Dr. Christine Hutterer
Prof. Dr. Christine Rummel-Kluge
Ein Ratgeber für Angehörige und Freunde
mit Fotografien von Sibylle Fendt
Was wollen Sie wissen?
Etwas muss geschehen!
Ist es eine Depression?
Was können Sie jetzt tun?
Der Weg zur richtigen Diagnose
Depression ist eine Krankheit!
Was bedeutet die Diagnose für Sie?
Die Krankheit akzeptieren
Ihre eigenen Erwartungen und die des Betroffenen
Kindern die Depression erklären
Wer soll von der Depression erfahren?
Das Richtige tun: Die Geschichte von Riccardo Piras
Einen neuen Alltag gestalten
Miteinander reden
Was dem Betroffenen im Alltag helfen kann
Umgang mit den akuten Symptomen
Ihre Beziehung zum Erkrankten
Die Sorge vor einem Suizid
Das Richtige tun: Die Geschichte von Reinhardt Weißmann
Die Puzzleteile der Behandlung
Der Weg zur richtigen Behandlung
Welche Therapien gibt es?
Die Therapie begleiten
Das Richtige tun: Die Geschichte von Bianca Schwarz
Die eigenen Grenzen wahrnehmen
Abgrenzung von der Negativität
Selbstfürsorge und Achtsamkeit
Wenn es zur Trennung kommt
Das Richtige tun: Die Geschichte von Daniel O‘Donnell und Jörg Theurer
Gemeinsam in die Zukunft blicken
In guten Zeiten zurückblicken und vorsorgen
Ein neues altes Leben
Das Richtige tun: Die Geschichte von Lisa
Hilfe
Adressen
Stichwortverzeichnis
Einen depressiv erkrankten Menschen zu begleiten, ist eine schwere Aufgabe. Einerseits Verständnis aufzubringen und sich andererseits von den Auswirkungen der Depression abzugrenzen, ist für Angehörige ein Balanceakt. Dieser Ratgeber zeigt, wie es gelingen kann, diesen zu meistern.
Eine gute Freundin ist so niedergeschlagen. Ich habe den Verdacht, dass es eine Depression sein könnte. Soll ich sie darauf ansprechen?
Offenbar machen Sie sich Sorgen um Ihre Freundin. Bei Menschen, die man gut kennt, trügt das Bauchgefühl meist nicht. Eine Hilfestellung, um Ihre Beobachtungen besser einzuschätzen, finden Sie im Kapitel 1 ab S. 11. Aber wichtig ist, letztlich kann nur ein Arzt feststellen, ob es sich um eine Depression handelt. Es können beispielsweise auch andere behandlungsbedürftige Erkrankungen die Ursache sein. Daher sollten Sie die Betroffene in jedem Fall ansprechen. Wie Sie dabei vorgehen können, erfahren Sie ab S. 20. Sollte Ihre Freundin eine Depression haben, ist es wichtig, dass sie möglichst frühzeitig behandelt wird. Dann stehen die Chancen gut, dass es Ihrer Freundin bald besser geht.
Eine Depression ist doch Kopfsache, oder? Ist es wirklich nicht möglich, sich auch mal zusammenzureißen?
Eine Depression ist in der Tat eine Krankheit, bei der die Ursache im Kopf liegt. Das bedeutet jedoch nicht, dass es sich um Einbildung handelt. Vielmehr verändert sich tatsächlich der Stoffwechsel bestimmter Botenstoffe im Gehirn ( mehr dazu auf S. 29). Die Entscheidung darüber, diese Krankheit zu haben oder nicht, unterliegt ebenso wenig dem freien Willen, wie etwa bei einer Blinddarmentzündung. Die depressive Stimmung, die Antriebslosigkeit, die Negativität und der Verlust von Freude sind die Symptome der Krankheit Depression – das zu akzeptieren, ist ein wichtiger Schritt, nicht nur für den Betroffenen, sondern auch für Sie. Mehr darüber erfahren Sie in Kapitel 2 ab S. 38.
Mein Mann möchte, dass ich ihn in Ruhe lasse, damit er sich erholen kann. Ist das bei einer Depression eine gute Strategie?
