Norbert Aping - Es darf gelacht werden Von Männern ohne Nerven und Vätern der Klamotte

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Viele erinnern sich aus ihrer Jugend an die Slapstick-Serien im Vorabendprogramm, die bis Ende der 1990er Jahre regelmäßig ausgestrahlt wurden.
Veröffentlichungen über die Geschichte des Fernsehens in der Bundesrepublik Deutschland und der DDR sowie über TV-Serien haben sich allerdings mit diesen Serien bisher kaum befasst.
Diese Lücke in der deutschen Fernsehgeschichte schließt diese Arbeit. In lexikalischer Form werden die Serien, ihre Resonanzen, Hintergründe und «Macher» vorgestellt, ebenso die berühmten bekannten und weniger bekannten Komiker der verwendeten Originalfilm
Die Serien werden auch in den Kontext der Fernsehpolitik des Kalten Krieges gestellt, die zeitweise befürchtete, das Fernsehen könne die Zuschauer des jeweils anderen deutschen Staates beeinflussen. Das DDR-Fernsehen reagierte auf bundesdeutsche Slapstick-Serien zuweilen mit eigenen Serien, deren Anzahl allerdings hinter dem bundesdeutschen Volumen zurückblieb.
Pionier der Slapstick-Serien im deutschen Fernsehen ist Werner Schwier, der von 1961 bis 1965 gut 50 Folgen der Serie «Es darf gelacht werden» im Abendprogramm der ARD präsentierte. Heute existieren davon nur noch zwei unzugängliche Folgen. Der Inhalt der Serie ließ sich dennoch vollständig rekonstruieren. Gemeinsam mit dem Pianisten Konrad Elfers ließ Schwier im Fernsehstudio als Stummfilm-Erklärer vor Zuschauern das Kino-Ambiente der 1910er-Jahre lebendig werden. Das DDR-Fernsehen versuchte Anfang 1965 mit weniger Aufwand, daran mit der kurzlebigen, fünfteiligen DDR-Serie «Lachparade» anzuknüpfen.
Schwier und Elfers waren bis Anfang der 1960er-Jahre knapp zehn Jahre erfolgreich mit Live-Präsentationen von Stummfilmen bei Studentenfesten, in Filmclubs und in Kinos aufgetreten und übertrugen ihr Format auf «Es darf gelacht werden». Ihr Vorbild war unter anderem Walter Jerven, der ab Beginn der 1930er-Jahre stumme Kompilationsfilme wie «Glanz und Elend der Flimmerkiste» im Kino «launig kommentierte». Nach Jervens Tod 1945 reiste sein Mitarbeiter Friedrich Martin mit «Raritäten aus der Flimmerkiste» durch die Kinos. Als Martin starb, führte das auf Schwiers Empfehlung sein Freund Charly Dühlmeyer, ebenfalls bis Anfang der 1960er-Jahre, erfolgreich fort.
Im filmografischen Anhang werden die Serien und ihre einzelnen Folgen chronologisch aufbereitet. Eine besondere Schwierigkeit lag in der Identifizierung der rund 1.000 verwendeten Originalfilme, die bis auf wenige Ausnahmen gelungen ist.

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In Erinnerung an

Werner Schwier Mitte 1950erJahre Heinz Caloué 1966 - фото 1

Werner Schwier

(Mitte 1950er-Jahre)

Heinz Caloué 1966 Gert Mechoff 1971 - фото 2

Heinz Caloué

(1966)

Gert Mechoff 1971 Hartmut Neugebauer 1990erJahre Nobert Aping - фото 3

Gert Mechoff

(1971)

Hartmut Neugebauer 1990erJahre Nobert Aping Es darf gelacht werden - фото 4

Hartmut Neugebauer

(1990er-Jahre)

Nobert Aping

Es darf gelacht werden

Von Männern ohne Nerven und Vätern der Klamotte

Lexikon der deutschen TV-Slapstickserien Ost und West

Bibliografische Information der Deutschen Bibliothek Die Deutsche Bibliothek - фото 5

Bibliografische Information der Deutschen Bibliothek

Die Deutsche Bibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.ddb.deabrufbar.

Diese Publikation wurde durch die Stiftung Kulturwerk der VG Bild-Kunst, Bonn gefördert

Bisher sind von Norbert Aping im Schüren Verlag erschienen

Das Dick und Doof Buch (2004, 2. Auflage 2007)

Laurel und Hardy auf dem Atoll (2007)

Liberty Shtunk! Charlie Chaplin und die Nationalsozialisten (2011)

Charlie Chaplin in Deutschland 1914–1924. Der Tramp kommt ins Kino (2014)

Das kleine Dick und Doof Buch (2014, neu verfasste und aktualisierte Taschenbuchausgabe)

Schüren-Verlag GmbH

Universitätsstraße 55 · D-35037 Marburg

www.schueren-verlag.de

© Schüren 2021

Alle Rechte vorbehalten

Lektorat: Fabian Ruhrländer

Gestaltung: Erik Schüßler

Umschlaggestaltung: Erik Schüßler unter Verwendung von Screenshots aus MÄNNER OHNE NERVEN und VÄTER DER KLAMOTTE (Vorderseite) und einem Foto aus ES DARF GELACHT WERDEN (Rückseite, © hr / Kurt Bethke)

ISBN Print 978-3-7410-0339-4

ISBN epub 978-3-7410-0136-9

Inhalt

Vorwort von Stephan Graf von Bothmer

Danksagung

Zu diesem Buch

Vom Kino zu den ersten Serien

Slapstickserien breiten sich aus

Verstreute Quellen

Neuer Ansatz und Inhalt

Ein langer Weg ins Fernsehen

I. Slapstick!

Europa

Eine Lanze für den US-Slapstick

Mack Sennett & Co.

