Cassio.
Auf die Gesundheit unsers Generals!
Montano.
Da bin ich auch dabey, Lieutenant, ich will euch Bescheid thun.
Jago.
O das liebe England!
König Stephan war ein braver Pair etc. (Er singt.)
Mehr Wein her, he!
Cassio.
Ha, das Lied ist noch schöner als das vorige.
Jago.
Wollt ihr's noch einmal hören?
Cassio.
Nein, wahrhaftig, und hielte den für einen Mann der seines Plazes nicht würdig wäre, der solche Dinge thun wollte Gut Der Himmel ist über uns alle; und es ist nun schon einmal so, daß die einen selig werden, und die andern nicht selig werden.
Jago.
Das ist wahr, Herr Lieutenant.
Cassio.
Was mich betrift, (ohne unserm General, oder sonst einem Mann von Stande zu nah zu treten,) so hoff' ich, selig zu werden.
Jago.
Und ich auch, Lieutenant.
Cassio.
Schon gut, aber, mit eurer Erlaubniß, nicht vor mir. Der Lieutenant muß vor dem Fähndrich selig werden. Sagt mir nichts mehr hievon! Wir wollen von unsern Geschäften reden Vergieb uns unsre Schulden! Meine Herren, wir wollen zu unsern Geschäften sehen. Bildet euch nicht ein, ihr Herren, daß ich betrunken sey: Das ist mein Fähndrich; das ist meine rechte Hand, und das ist meine linke. Ich bin noch nicht betrunken, ich kan noch ziemlich aufrecht stehen, und ich rede noch gut genug.
Alle. Vortreflich gut.
Cassio.
Nun, recht gut also; so müßt ihr also nicht denken, daß ich betrunken sey.
(Er geht ab.)
Englisch
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Montano.
Auf die Platte-Forme, meine Herren; kommt, wir wollen die Wache besezen.
Jago.
Ihr seht diesen Burschen, der voraus gegangen ist; er ist ein guter Soldat, werth zunächst an Cäsarn zu stehen, und unter ihm Befehle zu geben. Aber ihr seht auch sein Laster; es ist schade für ihn er hat Stunden, wo dieses einzige Gebrechen alle seine Tugenden unbrauchbar macht ich fürchte nur, das Vertrauen, das Othello in den Mann sezt, mag in irgend einem solchen unglüklichen Augenblik das Verderben dieser Insel seyn.
Montano.
Ist er denn oft so?
Jago.
Es ist jedesmal der Prologus zu seinem Schlaf. Er würde euch zweymal vier und zwanzig Stunden an einem Weg wachen, wenn Bacchus seine Wiege nicht rüttelte.
Montano.
Es wäre gut, wenn dem General eine Vorstellung hierüber gemacht würde; vielleicht weiß er's nicht; oder sein gutes Gemüth ist von den Verdiensten, die an Cassio in die Augen leuchten, so eingenommen, daß er ihm seine Untugenden übersieht; ist's nicht so?
Rodrigo zu den Vorigen.
Jago.
Was macht ihr hier, Rodrigo? Ich bitte euch, seht wo der Lieutenant ist, geht.
(Rodrigo geht ab.)
Montano.
Und es ist in der That recht zu bedauren, daß der Mohr einen so wichtigen Plaz, die Vertretung seiner eignen Person, einem Mann anvertrauen soll, der mit einem so eingewurzelten Gebrechen behaftet ist; es wäre die That eines ehrlichen Mannes, wenn man dem Mohren das sagen würde.
Jago.
Der möcht' ich nicht seyn, und wenn ich diese ganze Insel damit zu gewinnen wüßte; ich liebe den Cassio, und wollte alles in der Welt thun, ihn von diesem Uebel zu heilen. Horcht, was für ein Lerm ist das?
(Man schreyt hinter der Scene: Helft, helft!)
Cassio verfolgt den Rodrigo auf den Schau-Plaz.
Cassio.
Du Raker! du Lumpenhund!
Montano.
Was habt ihr, Lieutenant?
Cassio.
Ein Schurke soll mich meine Schuldigkeit lehren! Ich will den Schurken in eine Kürbis-Flasche hineinprügeln.
Rodrigo.
Mich prügeln
Cassio.
Rüppelst du dich noch, Lumpenkerl?
Montano (der ihn zurükhält.)
Haltet ein, guter Lieutenant; ich bitte euch, mein Herr, haltet ein.
Cassio.
Laßt mich gehen, Herr, oder ihr kriegt eins auf die Ohren.
Montano.
Kommt, kommt, ihr seyd ein betrunkener Mann.
Cassio.
Betrunken? (Er zieht den Degen gegen Montano, welcher sich zur Wehr sezt.)
