Ich rang viele Male mit diesen Fragen und ging regelmäßig durch Phasen des Selbstzweifels angesichts der scheinbar so langsamen Verbreitung ihrer Botschaft. Eine gewisse Enttäuschung brachte mich oft dazu, die Bedeutung dessen, was ich tat, in Zweifel zu ziehen und mich zu fragen: Wenn die Botschaft der Großmütter so wichtig war, warum verbreitete sie sich so langsam? Diese Zweifel und Fragen hielten eine Weile an, bis ich mir schließlich sagte: »Ach, gib es auf, Sharon. Du wirst das nie herausbekommen.« Dann dachte ich: »Ich liebe die Arbeit, also mache ich die Arbeit«, und wie ein Korken floppte ich aus dem Sumpf des Zweifels hinaus.
Als das Thema akut war, ging ich damit nicht zu den Großmüttern, um sie zu fragen. Denn inzwischen war ich so oft die Achterbahn des Zweifels gefahren, dass ich mich einfach entschied, es seinen Lauf nehmen zu lassen und einfach weiterzuarbeiten.
Dann, eines Tages während der Meditation, sprach meine innere Stimme aus heiterem Himmel zu mir und klärte mich über den Sinn meiner Reisen in die Obere und Untere Welt auf: Die Botschaft der Großmütter zu verbreiten, so hieß es, würde mich beschäftigen, indem sie mir etwas Sinnvolles zu tun gab und meinem Geist half, sich zu entwickeln. Diese Arbeit würde meine Schwingung erhöhen, und sie würde dies nicht nur für mich, sondern für alle tun, die sich entschieden hatten, mit den Großmüttern unterwegs zu sein. Ich hatte eigentlich gar keine Frage gestellt, aber das Universum hatte genau die Frage beantwortet, die unter der Oberfläche meines Geistes schwärte. Offensichtlich sollte der Wert der Arbeit der Großmütter nicht in Zahlen bemessen sein, sondern in der persönlichen Transformation.
Nach dieser Durchgabe ging ich wieder zu den Großmüttern, um mehr Arbeit zu erbitten. Ich wollte beschäftigt sein, und »Schwingungserhöhung« hörte sich gut an.
Als ich auf dem Weg in die Obere Welt von meinem Baum aufstieg, bemerkte ich diesmal, dass ich weiße Flügel hatte – schmal zulaufende, die ungewohnt anmutig und lang wirkten. Als ich hochstieg, schaute ich an mir hinab und sah, dass ich heute auch einen neuen Körper hatte, einen, den ich noch nie zuvor gesehen hatte. Ich sah aus wie ein Reiher oder ein Schwan. Als ich in ihr Tal segelte, fühlte ich mich auch anders, und als ich vor ihnen stand, merkte ich, dass ich auf einem Bein gelandet war.
Ich war fasziniert von meiner Verwandlung, aber entschlossen, mich durch mein ungewöhnliches Aussehen nicht vom Zweck dieses Besuchs ablenken zu lassen. »Großmütter«, sagte ich, als ich meine Flügel faltete, »ich will etwas zu tun, um mich zu beschäftigen, während sich mein Geist entwickelt. Ich brauche einen Job. Ich habe Selbstermächtigung beendet, und jetzt möchte ich wissen, was ich noch tun kann.«
Ich verneigte mich vor ihnen und beugte mich vor wie eine Ballerina, den einen Fuß nach vorne gestreckt, während meine Flügel sich über dem Boden spreizten. »Siehst du, wie schön du bist?«fragten sie und begannen, mich liebevoll zu streicheln. Ich stand still und ließ es geschehen, weil ich wusste, dass sie es wollten, aber es fiel mir schwer, still dazustehen und bloß zu empfangen. Mein Verstand dachte immer: Ich will sie umarmen, ihnen geben. Aber wann immer diese Gedanken auftauchten, flüsterten sie: »Nein… empfange«, bis ich mich allmählich genug entspannt hatte, dass ihre Berührung mich beruhigte und erdete. Da drang ihre Liebe in meine Füße und ebenso in meine Flügel bis hinab zu meinen gefiederten Fingerspitzen.
Ich fühlte mich so entspannt, so natürlich, dass ich mich streckte; ich krümmte meinen Hals, und mein Vogelkopf fing an, hin und her zu schaukeln. An dieser Stelle begann ich zu singen. Ich hatte nicht vorgehabt zu singen, aber plötzlich sang ich einfach. »Ich ziehe den Mond in mich hinein«, stöhnte ich, und kaum waren die Worte aus meinem Mund/Schnabel, begann das silberne Licht des Mondes am Himmel mit dem Weiß meines Körpers zu verschmelzen. Erstaunt, was da geschah, hob ich einen Fuß, um einen Schritt zu tun, und dabei fiel mein Blick auf meine Vogelzehen. »Ah!« rief ich überwältigt aus.
