken Verdacht, dass dies etwas mit den Evangelien zu tun hat. 2
Mein Prinzip, in all meinen Büchern immer von »der Kirche« zu schreiben, ohne mich an eine Konfession zu binden, und darüber hinaus oft katholische Autoren zu zitieren, hat zwei unterschiedliche Reaktionen hervorgerufen. In den Freikirchen kam der Verdacht auf, dass ich heimlich katholisch missionieren und eigentlich konvertieren wolle. Aus der katholischen Richtung wurde Irritation darüber laut, dass ich nicht klar aussprach, welche Kirche ich genau meine. Lassen Sie mich deutlich sagen:
Nach dieser Logik sollte der, der Martin Luther King zitiert, eigentlich Baptist werden, wer Bachs Musik spielt, sich den lutherischen Christen anschließen, und wer sich die Dreifaltigkeitsikone von Rubljow über den Schreibtisch hängt, müsste orthodox werden. Wer C. S. Lewis mag, sollte seine anglikanischen Neigungen erkennen – und so weiter. Diese Art Schubladendenken ist weltlich und in Gottes Reich fremd. Das schreibt auch Paulus der notorisch zersplitterten Gemeinde in Korinth:
Deshalb bildet euch auf einen anderen Menschen nichts ein. Denn alles gehört euch: Paulus und Apollos und Petrus; die ganze Welt und Leben und Tod; die Gegenwart wie die Zukunft. Alles gehört euch, und ihr gehört Christus, und Christus gehört Gott.
1. Korinther 3,21-23
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