»Wenn Sie das so sehen, Sir«, kontert Major Steel mit deutlicher Schadenfreude, »hätte man mich eigentlich heute gleich zum General befördern müssen.«
»Wenn du auf die Uniform keinen Wert legst«, greift Ginty ein, »dann kannst du es werden. Einer mit drei Sternen. Heute noch.«
»Besten Dank, Craig«, begegnet Steel der unverständlichen Verheißung. »Aber meine militärische Laufbahn ist beendet – ich hab’ andere Pläne.«
»Bedauerlich.« Partaker übernimmt wieder seinen Part. »Das Angebot, das wir Ihnen unterbreiten werden, können Sie gar nicht ablehnen.« Einer Antwort seines Gastes zuvorkommend, setzt er hinzu: »Ich muß Ihnen jetzt das Staatsgeheimnis Nummer Eins anvertrauen: Die Befürchtungen, die Sie seinerzeit hatten, diese Nazi-Bande könnte mit den Dollarnoten das gleiche veranstalten wie mit den Pfundscheinen, ist eingetreten. Hier«, sagt er und entnimmt seiner Brieftasche zwei Hunderter Greenbacks als Demonstrationsobjekte: »Sehen Sie sich zuerst die Nummern an …«
Ein Experte wie Steel weiß selbst bei flüchtiger Untersuchung, woran Fälschungen zu erkennen sind. Er betrachtet beide Seiten der zwei Banknoten und nickt grimmig mit dem Kopf, fletscht die Zähne.
»Überrascht, Major Steel?«
»Ganz und gar nicht«, entgegnet der Beförderte mit entsetzter Genugtuung. »Ich hab’ immer damit gerechnet. Es steht in den Akten, daß bereits unter den Nazis Greenbacks in Millionenhöhe gefälscht und nicht mehr in den Umlauf gebracht wurden.«
»Sie nehmen also an, daß es sich bei den Herstellern dieser Produkte um die Falsifikateure des KZ Sachsenhausen bei Oranienburg handelt?«
»Um sie oder auch deren Nachfolger«, erklärt Steel ohne Zögern. »Unternehmen Bernhard‹, zweite Auflage. Eine dritte Möglichkeit schließe ich aus. Ich habe immer wieder darauf hingewiesen, daß man die Druckplatten, Blüten, Pressen und was sonst zur Ausrüstung von Falschmünzern gehört, nicht einfach auf dem Grund des Toplitzsees liegenlassen kann. Nach unseren höchst penibel geführten Ermittlungen wurden sowohl die fertigen Scheine wie die Geräte zu ihrer Herstellung in dem stillen Gewässer versenkt.« Er unterbricht sich und fragt: »Wo sind diese Lardos eigentlich aufgetaucht?«
»Zuerst in der Schweiz, vermutlich via Italien. Dann in New York und in drei weiteren Großstädten der USA«, erklärt Partaker. »Aber kehren wir noch einmal an den Toplitzsee zurück«, fährt er dann fort. »Sie haben die Fahrt der sieben Lastautos von der Fälscherwerkstatt in Redl-Zipf bis an den Bergsee minutiös rekonstruiert. Vier von ihnen sind auf der Strecke geblieben. Sie haben in jedem Fall genau ermitteln können, daß die Ladungen in Enns und Traunsee gekippt, weggeschwemmt und später – soweit möglich – wieder eingesammelt wurden …«
»Und das«, unterstreicht Craig Ginty die Fahndungsleistung, »obwohl sich auf wenigen Quadratkilometern fünfzigtausend Flüchtlinge zusammendrängten, das ganze Fallobst der Festung Alpenland.«
»Nur drei schwere Lastwagen erreichten also den Toplitzsee«, berichtet Steel weiter. »Unter größten Schwierigkeiten. Dieser Schlammeimer des Dritten Reiches ist zwölf Kilometer von Bad Aussee entfernt. Er liegt siebenhundert Meter über dem Meeresspiegel. Es dunkelte bereits, als der Rest-Konvoi ankam. Das Ufer des Bergsees kann von Landfahrzeugen nur von der Ortschaft Gössel aus an der nordwestlichen Ecke angefahren werden. Man kommt nicht ganz an den See heran. Einer der SS-Männer, Hauptscharführer Öhlschläger, organisierte ein Motorboot. Die Begleiter der Fahrzeuge luden ihre Fracht ab. Die Scheinwerfer der Autos waren trotz der Verdunkelung voll aufgedreht, so daß keiner verschwinden oder etwas mitgehen lassen konnte. Kiste für Kiste wurde auf das Motorboot geladen. Öhlschläger fuhr zur Mitte des Sees und warf die Fracht ab, wo er die tiefste Stelle vermutete.
