Es stände einst ein höherer Himmel offen.
Den Jubel trug ich, da die Sonne hell
Im Sommer stand, in Träumen, die ein Quell
Voll Lieblichkeiten waren – ach, ich ließ
Sogar mein Herz verzückt im Paradies
Der Phantasien, darin mein Wunsch und Ruf,
Fern meinem Heim, mir eigne Wesen schuf:
Was könnt' ich Höheres je gesehen haben!
Es war einmal – und einmal nur – dem Knaben –
Und nie sei jene wilde Nacht vergessen –
Da war mein Geist von fremder Macht besessen:
Der eisige Wind drang auf mich ein und warf
Sein Bild in mich – oder zu kalt und scharf
Beschien der Mond des Schläfers Mitternacht –
Oder die Sterne – wer es auch vollbracht:
Es war mein Traum wie jener nächtige Wind.
Dahin, dahin! – Wie glücklich war das Kind!
Wie war ich glücklich! Wenn auch nur im Traum.
Und nur für Träume hat mein Herz noch Raum.
Ob sie uns nun das Leben lebhaft färben,
Ob neblig sie erstehn und schattig sterben
Im Streit von Ähnlichkeit und Wirklichkeit –
Nichts ist, das irren Augen mehr verleiht
An eignem Glanz aus seligem Liebesland
Selbst junge Hoffnung hat nicht mehr gekannt!
Dein Seel` wird einstens einsam sein
in grauer Grabsgedanken Schrein –
kein Blick. der aus der Menge weit
noch stört` deine Abgeschiedenheit.
Sei still in jener Öde Weben,
das nicht Alleinsein ist – es sind
die Geister derer, die im Leben
vor dir gestanden, ganz gelind
nun wieder um dich – und ihr Wille
umschattet dich: darum sei stille.
Die Nacht wird finster drücken –-
kein Stern herniederblicken
vom hohen Thron im Himmelssaal,
nein, die glanzlos droben ziehn,
werden deinem müden Sinn
wie ein Fieber und ein Brennen
nun und nimmer Ruhe gönnen.
Wähnen, das nicht zu verwinden,
Visionen, die nicht schwinden:
weichen werden sie von dir
nie mehr – wie der Tau vom Grase hier.
Die Luft – der Odem Gottes – schweigt –
auf dem Berg der Nebel steigt,
schattenhaft – flüchtig – doch ohne zu weichen:
dir ein Sinnbild und ein Zeichen –
wie er in den Bäumen schwingt,
Geheimnis in Geheimnis dringt!
Mittsommer war es
Und mitten in Nacht,
Als Sterne ihr klares
Geleuchte entfacht;
Planetenumgebung
Zog Luna daher,
Im Himmel ihr Schweben,
Ihr Strahl auf dem Meer.
Zu mir, der ich blickte,
Nur Kälte sie schickte –
Nur kältestes Lächeln mir zu –
Wie Leichentuch kam
Eine Wolke und nahm
Die Helle in dunkelnde Ruh.
Da wandt' ich mich fort
Und schaute nach dort,
Wo flimmernd der Abendstern wob;
So herrlich und fern,
Du lieblichster Stern,
Zu dem meine Sehnsucht sich hob.
Denn fernher dein Blinken
Will freundlicher winken
Dem Auge, das himmelwärts glüht,
Als das nahe und alte
Lächeln, das kalte,
Das Lunas Antlitz verzieht.
Auf die Stirn nimm diesen Kuß!
Und da ich nun scheiden muß,
So bekenne ich zum Schluß
Dies noch: Unrecht habt ihr kaum,
Die ihr meint, ich lebte Traum;
Doch, wenn Hoffnung jäh enflohn
In Tag, in Nacht, in Vision
Oder anderm Sinn und Wort –
Ist sie darum weniger fort?
Schaun und Scheinen ist nur Schaum,
Nichts als Traum in einem Traum!
Mitten in dem Wogenbrand
Steh' ich an gequältem Strand,
Und ich halte in der Hand
Körner von dem goldnen Sand –
Wenig, dennoch ach, sie rinnen
Durch die Finger mir von hinnen –
Weinen muß ich, weinend sinnen!
Ach, kann ich nicht fester fassen,
Um sie nicht hinwegzulassen?
Ach, kann ich nicht eins in Hut
Halten vor der Woge Wut?
Ist all Schaun und Schein nur Schaum –
Nichts als Traum in einem Traum?
Oft fand ich mein entschwundnes Glück
In einem nächtlichen Gesicht,
Doch ließ mich hoffnungslos zurück
Ein wacher Traum im Tageslicht.
Ach, was ist nicht ein solcher Traum
Für ihn, der mitten in der Flucht
Der Dinge über Zeit und Raum
Der Seele einen Stützpunkt sucht!
O dieser Traum – dieweil in Qual
Und Wirrnis um mich lag die Welt –
Hat wie ein Schutzgeist manches Mal
Sich zu mir Einsamen gesellt.
Was durch der Täuschung Dämmerlicht
So tröstend schimmerte von fern –
War es dem Herzen teurer nicht,
Als selbst der Wahrheit Tagesstern?
Der glücklichste Tag – die glücklichste Zeit,
Die gekannt hat mein Herz, das welk war und tot –
Das höchste Hoffen auf Herrlickeit,
Ich fühl's, ist verloht.
Ich hoffte auf Macht – so dünkt es mir – ja!
Doch ach, wie lange schon sind sie entflohn
Die Träume der Jugend, die groß einst und nah.
Zieht immer davon!
Und, Hoffnung auf Stolz, was blieb mir von dir?
Eine andere Stirne mag Erbin sein
Des Giftes, das einst du geboten mir.
Still, Herze mein!
Der glücklichste Tag, der je mir gelacht,
Die glücklichste Stunde, die je mir klar
Den Glanz gezeigt von Stolz und Macht –
Ich fühl's: Sie war!
Doch wiese mich jetzt jenes Hoffnungslicht
Auf Macht und Stolz, mit allem Schmerz,
Den dann ich fühlte – erlebte nicht
Nochmals jene Stunde mein Herz.
Denn ihre Schwinge war dunkel beschwert,
Und da sie flatterte, rann
Eine Kraft, die leicht eine Seele zerstört,
Die wissend in ihrem Bann.
In meinen jungen Jahren trieb
Mich Sehnsucht oft an einen Ort,
Der mich gebannt hielt wie ein Hort.
So war die Einsamkeit mir lieb
Von einem See, um dessen Rand
Ein schwarzes Felsgemäuer stand.
Doch wenn die Nacht ihr Bahrtuch warf
Auf diese Stelle und auf mich,
Und mystisch durch die Wellen strich
Der Wind, bald klagend und bald scharf,
Dann – ja – erschreckte mich oft jäh
Die Einsamkeit am dunklen See.
Doch dieser Schrecken war nicht Grau'n;
Nein, eine Lust, die Schauer barg,
So zitternd und dämonisch stark,
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