Jago (zu Rodrigo leise.)
Weg, sag ich, hinaus, und schlagt Lermen. (Rodrigo geht.) Nein, guter Lieutenant Ums Himmels willen, meine Herren Helft! he! Lieutenant meine Herren Montano helft, ihr Herren! das ist mir eine feine Wache, in der That! Nu ja, wer hat den Einfall gar die Sturmgloke zu läuten? Zum Teufel, halt! die ganze Stadt wird in Bewegung kommen. Fy, fy, Lieutenant! halt, sag ich! Ihr verliehrt eure Ehre auf eine unwiederbringliche Art.
Englisch
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Othello, mit seinem Gefolge zu den Vorigen.
Othello.
Was giebt es hier?
Montano.
Ich blute stark, ich bin verwundet, doch nicht tödtlich.
Othello.
Halt, so lieb euch euer Leben ist.
Jago.
Halt, he, Lieutenant Herr Montano meine Herren Habt ihr denn allen Verstand verlohren? Wißt ihr nicht mehr, wer, und vor wem ihr seyd? Der General redt mit euch Halt, sag ich schämt euch doch wenigstens, und haltet ein
Othello.
Wie, was soll das seyn, he! Wer ist der Urheber von diesem Unfug? Sind wir zu Türken geworden? Und thun uns selbst was der Himmel den Ottomannen verboten hat? Aus Schaam wenigstens vor diesen Ungläubigen, macht diesem barbarischen Gefecht ein Ende; der erste von euch, der sich noch rührt, ist auf der Stelle des Todes! Heißt diese Gloke schweigen, sie schrekt diese Insel aus ihrer Ruhe auf. Was war denn der Anlas zu diesem Handel? Ehrlicher Jago, dein blasses Gesicht sagt mir, daß du bekümmert bist Sprich, wer machte den Anfang? Sage die Wahrheit, so lieb ich dir bin!
Jago.
Ich weiß es nicht; wir waren alle gute Freunde, nur eben, nur noch vor einem Augenblik auf der Hauptwache beisammen, so freundlich wie Braut und Bräutigam, wenn sie zu Bette gehen wollen und dann, in einem Augenblik (nicht anders als ob irgend ein aufgehender Planet den Leuten die Vernunft genommen hätte) sind sie mit ihren Degen heraus, und gehen einander auf Leib und Leben. Ich kan nicht sagen, was der Anlas zu diesem unsinnigen Zwist war; aber ich wollte, ich hätte in irgend einer rühmlichen Action diese Beine verlohren, die mich zu einem Theil davon geführt haben.
Othello.
Wie kommt es, Cassio, daß ihr euch so vergessen habt?
Cassio.
Ich bitte euch, entschuldigt mich, ich kan nicht reden.
Othello.
Würdiger Montano, ihr seyd sonst ein gesitteter Mann: die Welt legt euch den Charakter eines gesezten und sittsamen Jünglings bey, und die Weisesten sprechen euern Namen mit Hochachtung aus. Was für ein Anlas konnte euch dahin bringen, euern Ruhm so leichtsinnig zu verschleudern, und die gute Meynung der Welt um den Namen eines Nacht-Schwärmers hinzugeben? Antwortet mir auf das!
Montano.
Würdiger Othello, ich bin gefährlich verwundet: Euer Officier, Jago, kan mir eine Mühe ersparen, die mir izt einige Ungelegenheit verursachen würde; er weiß alles, was ich euch sagen könnte; und ich wißte auch nicht was ich diese Nacht über Unrechtes gesagt oder gethan hätte, es wäre denn, daß Selbstvertheidigung, wenn wir gewaltsam angefallen werden, eine Sünde seyn sollte.
Othello.
Nun, beym Himmel, mein Blut fangt an über meine Vernunft Meister zu werden Reizt mich nicht, sag ich euch, oder wenn ich nur diesen Arm hebe, so soll der Beste von euch unter meinem Zorn zu Boden sinken. Laßt mich wissen, wie dieser schändliche Tumult sich anhub; wer der Anfänger war; und derjenige, welcher schuldig befunden wird, hat einen Freund an mir verlohren, und wenn er mein Zwillings-Bruder wäre Wie? in einer mit Krieg bedräuten Stadt, deren Einwohner noch mit Schreken angefüllt sind, sich von der Furcht eines feindlichen Ueberfalls noch nicht erholt haben, um Privat-Händeln willen einen Lerm anfangen? Und das bey Nacht, und auf der Hauptwache, die der Schirm der allgemeinen Sicherheit seyn soll? Es ist etwas ungeheures! Rede, Jago, wer war der Anfänger?
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