Inhaltsverzeichnis
An Annie
An Helene
Die Stadt im Meer
An F ... S.
An den Fluss
Ein Traum
Romanze
An M. L. S.
Annabel Lee
Der Rabe
An Zante
Traumland
Schweigen
An –
Annabel Lee
Eulalie
Sonett an die Wissenschaft
An meine Mutter
An Marie Louise Shew
An Frances S. Osgood
Das Kolosseum
Hymne
Lied
An meine Mutter
Das ruhlose Tal
Die Glocken
Die Schläferin
An Helene
Israfel
Der Eroberer Wurm
Ein Traum im Traume
Ulalume
Märchenland
An eine im Paradiese
Der See
An ...
Das Verwunschene Schloss
Edgar Allan Poe
An Annie
Dem Himmel sei Dank,
Die Gefahr ist vorüber!
Wohl bin ich noch krank,
Doch das schreckliche Fieber,
Das Lebensfieber,
Ist glücklich bekämpft,
Ist endlich gedämpft.
Wohl sage ich mir:
»Deine Kraft ist geschwunden«,
Denn ich liege hier
Wie angebunden –
Ans Bett gebunden –
Doch einerlei,
Die Gefahr ist vorbei.
Und ich liege so still
In meinen Decken,
Reglos und still –
Man möchte erschrecken,
Vor mir erschrecken:
Ich bin so weiß
Und atme so leis.
Doch das Stöhnen und Ächzen,
In den Adern das Kochen,
Das wahnsinnige Lechzen,
Das schreckliche Pochen,
Im Herzen das Pochen –
Der Druck von Blei –
Gab mich endlich frei.
Und die zehrende Gier,
Mit der ich geschmachtet,
Ein halber Vampyr,
Nach dem Born, umnachtet,
Dunkel umnachtet,
Dem Born der Hölle,
Der Naphthaquelle
Der Leidenschaft –
Ist nunmehr erschlafft.
Mich dürstet nicht mehr
Nach den dunklen Wellen,
Denn all mein Begehr
Stillt jetzt eine Quelle,
Eine lautere Quelle.
Lauter und sanft
Mit weichem Ranft.
Man sage mir nicht,
Mein Gemach sei ärmlich
Und ohne Licht,
Und mein Lager erbärmlich,
Schmal und erbärmlich –,
Ich liege gut,
Mein Sinnen ruht.
Mein Sinnen ruht.
Mein Gemüt ist entlastet,
Und das wilde Blut
Ward ruhig und hastet
Nicht mehr so jäh
Zum Herzen, wie eh'!
Des, was mich bedrückte,
Betäubte, verwirrte,
Und was mich berückte,
Der Rose und Myrte,
Des Duftes der Myrte,
Denk ich jetzt kaum –
Still ward mein Traum.
Es weht um ihn
Ein heiliger Odem
Von Rosmarin,
Nicht mehr der Brodem,
Der dumpfe Brodem
Der Höllenkraft,
Der Leidenschaft.
Und so liege ich
Wohlig gebettet
Und fühle mich
Glücklich gerettet,
Vom Tod gerettet.
Weich ist mein Pfühl
Und wonnig kühl.
Denn liebewarm
Bin ich umschlossen
Von Annies Arm
Und rings umflossen,
Golden umflossen
Von ihrem Haar,
So sonnenklar.
Bricht der Abend an,
So küßt sie mich innig
Und betet dann
Für mich so innig,
So schlicht und sinnig
Zur Engelschar:
Schützt ihn vor Gefahr!
Da lieg' ich denn still
In meinen Decken,
Reglos und still –
Man möchte erschrecken,
Vor mir erschrecken –
Ich bin so weiß
Und atme so leis.
Doch meine Seele glüht,
Ledig der Schmerzen,
Und ist neu erblüht
An ihrem Herzen
Für alle Zeit
Zur Seligkeit.
Edgar Allan Poe
An Helene
Ich sah dich einmal, einmal nur – vor Jahren.
Es war in einer Julinacht; vom klaren
Gestirnten Himmel, wo in sichrer Schwebe
Der volle Mond eilends die Bahn durchlief,
Fiel weich und schmeichlerisch ein Lichtgewebe
Auf einen Garten, der verzaubert schlief –,
Fiel weich und schmeichlerisch ein silbern lichter,
Duftiger Schleier und verhüllte tief
Die himmelan gehobenen Gesichter
Von vielen hundert Rosen, die in Farben
Jungfräulich reiner, ernster Schönheit blühten,
Die in dem Liebeslichte schämig glühten,
Zum Dank sich selber gaben – und so starben.
