Der Werbeprospekt der KirchGruppe für die Serie aus dem Jahr 1985 hatte hervorgehoben, dass sich internationale Fassungen von ihr mit geringem Aufwand herstellen ließen. Nur die Episodentitel und die sehr wenigen Zwischentitel brauchten auf neuen Textkarten landessprachlich gestaltet zu werden. So geschah es auch mit der deutschen Fassung und die Gefahr unzutreffender Übersetzungen war gering. Zum Beispiel wurde in der Startfolge Saunders’ Titel ARABIAN DAZE zwar vage mit ARABISCHE ZEITEN übersetzt. Das passte aber immer noch auf den dahinter stehenden Ben-Turpin-Film A HAREM KNIGHT (1926). Für die Ausstrahlung der Folge OLIVER HARDY IN DER FAMILIENAUSFLUG (THE FAMILY OUTING = GOOD MORNING, NURSE!, 1926) wurden allerdings Marvin Loback und Hardy miteinander verwechselt. Denn nur Loback hatte in dem Ralph-Graves-Streifen aus Mack Sennetts Produktion mitgespielt. Saunders selbst hatte außerdem in der Folge LUNCHTIME den Hauptdarsteller für Charley Chase gehalten. Star des Originalfilms PAY THE CASHIER (1926) war allerdings sein Bruder Paul Parrott. Die Saunders-Folge THE UNDERCOVER MAN (FLUTTERING HEARTS, 1927), in der Chase wirklich der Hauptdarsteller ist, wurde deutsch DER GEHEIMAGENT getitelt, genauso wie rund 30 Jahre zuvor im Regionalprogramm des HR.
Vorspann von COMEDY CAPERS
DF1 strahlte nur 69 der 92 COMEDY-CAPERS-Folgen aus, in denen fast alle Komiker über die Bildschirme zogen, die die Serie zu bieten hatte. Die restlichen 23 Episoden existierten damals im Kirch’schen Filmstock nur noch in anderen Schnittfassungen für die von Heinz Caloué bearbeiteten ZDF-Slapstickserien ab
DICK UND DOOF(1970). Sie konnten daher nicht ohne den Aufwand der Rekonstruktion so gesendet werden, wie Saunders sie geschnitten und vertont hatte (Auskunft der KirchMedia vom 31. Juli 2001).
Bis auf wenige Episoden auf britischen VHS-Kassetten des Labels Virgin sind die COMEDY CAPERS noch nicht auf Video-Kassetten, DVD oder Bluray auf den Markt gekommen.
Bald nach dem Auslaufen der COMEDY CAPERS sendete DF1 im November 1998 noch eine
vierte Staffel der KLEINEN STROLCHEmit Episoden von Saunders’
THE MISCHIEF MAKERS, die bisher im deutschen Fernsehen nicht gelaufen waren.
COMEDY CAPERS. AUS DER STUMMFILMKISTE
HR regional 1965–1966.20 Folgen, 25.1.1965–10.9.1966
PBeta Film, München, für Degeto und Werbung im Rundfunk GmbH, Frankfurt a. M.; Deutsche Titelkarten: Beta Technik, München, in den Räumen der Königlich Privilegierten Hauptschützengesellschaft, Zielstattstr. 6; B/M/MRJack Saunders; SStuart Hersh; LPhyllis Brandell Saunders; Sp(Vorspann): ?; Z?
Diese Serienbearbeitung lag nicht vor.
Noch vor dem Auslaufen der ersten Staffel von Werner Schwiers
ES DARF GELACHT WERDENhatte Leo Kirchs Beta Film dem HR über die Degeto 1962 weitere Folgen der
COMEDY CAPERSin einem gesonderten Vertrag über «26 Filme burlesker Art» verkaufen können. Die Degeto erwarb sie für die Werbetochter des HR Werbung im Rundfunk GmbH; heute firmiert sie als hr werbung gmbh. Deswegen befindet sich der Vertrag nicht in den Akten der Intendanz des HR (Ordner Intendanz/Degeto 1. Januar 1960–31. Dezember 1962, Korrespondenz). Auch in den Akten der HR Werbung im Rundfunk GmbH (WIR, 1960 bis zum 30. Juni 1962) ist nicht enthalten. Deren weitere Akten ab dem 1. Juli 1962 sind nicht überliefert.
Verwendete Schwier in ES DARF GELACHT WERDEN von insgesamt 14 Folgen der COMEDY CAPERS nur das Bildmaterial, wurden im Regionalprogramm des HR deutsche Fassungen kompletter Saunders-Episoden gezeigt. Die Eindeutschung bedeutete nur einen geringen Aufwand. Lediglich für den Episodentitel jeder Folge brauchte eine Titelkarte in deutscher Sprache angefertigt zu werden und manchmal auch für einen Zwischentitel, von denen es in der Serie aber nur sehr wenige gab. Pro Sendeminute musste die Degeto deswegen auch nur etwas über 750,00 DM bezahlen. Das wurde damals als sehr günstiger Preis angesehen und war daher ein tragendes Argument in der «Preis-Beurteilung» der Degeto vom Juni 1962, die dem Erwerb der Senderechte für die COMEDY CAPERS vorausging (
ES DARF GELACHT WERDEN, zweite Staffel). Die geringe deutsche Bearbeitung führte mit ziemlicher Sicherheit die Beta Technik aus. Denn es gehörte zu Kirchs Geschäftsmodell, der Degeto über seine Beta Film aus einer Hand immer auch deutsche Bearbeitungen ausländischer Filme und Serien zu verkaufen.
