Printausgabe gefördert durch das Ministerium für Wissenschaft, Weiterbildung, Forschung und Kultur Rheinland-Pfalz
Die Edition Schrittmacher wird herausgegeben von
Marcel Diel, Sigfrid Gauch, Arne Houben und Thomas Krämer.
© 2004
eBook-Ausgabe 2011
RHEIN-MOSEL-VERLAGZell/Mosel Brandenburg 17, D-56856 Zell/Mosel Tel.: 06542-5151, Fax: 06542-61158 Alle Rechte vorbehalten ISBN: 978-3-89801-761-9 Lektorat: Marcel Diel Umschlag: Arne Houben
Katharina Schultens
Aufbrüche
Gedichte
Mit einem Nachwort von Arnold Stadler
Edition Schrittmacher Band 2
RHEIN-MOSEL-VERLAG
Inhalt
I. In den Bergen
II. Hinterm Meer II. Aus dem Süden Nachwort
***
»(...) jedes gedicht geht langsam
von oben nach unten, von unten
nach oben. es verwahrt
seine sture natur, die sich noch
mit ihren abgebrannten blütenköpfen
nach der sonne dreht ...«
(Lutz Seiler, pech & blende)
I. IN DEN BERGEN
am Abend
I
& dann das Bleiben hinter Fensterzeilen
als habe man nie unten auf der Straße
im Wind gestanden der Nacken
Mitte eines Sturms
II
schreiben auf hellen
Seiten am Abend schlagen
die Zweige ins Fenster & streifen
am Glas vorbei
***
während eines Wartens
des Mittags als jemand vergaß
die Straßenlaternen zu löschen
dass in ihrem Licht aus Milch
alle Zeit braun & süß
sich löste verloren
zwischen jetzt & der Nacht
der Nacht als die
Kälte begann
um sich zu beißen:
alles Verfrorne verschlang
Blätter einen Geruch
gebratenen Fleischs noch vom Tag
Regen
I
die Blätter & Zweige verdichteten
sich der Himmel dazwischen blieb
selten hell es lohnte nicht
die Straße zu verlassen &
sich ins Feld zu schlagen es
stand das Gras dicht & eng
in feuchter Erde hielt es
zusammen & streifte den Asphalt
II
& es wurde nicht hell in
diesem Jahr die Fenster
blieben fleckig die
Menschen morgens in ihren
Mänteln schoben sich
hin & her auf glänzenden
Straßen zwischen
von Scheinwerfern
spiegelnden Leitplanken
abends blieb der Geruch
der Stadt vom Oktober Öl
in der Luft stehen ein
Jahrmarkt kam
auf den Platz am
Ende der Straße &
es gab Musik die frösteln
ließ abends zog Rauch
fort aus dem Budenlicht
***
& noch immer ein einzelnes Kreuz nur wollte ich
hart in die Stadt einfahren nachts schrieb
ich im Licht der Straßenbahnen glatt
gepresst die Haut ans Fenster
vorbei schliffen wir am Brücken-
Stahl zwischen den Zeilen
kamen Schläge von unten tief in den Magen
der den Rädern anlag & es
war kein Halt dieser Halt
wenn Scheinwerfer den Himmel
durch & durch suchten jenem Loch nach
dem noch Sterne entfallen konnten
Brand
I
hilft es sich einen Griff in
den Nacken zu denken
das Flaumhaar dort dünn
reißend ohne Spur hinterher
II
wenn es ginge das
im Schlaf einem Frösteln gleich was
wenn die Decke zur Wand sich drehte
ein Schwelen hinter den Gasleitungen & dann das
ungehörte
Telefon spät manchmal
der Regen zwischen den Schindeln die Rinnen herunter
& kahl
an den Bäumen die inneren Zweige die am Rand
des Hauses zerdrückten Zweige wenn das Dach aber
dicht
bliebe bis alles gebrannt
im Schlaf, ginge das nicht
***
nach Luft, nach Atem schlugen noch die Fenster
rangen als endlich der Junisturm
ins Zimmer kam ein Kohlengeruch &
nasse Blätter trieb ein Aschenregen ein
der Feuer der verblichenen
vom See stob in die Augen mir
da schmerzte das was kam
des Abends in dem nachgelassnen Licht
der Hitze breit & fahl
der Junisturm ging über meine Haut
wenn leise scharf & tief
ein kaum verbliebener Geruch
in meinen Laken hing:
Salz Sonne Öl & Teer
ausgeräuchert schwarzgeascht. ein Donnergrollen kam
doch
kein Stoß des Sturmes könnte je
ein so Bestimmtes einer Haut entreißen.
