Groß Ärgernis. Was die Erscheinung angeht,
Ich sag Euch, 's ist ein ehrliches Gespenst.
Die Neugier, was es zwischen uns doch gibt,
Bemeistert, wie Ihr könnt. Und nun, Ihr Lieben,
Wofern Ihr Freunde seid, Mitschüler, Krieger,
Gewährt ein Kleines mir!
HORATIO
Was ists? Wir sind bereit.
HAMLET
Macht nie bekannt, was Ihr die Nacht gesehn!
HORATIO und MARCELLUS
Wir wollens nicht, mein Prinz.
HAMLET
Gut, aber schwört!
HORATIO
Auf Ehre, Prinz, ich nicht!
MARCELLUS
Noch ich, auf Ehre!
HAMLET
Schwört auf mein Schwert!
MARCELLUS
Wir haben schon geschworen.
HAMLET
Im Ernste, auf mein Schwert, im Ernste.
GEIST
unter der Erde. Schwört!
HAMLET
Haha, Bursch, sagst du das? Bist du da, Grundehrlich?
Wohlan - Ihr hört im Keller den Gesellen -
Bequemt Euch denn, zu schwören!
HORATIO
Sagt den Eid!
HAMLET
Niemals von dem, was Ihr gesehn, zu sprechen,
Schwört auf mein Schwert!
GEIST
unter der Erde. Schwört!
HAMLET
Hic et ubique? Wechseln wir die Stelle!
Hierher, Ihr Herren, kommt
Und legt die Hände wieder auf mein Schwert;
Schwört auf mein Schwert,
Niemals von dem, was Ihr gehört, zu sprechen.
GEIST
unter der Erde. Schwört [auf sein Schwert ]!
HAMLET
Brav, alter Maulwurf! Wühlst so hurtig fort?
O trefflicher Minierer! - Nochmals weiter, Freunde!
HORATIO
Beim Sonnenlicht, dies ist erstaunlich fremd.
HAMLET
So heiß als einen Fremden es willkommen.
Es gibt mehr Ding' im Himmel und auf Erden,
Als Eure Schulweisheit sich träumt, Horatio.
Doch kommt!
Hier, wie vorhin, schwört mir, so Gott Euch helfe,
Wie fremd und seltsam ich mich nehmen mag,
Da mirs vielleicht in Zukunft dienlich scheint,
Ein wunderliches Wesen anzulegen,
Ihr wollet nie, wenn Ihr alsdann mich seht,
Die Arme so verschlingend, noch die Köpfe
So schüttelnd, noch durch zweifelhafte Reden,
Als: Nun, nun, wir wissen - oder: Wir könnten,
Wenn wir wollten - oder: Ja, wenn wir reden möchten -
Oder: Es gibt ihrer, wenn sie nur dürften -
Und solch verstohlnes Deuten mehr, verraten,
Daß Ihr von mir was wisset: Dieses schwört,
So Gott in Nöten und sein Heil Euch helfe!
GEIST
unter der Erde. Schwört!
HAMLET
Ruh, ruh, verstörter Geist! - Nun, liebe Herrn,
Empfehl ich Euch mit aller Liebe mich,
Und was ein armer Mann, wie Hamlet ist,
Vermag, Euch Lieb und Freundschaft zu bezeugen,
So Gott will, soll nicht fehlen. Laßt uns gehn
Und, bitt ich, stets den Finger auf den Mund!
Die Zeit ist aus den Fugen; Fluch der Pein,
Muß ich sie herzustelln geboren sein! -
Nun kommt, laßt uns zusammen gehn.
Alle ab.
Englisch
Inhaltsverzeichnis
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Ein Zimmer im Hause der Polonius
Polonius und Reinhold treten auf.
POLONIUS
Gib ihm dies Geld und die Papiere, Reinhold!
REINHOLD
Ja, gnädger Herr.
POLONIUS
Ihr werdet mächtig klug tun, guter Reinhold,
Euch zu erkundgen, eh Ihr ihn besucht,
Wie sein Betragen ist.
REINHOLD
Das dacht ich auch zu tun.
POLONIUS
Ei, gut gesagt, recht gut gesagt! Seht Ihr,
Erst fragt mir, was für Dänen in Paris sind,
Und wie, wer, auf was Art und wo sie leben,
Mit wem, was sie verzehren; wenn Ihr dann
Durch diesen Umschweif Eurer Fragen merkt,
Sie kennen meinen Sohn, so kommt Ihr näher,
Als Ihrs mit grad gezielten Fragen träfet.
Tut gleichsam wie von fern bekannt; zum Beispiel:
»Ich kenne seinen Vater, seine Freunde
Und auch zum Teil ihn selbst.« - Versteht Ihr, Reinhold?