Er mußte mit dem Boot vier- oder fünfmal hin- und herfahren. Die Spurenbeseitiger waren die ganze Nacht auf den Beinen, bevor sie am Morgen auseinanderliefen. Den Leiter der Aktion, Sturmbannführer Müller-Malbach, haben wir dann ganz schnell geschnappt und noch schneller zum Reden gebracht; er ist ein übler Kriegsverbrecher und persönlich ein Schwächling, aber was immer diese Kanaille ausgesagt hatte, wurde später durch unsere Ermittlungen bestätigt.«
»Wie ging es mit diesem Müller-Malbach dann weiter?«
»Die Polen hatten ein Auslieferungsgesuch an die US-Besatzungsmacht gestellt. Ich konnte im letzten Moment verhindern, daß ihnen der Mann übergeben wurde. Nicht weil ich es ihm versprochen hatte, sondern weil ich mir einen wichtigen Zeugen für alle Fälle aufheben wollte. Ich übergab ihn der Kriegsverbrecher-Kommission, und diese erhob Anklage vor einem Militärgericht. Müller-Malbach wurde zum Tode verurteilt und trägt seitdem in der Strafanstalt Landsberg die Rotjacke. Insgeheim habe ich bei General Clay durchgesetzt, daß seine Hinrichtung immer wieder aufgeschoben wurde – bis jetzt jedenfalls.«
»Lassen Sie sich umarmen, Bob«, lobt Partaker. »Umsichtiger als Sie kann man nicht sein. Und was ist aus diesem Öhlschläger geworden?«
»Ich habe ihn auf die Fahndungsliste der Kriegsverbrecher-Kommission gesetzt. Was weiter mit ihm geschah, weiß ich nicht; er war aber wirklich eine ziemlich untergeordnete Figur. Nach dem Namensgeber des Unternehmens, Bernhard Krüger, haben wir die Fahndung mit allen Mitteln betrieben; der Mann blieb ein Gespenst ohne Fleisch und Knochen, vermutlich ein erfundener Deckname. Entweder hat es den Burschen gar nicht gegeben, oder er heißt ganz anders. Auffällig war nur, daß von ihm immer als von dem ›Major‹ Krüger gesprochen wurde. Ein Major bei der SS war aber ein Sturmbannführer und legte – damals – auch großen Wert auf diesen Rang. Wie gesagt, wichtige Posten standen noch offen, als meine Sonderkommission aufgelöst wurde, Sir.«
»Nennen Sie mich doch James, Bob, oder …« Partaker zerlegt das Gesicht in zahllose Fältchen. » … oder Skinny – das erlaube ich wirklich nur ganz wenigen.«
»Heavens – das nenn’ ich aber eine Blitzkarriere, Bob«, albert Ginty, wiewohl ihm nicht danach zumute ist.
»Ich habe wochenlang Tauchversuche im Toplitzsee vornehmen lassen«, fährt der CIC-Offizier fort. »Leider ohne jeden Erfolg. Der See ist tief und tückisch, auf Grund gibt es gefährliche Schlinggewächse, und mit unseren ziemlich behelfsmäßigen Geräten kamen wir einfach nicht voran. Auch nicht eigens angeforderte US-Pioniere. Natürlich erregten unsere Bemühungen bei der Zivilbevölkerung enormes Aufsehen. Es sprach sich herum, daß auf Grund des Bergsees angeblich der Goldbestand des Dritten Reiches läge. Als wir unsere Versuche einstellen mußten, auf Befehl natürlich, wurde das Tauchen in dieser Gegend zu einem Volkssport. Die Behörden hatten es zwar verboten, aber Sommerfrischler versuchten ihr Glück, und sei es nur von einem Faltboot aus. Die Zeitungen wärmten die Story von dem versenkten Nibelungenschatz immer wieder auf. Inzwischen sind fast drei Jahre vergangen. Es gibt nunmehr weit modernere Ortungs- und Tauchgeräte, als ich sie seinerzeit einsetzen konnte. Das bewies zum Beispiel eine deutsche Illustrierte, die mit behördlicher Erlaubnis unter den Augen der Polizei ein paar Kisten mit Pfund-Blüten an die Oberfläche beförderte. Es liegen auch Raketen einer benachbarten Versuchsanstalt auf Grund, und in der Nähe wurde in einem Bergstollen eine Sammlung geraubter Kunstwerke sichergestellt. Und die Schatzsucher sind immer noch am Werk und vermehren sich wie Ungeziefer. Drei dieser privaten Froschmänner sind bereits ertrunken. Außerdem ist es in dieser Gegend zu zwei ungeklärten Mordfällen gekommen.«
»Woher wissen Sie das alles, Bob?«
»Kurz vor meinem Abflug in die USA war ich noch einmal in Bad Aussee«, berichtet der Major. »Den örtlichen Polizeichef hatte ich seinerzeit noch selbst eingesetzt. Er ist ein Vertrauensmann – und verläßlich«, erklärt Steel.
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