***
Windstärke
als ich in Sturm & Straßenlicht
den Weg ging heim
als Zaum die Fransen des Schals
& verwehte Blätter im Mund
fielen Fetzen von Wolken
noch immer einander an
rissen auf Sterne
im Dunkel & mir
ein Gebet
dass jeder sein einzeln Sein
vergäße
***
barfuß die Abende
I
wenn im Laufen langsam & in unsicheren
Schritten das Zwielicht aufsteigt
& Kinder die vor dem Kiosk warten rauchen
sich küssen in weiten Kleidern
mit ihren Blicken mir in die Schritte greifen &
auf dem Turm der Kirche dahinter grün
die Schindeln glänzen & blenden &
alles auch der Holunder in
der Luft mich frösteln macht & wieder
der Schritt mir stockt:
als liefe ich über
Scherben & Lachen von Öl
die Schuhe über die Schulter
geschlagen
II
das Rauschen hinter den Augen
zu halten wenn nachts plan
die Schilder glühen
an den Haltestellen der Busse der
Straßenbahnen & in Paaren die Scheinwerfer
vorbeiziehen
wenn es still wird & bloß
ich die Füße laufen lasse
dem Rhythmus des Steins unterm Absatz
zu entgehen:
es reißt
nachts immer mir
den Atem fort ich laufe
hinter dem Licht
***
Richtungen
I
jetzt schon komm ich
nicht mehr nach Hause. an den
Treppen steig ich aus sieh
man enthauptete hier einen Baum man riss
die Mauer der er anlehnte ihm
aus der Erde. umzäunt
sind die Felder durchgraben & nur
braunem Lehm anliegen die Ähren
da lauf ich die Furchen ab stelle
mich einem Gang den sie suchten in
Feuer & Hagel vor Jahren fürchte
die Berge & mehr ihren Sturz
bald
am Geländereisen hing ich
mich schon hinauf
glättet mich holt mich
heim
II
hin & zurück. man grub
schnell dass Schiefer & Ziegel
fielen in Schutt kein
Heim wäre kehrte hierher wer
noch zurück. schält sich der Asphalt leckt
Öl Salz Wasserlachen
Efeu rankt wo man fällte
die Mauern den Mörtel
zu sprengen da
schlief ich nie das sei
mir fremdes Land wenn
sie schnell genug sind
***
& dahinter
»ein weiches, befriedigendes Geräusch ...«
(Elisabeth Borchers: Lichtwelten)
die Schneebeeren alle Mittage hinter
der Schaukel & hell
überm Laub es waren
zweiundzwanzig Minuten hinauf
& hinunter die Treppe
war glatt vom Herbst & mir fror
ans Geländer die Hand wenn du kamst
die Schneebeeren unter den Schuhen sie
krochen ein in die Rillen der Sohlen das Laub
den Rauch den Sand im Mund
lag ich unter den Zweigen es waren
zweiundzwanzig Minuten hinter
den Bänken den Hügel hinauf
& hinunter im Herbst
lief ich nicht jeden Mittag
auf den Beeren dem Laub das
braun & feucht lag die
Treppe hinauf & hinunter
***
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