Ich beugte mein Bein weiter und beobachtete, wie es nach und nach – Knie, Knöchel und Ferse – herabkam. Meine Flügel waren ebenso faszinierend, und vom Rhythmus der Bewegungen in meinem neuen Körper durchdrungen, begann ich zu intonieren: »Maranatha, maranatha.« Ich rief Christus. »Christos«, betete ich – und erschrocken über das, was ich gerade von mir gehört hatte, sagte ich: »Warte mal. Was mache ich hier?« Aber ganz gleich, was ich dachte, ich schien keine Kontrolle über meine Stimme zu haben, und immer wieder drängte sich das Wort »Christos« aus mir heraus.
Dies ging eine Minute oder länger so weiter, bis sich der Himmel plötzlich mit weißen Vögeln füllte. Meine Augen huschten zu den Großmüttern, die nickten, um mich zu besänftigen, und dann beobachtete auch ich den Himmel. Mein Schrei »Christos« hatte sie gerufen. Große weiße Vögel, die aussahen wie ich, flogen aus allen Richtungen herbei, sie erfüllten die Luft. »Es ist wie beim Bosque del Apache, wenn die Schneegänse ziehen«, sagte ich, »aber diese Vögel kommen auf meinen Ruf!« Und als ich weiter in den Himmel schaute, begannen Scharen von ihnen zu landen und sich am Boden zu verteilen.
»Christos?« fragte ich die Großmütter: »Warum bringt sie dieser Ausruf herbei?« Sie nickten wie die weisen Lehrer, die sie sind, und sagten: »Du rufst die Gegenwart des Christos, die Gegenwart des Christus-Bewusstseins herbei.«Sie neigten ihre Köpfe, schenkten mir einen Blick von unendlicher Güte und sagten: »Du rufst die Menschen dazu auf, Gott zu werden.«»Oh!« brachte ich nur heraus und dachte: Welch eine Verwegenheit! »Woher kam mir dieser Gedanke, Großmütter?« fragte ich. »Das wäre mir doch nie in den Sinn gekommen.« Aber sie lächelten ihr geheimnisvolles Lächeln und sagten nichts mehr.
Ich wartete, aber sie sagten immer noch nichts, also versuchte ich es erneut. »Großmütter«, sagte ich, »das ist schrecklich schön. Die Vögel und alles«, fügte ich an, »aber ich weiß nicht, was das alles bedeutet. Und Großmütter«, sagte ich und erinnerte mich an den Zweck dieser Reise, »was ich wirklich will, ist, dass ihr mir meine Arbeit zeigt. Deshalb bin ich heute zu euch gekommen.« Sie lächelten wissend, nickten einander zu und sagten: »Das ist deine Arbeit.«
»Was?« fragte ich verwirrt über ihre Antwort, aber obwohl ich sie mit dieser Frage in den Augen anstarrte, sagten sie nichts. Schließlich, da sie keine Hilfe waren und weil ich nicht wusste, was ich sonst tun sollte, begann ich auf die Schar zuzugehen, die auf dem Boden lagerte. »Es gibt so viele von ihnen, und wie schön sie sind!« sagte ich, als ich zwischen sie trat. Die Vögel beobachteten mich interessiert, und als ich sie genauer betrachtete, sah ich, dass ihre Federn meinen sehr ähnlich waren. »Großmütter«, sagte ich, »was hat das zu bedeuten? Warum sind wir uns so ähnlich?« Dann erinnerte ich mich an den Zweck meiner Reise und fragte erneut: »Was ist meine Arbeit, Großmütter? Zeigt mir, was ich tun soll.«
Nach und nach erhoben sich die Vögel wieder in die Luft. Eine Schar von ihnen beschrieb einen Bogen nach rechts, und als ich ihnen zusah, wurde mir klar, dass ich kurz vor ihrem Abheben meine Flügel nach rechts bewegt hatte. Nun bewegte ich meine Flügel nach links, und eine weitere Schar hob nach links ab. Wie auch immer ich meine Flügel bewegte, so bewegten sie sich. Wenn ich nach links wies, flogen sie nach links. Wenn ich meine Flügel hochhob, flogen sie hoch. »Ich fühle mich wie ein Dirigent«, sagte ich.
Plötzlich und ohne Vorwarnung erhoben sich auch meine Flügel und hoben mich vom Boden. Ich glitt mühelos davon, und dabei folgten mir die anderen, bis wir ein riesiges V am Himmel bildeten. Als wir flogen, blickte ich über meine Schulter, und so weit ich sehen konnte, schlugen weiße Flügel im Takt. In einer riesigen Formation kreisten wir über dem Land unter uns, und als wir endlich zur Landung ansetzten, spürte ich, wie meine Flügel so weit ausgefächert waren, dass sie die Erde bedecken mussten.
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