POLONIUS
Kommt, Ihr Herren!
HAMLET
Folgt ihm, meine Freunde; morgen soll ein Stück aufgeführt werden. -
Polonius geht mit allen Schauspielern außer dem ersten ab. Hört, alter Freund, könnt Ihr die Ermordung Gonzagos spielen?
ERSTER SCHAUSPIELER
Ja, gnädiger Herr.
HAMLET
Gebt uns das morgen abend. Ihr könntet im Notfalle eine Rede von ein Dutzend Zeilen auswendig lernen, die ich abfassen und einrücken möchte? Nicht wahr?
ERSTER SCHAUSPIELER
Ja, gnädiger Herr.
HAMLET
Sehr wohl! - Folgt dem Herrn, und daß Ihr Euch nicht über ihn lustig macht.
[Polonius und die Schauspieler ab.] Erster Schaupieler ab. Meine guten Freunde, zu Rosenkranz und Güldenstern. ich beurlaube mich von euch bis abends. Ihr seid willkommen zu Helsingör!
ROSENKRANZ [und GÜLDENSTERN ]
Sehr wohl, gnädiger Herr!
Rosenkranz und Güldenstern ab.
HAMLET
Nun, Gott geleit euch! - Jetzt bin ich allein.
O welch ein Schurk und niedrer Sklav bin ich!
Ists nicht erstaunlich, daß der Spieler hier
Bei einer bloßen Dichtung, einem Traum
Der Leidenschaft, vermochte seine Seele
Nach eignen Vorstellungen so zu zwingen,
Daß sein Gesicht von ihrer Regung blaßte,
Sein Auge naß, Bestürzung in den Mienen,
Gebrochne Stimm und seine ganze Haltung
Nach seinem Sinn. Und alles das um nichts!
Um Hekuba!
Was ist ihm Hekuba, was ist er ihr,
Daß er um sie soll weinen? Hätte er
Das Merkwort und den Ruf zur Leidenschaft
Wie ich: was würd er tun? Die Bühn in Tränen
Ertränken und das allgemeine Ohr
Mit grauser Red erschüttern, bis zum Wahnwitz
Den Schuldgen treiben und den Freien schrecken,
Unwissende verwirren, ja betäuben
Die Fassungskraft des Auges und des Ohrs.
Und ich,
Ein blöder, schwachgemuter Schurke, schleiche
Wie Hans der Träumer, meiner Sache fremd,
Und kann nichts sagen, nicht für einen König,
An dessen Eigentum und teurem Leben
Verdammter Raub geschah. Bin ich 'ne Memme?
Wer nennt mich Schelm, bricht mir den Kopf entzwei,
Rauft mir den Bart und wirft ihn mir ins Antlitz?
Zwickt an der Nase mich und straft mich Lügen
Tief in den Hals hinein? Wer tut mir dies?
Ha, nähm ichs eben doch. Es ist nicht anders:
Ich hege Taubenmut, mir fehlts an Galle,
Die bitter macht den Druck, sonst hätt ich längst
Des Himmels Geier gemästet mit dem Aas
Des Sklaven. Blutiger, kupplerischer Bube!
Fühlloser, falscher, geiler, schnöder Bube!
O Rache!
Ha, welch ein Esel bin ich! Trefflich, brav,
Daß ich, der Sohn von einem teuren Vater,
Der mir ermordet wand, von Höll und Himmel
Zur Rache angespornt, mit Worten nur,
Wie eine Hure, muß mein Herz entladen
Und mich aufs Fluchen legen wie ein Weibsbild,
Wie eine Küchenmagd!
Pfui drüber! Frisch ans Werk, mein Kopf! Hum, hum,
Ich hab gehört, daß schuldige Geschöpfe,
Bei einem Schauspiel sitzend, durch die Kunst
Der Bühne so getroffen worden sind
Im innersten Gemüt, daß sie sogleich
Zu ihren Missetaten sich bekannt,
Denn Mord, hat er schon keine Zunge, spricht
Mit wundervollen Stimmen. Sie sollen was
Wie die Ermordung meines Vaters spielen
Vor meinem Oheim: ich will seine Blicke
Beachten, will ihn bis ins Leben prüfen;
Stutzt er, so weiß ich meinen Weg. Der Geist,
Den ich gesehen, kann ein Teufel sein;
Der Teufel hat Gewalt, sich zu verkleiden
In lockende Gestalt, ja, und vielleicht,
Bei meiner Schwachheit und Melancholie,
Da er sehr mächtig ist bei solchen Geistern,
Täuscht er mich zum Verderben. Ich will Grund,
Der sichrer ist. Das Schauspiel sei die Schlinge,
In die den König sein Gewissen bringe.
