1 ...8 9 10 12 13 14 ...19 »That’s right, Mister President.«
»Gut. Ich denke, daß Sie und Craig Ginty genau die richtigen Leute sind, um die Ermittlungen zu führen. Blitzschnell bitte und unter absoluter Geheimhaltung. Ich lasse Ihnen freie Hand bei Ihrer Investigation. Sie unterstehen mir direkt. Sie erhalten Geldmittel in unbeschränkter Menge, die Sie freilich später abrechnen müssen. Alle Geheimakten sind Ihnen in dieser Sache zugänglich zu machen.«
»Einverstanden«, sagen nacheinander Edgar Hoover und CIA-Direktor Hellenkoeter.
»Noch etwas?«
»Ja, Mister President. Es könnte notwendig werden, Vorschriften, vielleicht sogar Gesetze zu umgehen«, erwidert Partaker.
»Tun Sie, was Sie wollen«, erwidert Harry S. Truman erregt, »nur erledigen Sie den Fall, bevor er sich zur Katastrophe ausweitet.« Er nickt den Anwesenden zu. »Ich werde jeden von Ihnen decken, der bei der Verfolgung dieses Verbrechens in den Verdacht gerät, zu weit gegangen zu sein.«
Als sich die Versammelten trennen, bedauert Partaker, der eigentlich lieber den Fachmann Dewey auf dem Präsidentenstuhl sähe, daß die Tage des Pragmatikers aus dem Mittelwesten offensichtlich gezählt sind. Fast drei Viertel aller Kommentatoren sprechen bereits von Dewey als dem neuen Präsidenten, und ›Life‹ hat bereits mit dem Andruck des Umschlags begonnen, von dessen Frontseite der republikanische Gegenkandidat – und Gouverneur von New York – als Sieger lächelt.
Robert S. Steel steht am Fenster seines Apartments im ›Plaza‹-Hotel, das dem Central Park schräg gegenüber liegt. In der ersten Abenddämmerung ziehen die Menschen paarweise in Manhattans riesige Lunge wie in die Arche Noah, je zwei von jeder Tiergattung auf der Flucht vor der großen Sintflut. Er beobachtet, wie sie stehenbleiben, sich umarmen, einander küssen und dann beim Weitergehen Liebesschwüre ablegen, die sie am nächsten Morgen vielleicht schon vergessen haben.
Seine Müdigkeit ist auf einmal wie weggeblasen. Er schilt sich einen Toren, er bräuchte nur über den Gang zu Mrs. Gipsy Sandler zu gehen, um eine möglicherweise offene Zimmertüre einzurennen; aber als Routinier weiß er nur zu gut, daß ein Mann bei einer Frau, die er gerade kennengelernt hat, durch scheinbare Zurückhaltung am raschesten vorankommt. Jedenfalls brachten das dem bisherigen CIC-Captain Verstand und Erfahrung bei; doch wenn sich Adams verdammter Trieb rührt, wird sein Epigone leicht zum Amokläufer.
Steel bekämpft reizvolle Impressionen um die schwarze Madonna unter der Dusche. Das macht ihn nur noch munterer, die Versuchung läßt sich nicht wegschwemmen. Vorübergehend spürt er die Zeitverschiebung überhaupt nicht mehr. Dann denkt er wieder geordneter, auf einmal fällt ihm ein, daß zwölf ›Madisons‹-Dollar-Noten à fünftausend Greenbacks im Hotelsafe besser aufgehoben sind als unter seinem Kopfkissen. Er zieht sich an, geht nach unten, mietet ein Schließfach im Tresorraum, bringt im Metallbehältnis einen dicken braunen Umschlag unter.
Dann betritt er die Bar, um doch noch einen Schlummertrunk zu nehmen. Aus einem werden drei; dabei kommt Steel, wie er meint, die splendide Idee: Am hoteleigenen Blumenstand erwirbt er einen riesigen Strauß dunkelroter Baccaras. Er wird ihn vor die Tür legen, die Werbedame anrufen und sie bitten, die Rosen in eine Vase zu stecken. Vielleicht gibt ihm dabei das Telefongespräch eine Chance, schon heute zu erreichen, worauf er sich sonst bis morgen – oder vielleicht sogar bis übermorgen – gedulden müßte. Wenn er erst einmal einen Brückenkopf besitzt, fällt rasch die ganze Festung.
Der Ex-Captain fährt mit dem Lift zur dritten Etage hinauf, geht den langen Gang entlang auf der Suche nach dem Zimmer Nummer 331. Kurz bevor er das Ziel erreicht, öffnet sich die Tür, aber nicht die Madonna in Schwarz kommt heraus, sondern ein etwa vierzigjähriger Mann, mittelgroß und mittelgrau, so in Eile, daß er achtlos an dem Rosenkavalier vorbeihastet.
