Das belegt bereits die erste Folge AUF FREIERSFÜSSEN, ein an Stunts und unglaublichen Szenen reiches Grotesk-Abenteuer. Im Mittelpunkt von THE SUITOR (1920), wie der Originaltitel lautet, stehen waghalsige und rasante Flugzeugszenen, die Semon besonders geschätzt hat. Im Theater- und Varieté-Milieu angesiedelt sind AFFENTHEATER (THE STAGE HAND, 1920) vom 17. Januar 1975 und die Abschlussfolge TRÄUME SIND SCHÄUME (THE SHOW, 1922), diese mit Oliver Hardy als Bösewicht. Wie immer kommt der Zuschauer auf seine Kosten mit einer zünftigen Verfolgungsjagd, die Semon ausgezeichnet zu inszenieren verstand. Andere Beispiele sind DER GANGSTERSCHRECK (DULL CARE, 1919), LEUTE NEHMT WÄSCHE WEG (HORSESHOES, 1923) und MODE, PUPPEN UND GANOVEN (THE GOWN SHOP, 1923), ebenfalls alle mit Hardy. Semon schätzte außerdem Billard. HORSESHOES gibt davon eine Kostprobe mit Tricks, die sich nur im Film realisieren lassen. Atemlose Szenen bieten auch SCHWARZE HAND AM WEISSEN FRACK (THE FLY COP, 1920) und GESATTELTE AUTOS (THE FALL GUY, 1921). Die beiden Folgen HOLZFÄLLER UND ERFINDER und LEUTE NEHMT WÄSCHE WEG dürften nach den knappen überlieferten Informationen jeweils aus verschiedenen Filmen zusammengesetzt sein. Neben THE SAWMILL kommt für HOLZFÄLLER UND ERFINDER wegen des darin auftauchenden Erfinderbüros der Streifen PLUCK AND PLOTTERS (1918) in Frage. Wenn Larry in LEUTE NEHMT WÄSCHE WEG «in der Wäsche einer Filmdiva» auftritt, gestattet das keine eindeutige Identifizierung. Semon hat sich in seinen Grotesken mehrfach als Frau verkleidet, so in PLANS AND PAJAMAS (1917), WHISTLES AND WINDOWS (1918) und DEW DROP INN (1920), aber auch in THE GOWN SHOP. Und dieser Film war schon in der Folge MODE, PUPPEN UND GANOVEN verarbeitet worden.
ABENTEUER MIT RIDOLINI lief mit ihren rund 25 Minuten langen Folgen bei der Erstausstrahlung im Vorabendprogramm um 19:00 Uhr und wurde kurz darauf im Nachmittagsprogramm um 17:00 Uhr wiederholt. Sie ist die erste der wenigen Serien, für die Zuschauerreaktionen als «Sofortresonanz» in der bruchstückhaft überlieferten Sendebeteiligungskartei erhalten sind. Diese setzen sich zusammen aus der prozentualen Zuschaltung und der schulmäßigen Bewertung von 1 bis 5. Die Startfolge kam mit einer Zuschaltung von 13,1 % und einer Zuschauerbewertung von 3,24 etwas schwach davon. Die höchste Sehbeteiligung erzielte die Western-Groteske DER WESTEN IST WILD (WELL, I’LL BE …, 1919) mit einer Note von 2,94. Die beste Zuschauerbewertung bekam MODE, PUPPEN UND GANOVEN (THE GOWN SHOP) mit 2,66 bei 25,7 % Sehbeteiligung. Die Durchschnittswerte für die gesamte Serie betrugen 21,11 % und 2,90. Das genügte jedenfalls, um im Fernsehen der DDR im Verlauf der 1970er-Jahre drei weitere Slapstickserien folgen zu lassen.
ALLERLEI GEGEN ZWEI – KLAMOTTENKISTE
DDR1 1985–1987.Folgen der bundesdeutschen Serie KLAMOTTENKISTE
a) mindestens 9 Folgen, 10.7.–28.8.1985,
b) mindestens 5 Folgen, 9.7.–27.8.1986,
c) mindestens 6 Folgen, 7.7.–25.8.1987
POmega Film GmbH, München, und Degeto für BR, HR, NDR, WDR und SWF; SynPRO-film GmbH, München, bei FFS GmbH, München-Unterföhring; PLMichael Haacke; BHartmut Neugebauer; Hermann W. Dippe (1986: bei Folgen 5 und 10 der KLAMOTTENKISTE genannt, Bücher aber nicht verwendet); RDr. Rolf G. Schuenzel; MHans Conzelmann, Delle Haensch; S/Ton-SHelga Bernetti, Barbara Riekel; SpHartmut Neugebauer; Red BRLore Busemann; Red DDR1?