Ab.
Englisch
Inhaltsverzeichnis
Inhaltsverzeichnis
Ein Zimmer im Schlosse
Der König, die Königin, Polonius, Ophelia, Rosenkranz und Güldenstern.
KÖNIG
Und lockt ihm keine Wendung des Gesprächs
Heraus, warum er die Verwirrung anlegt,
Die seiner Tage Ruh so wild zerreißt
Mit stürmischer, gefährlicher Verrücktheit?
ROSENKRANZ
Er gibt es zu, er fühle sich verstört,
Allein wodurch, will er durchaus nicht sagen.
GÜLDENSTERN
Noch bot er sich der Prüfung willig dar,
Hielt sich vielmehr mit schlauem Wahnwitz fern,
Wenn wir ihn zum Geständnis bringen wollten
Von seinem wahren Zustand.
KÖNIGIN
Und wie empfing er Euch?
ROSENKRANZ
Ganz wie ein Weltmann.
GÜLDENSTERN
Doch tat er seiner Fassung viel Gewalt.
ROSENKRANZ
Mit Fragen karg, allein auf unsre Fragen
Freigebig mit der Antwort.
KÖNIGIN
Ludet Ihr
Zu irgendeinem Zeitvertreib ihn ein?
ROSENKRANZ
Es traf sich grade, gnädge Frau, daß wir
Schauspieler auf dem Wege eingeholt;
Wir sagten ihm von diesen, und es schien,
Er hörte dies mit einer Art von Freude.
Sie halten hier am Hof herum sich auf
Und haben, wie ich glaube, schon Befehl,
Zu Nacht vor ihm zu spielen.
POLONIUS
Ja, so ists,
Und mich ersucht' er, Eure Majestäten
Zum Hören und zum Sehn des Dings zu laden.
KÖNIG
Von ganzem Herzen, und es freut mich sehr,
Daß er sich dahin neigt.
Ihr lieben Herrn, schärft seine Lust noch ferner
Und treibt ihn zu Ergötzlichkeiten an!
ROSENKRANZ
Wir wollens, gnädger Herr.
Rosenkranz und Güldenstern ab.
KÖNIG
Verlaß uns, liebe Gertrud, ebenfalls;
Wir haben Hamlet heimlich herbestellt,
Damit er hier Ophelien wie durch Zufall
Begegnen mag.
Ihr Vater und ich selbst, berufne Späher,
Wir wollen so uns stellen, daß wir sehend,
Doch ungesehn, von der Zusammenkunft
Gewiß urteilen und erraten können,
Obs seiner Liebe Kummer ist, ob nicht,
Was so ihn quält.
KÖNIGIN
Ich werde Euch gehorchen.
Was Euch betrifft, Ophelia, wünsch ich nur,
Daß Eure Schönheit der beglückte Grund
Von Hamlets Wildheit sei; dann darf ich hoffen,
Daß Eure Tugenden zurück ihn bringen
Auf den gewohnten Weg, zu beider Ehre.
OPHELIA
Ich wünsch es, gnädge Frau.
Königin ab.
POLONIUS
Geht hier umher, Ophelia! - Gnädiger Herr,
Nehmen wir unsern Platz !
Zu Ophelia. Lest in dem Buch, Daß solcher Übung Schein die Einsamkeit Bemäntle. - Wir sind oft hierin zu tadeln - Gar viel erlebt mans -: mit der Andacht Mienen Und frommem Wesen überzuckern wir Den Teufel selbst.
KÖNIG
beiseit. O allzuwahr! Wie trifft Dies Wort mit scharfer Geißel mein Gewissen! Der Metze Wange, schön durch falsche Kunst, Ist häßlicher bei dem nicht, was ihr hilft, Als meine Tat bei meinem glattsten Wort. O schwere Last!
POLONIUS
Ich hör ihn kommen; ziehn wir uns zurück.
König und Polonius ab. Hamlet tritt auf.
HAMLET
Sein oder Nichtsein; das ist hier die Frage:
Obs edler im Gemüt, die Pfeil und Schleudern
Des wütenden Geschicks erdulden oder,
Sich waffnend gegen eine See von Plagen,
Durch Widerstand sie enden? Sterben - schlafen -
Nichts weiter! Und zu wissen, daß ein Schlaf
Das Herzweh und die tausend Stöße endet,
Die unsers Fleisches Erbteil, 's ist ein Ziel,
Aufs innigste zu wünschen. Sterben - schlafen -
Schlafen! Vielleicht auch träumen! Ja, da liegts:
Was in dem Schlaf für Träume kommen mögen,
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