Symptome einer Depression sind (unter anderem) Müdigkeit und Antriebslosigkeit. Betroffene haben das Gefühl, sich ausruhen zu müssen. Aber Erholung im Sinne von Nichtstun führt nicht zu einer Besserung, häufig sogar eher zu einer Verschlechterung der Symptome. Aktivität ist deswegen während einer depressiven Phase wichtig und der Betroffene sollte möglichst dazu ermuntert werden. Dennoch kann es sein, dass es ihm an einzelnen Tagen nicht möglich ist, aktiv zu sein. Wie Sie damit umgehen und wie Sie den Betroffenen zu Aktivitäten ermuntern, ohne Druck auszuüben, erfahren Sie in Kapitel 3 ab S. 92.
Meiner Frau geht es sehr schlecht. Trotzdem will sie nicht zum Arzt. Was kann ich tun?
Eine Depression verändert die Denkmuster der Betroffenen zum Teil sehr stark. Für Ihre Frau fühlt es sich so an, als würde ihre Situation nie wieder besser werden, als gäbe es keine Möglichkeiten, ihr zu helfen, und als hätte sie Hilfe gar nicht verdient. Das erklärt, warum Betroffene häufig (erst mal) nicht zum Arzt möchten. Erklären Sie Ihrer Frau, dass eine Depression eine Krankheit ist, die gut behandelt werden kann, und dass es ihr wieder besser gehen wird, wenn sie sich behandeln lässt. Der Hausarzt ist ein guter Ansprechpartner und ein Termin ist für viele Betroffene leichter umzusetzen als bei einem Facharzt. Mehr dazu erfahren Sie in Kapitel 1 ab S. 25. Ausführlichere Informationen über die Behandlungsmöglichkeiten erhalten Sie im Kapitel 4 ab S. 123.
Ich habe Angst, meine Schwester in eine psychiatrische Klinik zu bringen. Kommt sie da auch wieder raus?
Eine psychiatrische Klinik ist ein Krankenhaus wie jedes andere auch. Ihre Schwester erhält dort die bestmögliche Behandlung und ist für die Zeit des Aufenthalts gut versorgt. Mehr dazu erfahren Sie in Kapitel 4 ab S. 132. Wenn der Betroffene konkrete Suizidgedanken äußert, ist sofortige Hilfe und eine stationäre Unterbringung zum Schutz der Betroffenen unbedingt notwendig ( mehr dazu ab S. 112). Machen Sie sich auch in einer solchen schweren Situation klar, dass die Betroffene in der Klinik wirksame Hilfe erhält – und selbstverständlich wieder entlassen wird, sobald sich ihr Zustand ausreichend gebessert hat.
Meine Partnerin lehnt alles ab, was ich vorschlage. Wie kann ich damit umgehen?
Die Begleitung eines depressiv erkrankten Menschen kann sehr anstrengend und verletzend sein. Besonders die Ablehnung, die Sie erfahren, wenn Ihre Angebote immer wieder ins Leere laufen, nagt am eigenen Selbstwertgefühl und kann wütend machen. Wichtig ist zu verstehen, dass der Erkrankte nicht Sie persönlich ablehnt. Mehr dazu erfahren Sie in Kapitel 3ab S. 98. Dieses Verständnis allein ändert aber wenig an der enormen Belastung, die die Begleitung eines depressiv Erkrankten für Angehörige darstellt. Wie Sie sich selbst stärker in den Blick nehmen, erfahren Sie bereits in Kapitel 2ab S. 49. Wie Sie das im Alltag umsetzen können, lesen Sie in Kapitel 5 ab S. 156.
Am liebsten würde ich einfach mal allein ein Wochenende wegfahren. Aber wäre das nicht egoistisch?
Angehörige und auch Freunde von Menschen mit Depressionen, insbesondere Partner, haben ein starkes Gefühl der Verpflichtung. Sie glauben, rund um die Uhr zur Verfügung stehen zu müssen. Häufig führt das zu großer Belastung oder sogar Überlastung. Doch Ihre Aufgabe als Angehörige ist nicht, sich vollkommen aufzureiben. Machen Sie sich klar, dass Sie den Kranken nur unterstützen, aber nicht heilen können. Außerdem tragen Sie auch eine Verantwortung für sich selbst. In Kapitel 5 ab S. 149erfahren Sie, wie Sie Ihre Grenzen erkennen und gut für sich sorgen und warum das nicht egoistisch ist.
Es ist wichtig, sich klarzumachen, dass es Wege aus der Depression gibt.
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