REINHOLD
Vollkommen, gnädger Herr.
POLONIUS
»Zum Teil auch ihn; doch«, mögt Ihr sagen, »wenig,
Und wenns der rechte ist, der ist gar wild,
Treibt dies und das« - dann gebt ihm nach Belieben
Erlogne Dinge schuld; nur nichts so Arges,
Das Schand ihm brächte, davor hütet Euch;
Nein, solche wilden, ausgelaßnen Streiche,
Als hergebrachtermaßen die Gefährten
Der Jugend und der Freiheit sind.
REINHOLD
Als Spielen.
POLONIUS
Ja, oder Trinken, Raufen, Fluchen, Zanken,
Huren - so weit könnt Ihr gehn.
REINHOLD
Das würd ihm Schande bringen, gnädger Herr.
POLONIUS
Gewiß nicht, wenn Ihrs nur zu wenden wißt.
Ihr müßt ihn nicht in andern Leumund bringen,
Als übermannt' ihn Unenthaltsamkeit;
So mein ichs nicht; bringt seine Fehler zierlich
Ans Licht, daß sie der Freiheit Flecken scheinen,
Der Ausbruch eines feurigen Gemüts
Und eine Wildheit ungezähmten Bluts,
Die jeden anficht.
REINHOLD
Aber, bester Herr -
POLONIUS
Weswegen Ihr dies tun sollt?
REINHOLD
Ja, das wünscht ich
Zu wissen, Herr.
POLONIUS
Ei nun, mein Plan ist der
- Und, wie ich denke, ists ein Pfiff, der anschlägt:
Werft Ihr auf meinen Sohn so kleine Makel,
Als wär er in der Arbeit was beschmutzt.
Merkt wohl!
Wenn der Mitunterredner, den Ihr aushorcht,
In vorbenannten Lastern jemals schuldig
Den jungen Mann gesehn, so seid gewiß,
Daß selbger folgender Gestalt Euch beitritt:
»Lieber Herr«, oder so; oder »Freund«, oder »mein Wertester«,
Wie nun die Redensart und die Betitlung
Bei Land und Leuten üblich ist -
REINHOLD
Sehr wohl!
POLONIUS
Und hierauf tut er dies: - Er tut - ja was wollte ich doch sagen? Beim Sakrament, ich habe was sagen wollen. Wo brach ich ab?
REINHOLD
Bei »folgender Gestalt Euch beitritt«, bei »Freund oder so« und »mein Wertester«.
POLONIUS
Bei »folgender Gestalt Euch beitritt«. - Ja,
Er tritt Euch bei: »Ich kenn ihn wohl, den Herrn,
Ich sah ihn gestern oder neulich mal,
Oder wann es war; mit dem und dem; und, wie Ihr sagt,
Da spielt' er hoch; da traf man ihn im Rausch;
Da rauft' er sich beim Ballspiel«; oder auch:
»Ich sah ihn gehn in solch ein saubres Haus«
- Will sagen: ein Bordell -, und mehr dergleichen.
Seht nun:
Eur Lügenköder fängt den Wahrheitskarpfen;
So wissen wir, gewitzigt, helles Volk,
Mit Krümmungen und mit verstecktem Angriff
Durch einen Umweg auf den Weg zu kommen,
Und so könnt Ihr, wie ich Euch Anweisung
Und Rat erteilet, meinen Sohn erforschen.
Ihr habts gefaßt, nicht wahr?
REINHOLD
Ja, gnädger Herr.
POLONIUS
Nun, Gott mit Euch! Lebt wohl!
REINHOLD
Mein bester Herr -
POLONIUS
Erforscht mit eignen Augen seinen Wandel!
REINHOLD
Das will ich tun.
POLONIUS
Und daß er die Musik mir fleißig treibt!
REINHOLD
Gut, gnädger Herr.
[Ab. Ophelia kommt. ]
POLONIUS
Lebt wohl! -
Reinhold geht ab. Ophelia kommt. Sieh da, Ophelia! Was gibts?
OPHELIA
O lieber Herr, ich bin so sehr erschreckt!
POLONIUS
Wodurch, in's Himmels Namen?
OPHELIA
Als ich in meinem Zimmer näht, auf einmal
Prinz Hamlet - mit ganz aufgerißnem Wams,
Kein Hut auf seinem Kopf, die Strümpfe schmutzig
Und losgebunden auf den Knöcheln hängend;
Bleich wie sein Hemd und schlotternd mit den Knien;
Mit einem Blick, von Jammer so erfüllt,
Als wär er aus der Hölle losgelassen,
Um Greuel kundzutun - so tritt er vor mich.
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