Ein weißes Kleid umschloß dich faltig weich –
Du standest sinnend, und den Rosen gleich
Erhobst du das Gesicht, doch ach, in Trauer!
War es nicht Schicksal, das mich an die Mauer
Des Gartens führte zu derselben Zeit?
Nicht Schicksal (dessen andrer Name Leid),
Das mir gebot, die Düfte einzusaugen
Der eingewiegten Rosen? Alles schlief,
Die ganze schnöde Welt – nichts regte sich.
Nur du und ich, o Gott, nur du und ich.
Ich sah nur dich, ich sah nur deine Augen,
Ich sah nur diese Sterne, dunkel, tief –
Und da auf einmal war mir's, als versänke
Der Garten; meinem Blick entschwanden
Die Schlangenwege und die Rasenbänke –
Im liebeheißen Arm der Lüfte fanden
Die Düfte ihren Tod – der Mond verblich;
Nichts atmete, nur wir, nur du und ich;
Nichts strahlte, nur das Licht in deinen Augen,
Nichts als die Seele deiner dunklen Augen.
Ich sah nur sie, nur sie allein, sie bannten
Den flüchtigen Fuß mir stundenlang und brannten
Sich wie zwei Flammen tief in meine Brust –
Oh, welche Märchen standen da geschrieben,
Ein Weh, wie tief, ein Stolz, wie machtbewußt,
Welch abgrundtiefe Fähigkeit zu lieben!
Doch endlich legte sich Diana drüben
Im Westen in ein Wolkenbett, und du –
Ein Geist – entglittst. Nur deine Augen blieben.
Sie schwanden nicht, sie strahlten immerzu.
Die leuchteten mir heim auf meinem schroffen,
Sternenlosen Pfad in jener Wundernacht.
Sie wichen nicht von mir (wie all mein Hoffen).
Sie wachen über mich mit Herrschermacht,
Sie sind mir Priester – ich ihr Untertan.
Ihr Amt ist zu erleuchten – meine Pflicht,
Erlöst zu werden durch ihr reines Licht,
Geweiht in ihrem heiligen Flammenlicht.
Sie füllen mir die Brust mit Schönheit an
Und sind die goldnen Sterne hoch im Äther,
Vor denen ich, ein demutvoller Beter,
In meiner Nächte schlummerlosem Düster
Andächtig kniee, während in der Nähe
Des Mittagsglanzes selbst ich sie noch sehe,
Zwei Venussterne – holde Sterngeschwister.
Edgar Allan Poe
Die Stadt im Meer
Das ist des Todes Residenz,
Diese seltsame Stadt im fernen Westen.
Hier thront er und erteilt Audienz
Den Bösen und Guten, den Schlimmsten und Besten.
Hier stehen mächtige Säulenhallen
(Zermorschtes Gemäuer, das nicht zittert)
Neben Kapellen und Kathedralen
Und hohen Palästen, schwarz und verwittert.
Ringsum, vom Winde vergessen, ruht,
Wie schlafend, eine eisige Flut.
Kein Strahl aus dem himmlischen Gewölbe
Fällt auf das Dunkel dieser Stadt;
Doch einen Schimmer, traurig und matt,
Entsendet das Meer, das rötlich gelbe.
Und der kriecht hinauf an dunklen Palästen,
An babylonischen Türmen und Vesten.
Der kriecht empor an eisernen Kerkern
Und schattigen, ausgestorbenen Erkern.
Der schlängelt sich aufwärts an Säulenhallen
Und an gigantischen Kathedralen
Mit steinernem Zierat von grotesken
Blumengewinden und Arabesken,
An vielen wundersamen Kapellen –
Und gleitet zurück in die kalten Wellen,
Die melancholischen, schweigenden Wellen.
Von einem stolzen Turm übersieht
Der finstere König sein Gebiet.
Tempel und Gräber öffnen sich weit –
Da erglänzt eine seltsame Herrlichkeit.
Doch weder die Gräber mit ihren Schätzen,
Noch die demantenen Augen der Götzen
Locken die Wogen aus ihrem Bette.
Gläsern bleibt die schaurige Glätte;
Kein Hauch, kein noch so leises Säuseln,
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