Zwei Monate nach dem Auslaufen der ersten DDR-Hauptserie
WENN DIE TORTEN FLIEGENmit Folgen der
KLAMOTTENKISTEsendete DDR1 vom 8. Juli bis zum 30. August 1985 erstmals das Ferienprogramm
«MOBIL» DURCH DIE FERIEN. Konzipiert war dieses zur Unterstützung der DDR-Pionierorganisationen und montags bis freitags einer jeden Ferienwoche täglich wechselnd in verschiedene Einzelprogramme aufgeteilt. Mittwochs wurde von 13:45 bis 16:40 Uhr oder manchmal bis 17:00 Uhr ALLERLEI GEGEN ZWEI ausgestrahlt. Das waren «bunte Mixturen aus Kurz- und Trickfilmen, Märchen der Gebrüder Grimm, Abenteuer des Drachen Schüschü und Dachenka, außerdem ‹Der elektronische Doppelgänger› [sowie] Stummfilmgrotesken, in denen sowohl berühmte Stars als auch Kinder die Hauptrolle spielen» ( Fernsehdienst zum Auftakt 1986).
Für die ersten drei Ferienwochen 1986 fehlen Sendeunterlagen, Pressetexte und Ankündigungen in ff dabei , die einen Aufschluss über die gesendeten Grotesken geben könnten. Hingegen lassen sich für den Inhalt der Slapstickfilme, die in den darauffolgenden fünf Wochen gezeigt worden sind, Hinweise zum Inhalt der Streifen aus dem Fernsehdienst und der TV-Zeitschrift ff dabei entnehmen. Danach handelte es sich um sechs KLAMOTTENKISTE-Folgen, die in keiner anderen DDR-Serie zu sehen waren und auch nicht wiederholt wurden.
Am 31. Juli 1985 lief KINDERZIRKUS (RINGLING’S RIVALS, 1926) aus der Hey-Fellas!-Serie, die sich an den Erfolg von Hal Roachs Our Gang anhängen wollte. Hauptdarsteller dieser Kinderserie war Mickey McGuires Bruder Cliff Daniels. Mickey war der Hauptdarsteller einer eigenen, besseren Serie mit stummen Kindergrotesken, und davon war am 7. August 1985 MICKEY, DER SUPERSTÜRMER (MICKEY’S ELEVEN, 1927) zu sehen. In der Woche darauf folgte DETEKTIVE ERSTER KLASSE (WHISPERING WHISKERS, 1926) mit Billy Bevan und Andy Clyde. GUT GEBRÜLLT, LÖWE hieß es am 21. August 1985 in ALLERLEI GEGEN ZWEI. Dies war zusammengesetzt aus THE LION AND THE SOUSE von 1924 mit Vernon Dent und Clyde sowie LIZZIES OF THE FIELD aus demselben Jahr mit Bevan und Sid Smith. Den Abschluss innerhalb des Ferienprogramms bildeten die Episoden KATZENMUSIK mit Harry Langdon (FIDDLESTICKS, 1927) und DAS SPUKHAUS mit Jack Cooper und Clyde (TAXI SPOOKS, 1929). Die Ausstattung des letzten Sendetermins führt zur Überlegung, ob nicht bereits an den drei vorausgegangenen Mittwoch-Terminen des Ferienprogramms jeweils zwei Folgen der KLAMOTTENKISTE präsentiert wurden. Träfe dies zu, wären in der DDR 108 Episoden der bundesdeutschen Serie gezeigt worden.
Im März und April 1988 wurden 7 bis 13 Jahre alte Kinder befragt, welche Sendungen des Pionier-Magazins «MOBIL» DURCH DIE FERIEN sie schätzten. Nach dem Bericht der Abteilung «Analyse und Information» des Fernsehens der DDR standen für 12 % der Befragten Kurzfilme und Trickfilme hoch im Kurs, besonders bei den jüngeren Zuschauern (Handbuch des Kinderfernsehens, S. 129, 130).
Weitere DDR-Erstsendungen aus der KLAMOTTENKISTE erschienen in den folgenden Jahren nicht mehr im Ferienprogramm «MOBIL» DURCH DIE FERIEN. 1986 behielt ALLERLEI GEGEN ZWEI den Sendeplatz am Mittwoch bei. Nun wurden Doppelfolgen der KLAMOTTENKISTE aus den Serien
WENN DIE TORTEN FLIEGENund
WENN DIE KORKEN KNALLENwiederholt. 1987 verhielt es sich ähnlich, nur dass ALLERLEI GEGEN ZWEI auf den Dienstag verlegt worden war und Wiederholungen aus den Serien WENN DIE TORTEN FLIEGEN und
WENN DIE FETZEN FLIEGENstammten. 1988 und 1989 wurde die Struktur des Ferienprogramms geändert. Pionierschiffe und -treffen sowie ein Besuch im Pionierpalast Ernst Thälmann verdrängten den Slapstick. Und 1990 trat die DDR wenige Wochen nach dem Ende der Schulsommerferien der Bundesrepublik Deutschland bei.
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