Frauen im Slapstick

Slapstick in Deutschland

II. Stummfilm-Präsentation

Der Film-Erklärer

Musik und Stummfilm

III. Wiederbelebung

Walter Jerven und seine filmhistorische Sammlung

Ferdinand Althoffs Ur-Kino

Althoffs «Filmidyll»

Jervens GLANZ UND ELEND DER FLIMMERKISTE

Jervens Filmgeschichte der Fliegerei

IV. Aufbruch nach dem Zusammenbruch

Friedrich Martin

Werner Schwier

Kintopp anno dazumal

Exkurs: MENSCH, SO’N KINTOPP! EIN FERNSEHKABARETT

Charlie Chaplins Lachparade

Charly Dühlmeyer

Raritäten aus der Flimmerkiste leben weiter

… UND DAS IST AUCH GUT SO!

Gerd F. Reetz: RARITÄTEN AUS DER FLIMMERKISTE im Kino

Abkürzungsverzeichnis

Lexikonteil

Anhänge

1. Chronologie nach Serienbeginn

2. Ausländische Serien als Vorlagen, ARD- und ZDF-Serien in Österreich und der Schweiz

3. Fernsehschaffende und einige Firmen

4. Zuschauerforschung

5. Komiker und einige Produzenten

6. Walter Jerven und Ferdinand Althoff: Zensurentscheidungen

7. Quellenverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

Vorwort Und die Musik?

Slapstick – Klamauk oder Kunst? Norbert Aping gehört zu den deutschsprachigen Experten des Slapsticks. Er hält die Erinnerung an dieses Genre wach und hilft, viele seiner Facetten wieder zu entdecken. Ich wünsche Ihnen viel Freude und erkenntnisreiche Lesestunden mit Norbert Apings neuem Werk. Es ist von einer Akribie, die ihresgleichen sucht, von einer Präzision, die fasziniert und von einer inneren Erkenntnis getragen, die mitreißt. Vielen Dank dafür! Hoch lebe die Kunst des Slapsticks!

Mein eigener Weg dorthin war allerdings nicht so einfach. Ich hatte lange nur Kunst mit ernstem Inhalt für ernste Kunst gehalten. Meine Welterkenntnis geht wie immer durch die Musik: Ich bekam den Auftrag, vier Laurel-Hardy-Filme neu zu vertonen und in der Komischen Oper Berlin ein Konzert mit diesem Programm zu geben. Leider fand ich die Filme – ich konnte sie nur auf einem winzigen Fernseher, der auf meinem Flügel stand, in denkbar schlechter VHS-Qualität sehen – gar nicht witzig. Was für eine Enttäuschung! Ich habe also die Filme seziert und mir vorgenommen, die Aufgabe rein kompositionstechnisch zu lösen: diese Entwicklung beginnt hier und endet dort, diesen Moment will ich betonen und so weiter. Ob ich das selbst lustig finde, steht auf einem anderen Blatt.

Ich gehe also auf die Bühne in der Komischen Oper, die Leinwand ist gigantisch, der Flügel ein Traum, der Saal prall gefüllt mit Menschen …

… Gespannte Stille …

… Der Film beginnt …

… Ich spiele …

Die Leute biegen sich vor Lachen. Sie kringeln sich auf den Stühlen. Auch ich falle fast von meiner Klavierbank vor Lachen. Wie kann das so unfassbar komisch sein? Wie kommen Laurel und Hardy auf diese abstrusen Ideen? Wie schaffen sie es, immer noch einen drauf zu setzen? Das ist so gut gemacht, wie konnte ich so unfassbar arrogant sein, Slapstick nicht für Kunst zu halten?

Ich habe an dem Abend etwas völlig anderes gespielt als zu Hause. Man muss dazu zwei Dinge über meine Kompositionsweise wissen: a) Ich komponiere Wirkungen und keine Noten: Wenn ich einen bestimmten Blick oder eine Geste betonen möchte, nehme ich mir genau das vor. Ich lasse aber offen wie ich das mache. Ich kann plötzlich laut spielen – aber auch plötzlich sehr leise, in Dur oder in Moll. b) Meine Komposition ist kein Schal, sondern ein Netz. Sie ist keine feste Abfolge von Tönen, sondern lässt immer Optionen, zwischen denen ich spontan wählen kann. Und jede Entscheidung führt zu weiteren Optionen.

Nehmen wir die Szene, in der Stan & Ollie einer Dame einen Weihnachtsbaum verkaufen wollen. Die Dame möchte aber keinen Weihnachtsbaum. Stan fragt, ob vielleicht ihr Ehemann einen Weihnachtsbaum kaufen möchte. Die Dame erwidert, sie hätte keinen Mann. «Wenn Sie einen Mann hätten, würde er einen Weihnachtsbaum kaufen?» Natürlich geht die Sache schief.

Welche der vielen musikalischen Möglichkeiten die Beste ist, steht gar nicht fest. Denn jedes Publikum tickt anders! Es ist wie schaukeln, die Bewegung alleine nützt nichts. Man muss seine Bewegungen genau auf die Bewegung der Schaukel abstimmen. So ist es auch mit der Filmmusik. Es geht nicht um die Frage «Welche Musik passt zum Film?» In Wirklichkeit geht es um die Frage: «Welche Musik passt zum Publikum?» Und diese Frage kann man nur mit dem Publikum und deshalb nur aus dem Moment heraus entscheiden. So schaukeln Publikum, Musik und Film sich in einer großen Rückkopplungsschleife gegenseitig hoch.

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