Im ersten Zorn möchte der Heimkehrer sich die Baccaras um die Ohren schlagen. Dann macht er sich klar, daß der Mann gegangen und nicht gekommen ist. Er deponiert den Strauß vor Zimmer 331, geht vier Türen zurück in sein eigenes Apartment und ruft seinen Reiseflirt an: »I dislike to disturb you, Gipsy«, beginnt er vorsichtig. »Aber ich möchte verhindern, daß die Rosen vor Ihrer Tür verwelken.«
Sie begreift ihn sofort. »Just a moment«, erwidert sie und geht vermutlich an die Tür. »Sie Verschwender«, sagt sie nach ihrer Rückkehr. »Thank you very much. Ich hab’ noch nie in meinem Leben einen so schönen Blumenstrauß bekommen.«
»Auch nicht von Mr. Sandler?«
»Nicht einmal zur Hochzeit.«
»Auch nicht von dem Mann in Mittelgrau, der eben aus Ihrem Apartment kam?«
Gipsy Sandlers Stimme klingt ein wenig verärgert. »Was geht Sie das eigentlich an?« fragt sie. »Steh’ ich unter Kuratel, oder haben Sie den Hoteldetektiv auf mich angesetzt?«
»Natürlich nicht«, entgegnet Steel. »Meine Rosen und mein Nebenbuhler wären beinahe zusammengestoßen.«
Sie schweigt einen Moment lang. »Ich sagte doch schon«, antwortet sie dann wieder mit ihrer gewöhnlichen Stimme, »daß ich für die Werbefirma ›Myers & Niggel‹ arbeite – und das war der Promotion Director.«
»Ein ziemlich neugieriger Bursche.«
»Er wollte sofort einen Überblick über die Resultate meines Europa-Trips erhalten.« Nach kurzer Pause setzt sie hinzu: »Es steht ja auch ziemlich viel Geld auf dem Spiel.«
»Na ja, wie ein Liebhaber sah er nicht gerade aus«, erwidert der Anrufer versöhnt.
»Wie sieht denn ein Liebhaber aus?« greift die Umworbene seine Entgleisung auf. »Etwa wie Sie?«
»Geben Sie mir eine Chance, Gipsy!«
»Sie hatten sie den ganzen Tag über«, erwidert sie lachend. »Und wenn Sie mich jetzt in Ruhe lassen, bekommen Sie sie morgen wieder.«
»Besten Dank im voraus«, erwidert er. »Aber könnten wir noch einen Night-cup zusammen nehmen, und ich erkläre Ihnen dabei, was – was Sie mir bedeuten?«
»In meinem Zimmer? Neben meinem Bett? Und Mut müssen Sie sich auch noch antrinken? Nein, Bob, daraus wird nichts. Ich bin ein Mädchen aus Philadelphia im Staate Pennsylvania. Wissen Sie, wie unser Wappenspruch lautet: ›Freiheit, Unabhängigkeit und Tugend‹.« Sie läßt ihm keine Zeit, etwas zu erwidern. »Tugend«, wiederholt sie. »Gute Nacht, Bob«, setzt sie hinzu und legt auf.
Es war eher eine Holzhammernarkose als ein Schlummertrunk. Mit einem verschwommenen Eindruck von seiner reizvoll-aufreizenden Reisebegleiterin schläft der Abwehroffizier a. D. ein. Schließlich kippt sein Bewußtsein weg. Er schläft traumlos durch und erholt sich von Zeitverschiebung und Flugstrapazen.
Am Morgen erhebt sich Steel gähnend, schiebt die Vorhänge zurück, und wie befriedigt stellt er fest, daß die Liebespaare aus dem Central Park längst nach Hause gegangen sind. Vielleicht wird er heute abend mit Gipsy dort promenieren; aber die Kür kommt nach der Pflicht. Jetzt braucht der Ex-Captain einen klaren Kopf für seine Geldgeschäfte, und davon versteht er etwas, beruflich wie privat. Er meldet sich für elf Uhr beim Vizedirektor seiner Bank an. Dann entnimmt er dem Schließfach den braunen Umschlag, verstaut ihn vorsichtig in seinem Bordease, geht durch die Halle des ›Plaza‹, und dabei entdeckt er Mrs. Sandler in einer Nische.
Sie winkt ihm zu; am Morgen ist sie offensichtlich entgegenkommender als am Abend. Er tritt an ihren Tisch.
»Schon auf den Beinen?« fragt er überrascht. »Darf ich mich zu Ihnen setzen?«
»Seit wann so förmlich?« erwidert sie. »Nochmals herzlichen Dank für die Rosen.«
»Nochmals Entschuldigung für die Störung«, entgegnet er.
Sie lächelt ihm zu, ihre Augen flirren. Ihr Haar zeigt einen pikanten Blauschimmer. Ihr Blick fällt auf das Bordcase. »Wohl Ihr ständiger Begleiter«, stellt sie lachend fest. »Haben Sie die Tasche mit Brillanten gefüllt?«
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