Das nur regional zu empfangende Werbefernsehen des HR strahlte ab Januar 1965 im etwa monatlichen Rhythmus samstags von 18:30 bis 18:50 Uhr 20 Episoden der COMEDY CAPERS aus. Am 25. Dezember 1965 war keine Folge zu sehen, da die Landesrundfunkanstalten damals an religiösen Feiertagen kein Werbefernsehen mit Unterhaltungsprogramm sendeten. Infratest -Einschaltquoten für das Hessische Werbefernsehen sind aus den Jahren 1965 und 1966 nicht überliefert. Parallel lief noch bis September 1965 die zweite Staffel von ES DARF GELACHT WERDEN im ARD-Hauptprogramm, und im Herbst des Jahres hatte die zweite Staffel der ZDF-Serie
OPAS KINO LEBTbegonnen, für die Kirchs Beta Film dem Sender einen weitaus größeren Posten COMEDY CAPERS verkauft hatte.
Das Komiker-Spektrum der 20 im Regionalprogramm des HR gezeigten Folgen umfasste Monty Banks, Billy Bevan, Charley Chase, Clyde Cook, Ralph Graves, Madeline Hurlock, Marvin Loback, Charlie Murray, Snub Pollard und Ben Turpin. Besonders hoch aber war der Anteil von Filmen mit den Komikern Stan Laurel und Oliver Hardy, fast alle aus Hal Roachs Produktion: vier Solofilme von Laurel aus dem Jahr 1923, drei von Hardy und zwei Teamfilme des Duos. Die Serie begann mit Laurels SCHIFF, AHOI! (SAVE THE SHIP), Saunders-Titel SHIP AHOY, der auf einem Floß mit Kabine und Garten spielt, das unter anderem Besuch von fliegenden Fischen erhält. Aus Saunders’ THE PAINLESS DENTIST (WHITE WINGS) wurde BEIM ZAHNARZT. Darin zieht Laurel auf dem Rummel vor zahlendem Publikum Zähne. In DER HOLZKOPF (THE NOON WHISTLE), bei Saunders THE WOODEN HEAD, arbeitet Laurel mit dem Aufseher James Finlayson im Sägewerk. Laurels COLLARS AND CUFFS hatte Saunders in THE LAUNDRY umbenannt und hieß im Hessischen Regionalprogramm schlicht DIE WÄSCHEREI. Oliver Hardy war Nebendarsteller in Clyde Cooks DER LAGERKOCH (WANDERING PAPAS, 1926), direkt übersetzt aus Saunders’ Titel THE CAMP COOK. Es geht um die kulinarische Versorgung einer Arbeitskolonne in der Wildnis. Die Folge DER GEHEIMAGENT steht für den Zweiakter FLUTTERING HEARTS (1927), bei Saunders THE UNDERCOVER MAN. In dem Streifen setzt Charley Chase alles daran, nicht die Braut heiraten zu müssen, die seine Eltern für ihn ausgesucht haben. Dabei ist er längst just in die Dame verliebt, ohne zu wissen, dass es sich um ein und dieselbe Frau handelt. Kurz vor der Etablierung des Duos Laurel und Hardy hatte Hardy für Mack Sennett noch CRAZY TO ACT (1927) gedreht, in dem es um turbulente Dreharbeiten zu einem Sennett-Slapstickfilm und amouröse Verwicklungen geht. Saunders hatte dem Streifen den Titel THE JEALOUS SUITOR gegeben, der deutsche Titel lautete nun DER EIFERSÜCHTIGE PRODUZENT. Laurel und Hardys Team-Film LIBERTY von 1929 ist ein später Stummfilm, der die beiden Komiker als entflohene Sträflinge waghalsige Klettereien auf dem Stahlgerüst eines Wolkenkratzers unternehmen lässt, um endlich in Ruhe ihre vertauschten Hosen wechseln zu können. Der Saunders-Titel THE CHASE ist nichtssagend, genauso wie der deutsche Titel DIE VERFOLGUNG. Den Abschluss bildete DIE FREUNDIN nach Saunders’ Titel THE GIRL FRIEND. Dies war LOVE ’EM OR WEEP (1927) mit Stan Laurel als rechte Hand seines Chefs James Finlayson, der von einer alten Flamme erpresst wird. Hardy spielt einen Gast auf Finlaysons Party, auf der ihm seine Vergangenheit um die Ohren fliegt. Laurel und Hardy haben diese Geschichte 1931 als Dreiakter CHICKENS COME HOME nachgedreht, in dem Hardy den Erpressten spielt und Finlayson sein Diener ist.
Читать дальше