Ein Typ, etwa so alt wie meine Eltern, saß hinter einem Tisch, klickte mit der Maus und starrte auf einen riesigen Bildschirm. Er trug eine dicke Brille, durch die seine grünen Augen riesig wirkten.
»Alles klar?«, fragte er, als ich auf ihn zuging.
»Ging mir schon besser.«
Bob – vermutlich – lächelte mich an, nahm die Brille ab und deutete mit dem Kinn auf mein Auto, das gerade vor seinem Büro abgeladen wurde.
»Ihres?«
Ich nickte.
»Was ist passiert?«
Ich erklärte, was das Problem zu sein schien, während Bob mir einen Stuhl und Tee anbot. Ich setzte mich, lehnte aber den Tee ab. Als ich fertig war, griff er nach seinem Walkie-Talkie und bat jemanden namens Ben, hereinzukommen.
»Mein Sohn sieht sich Ihr Auto in einer Minute an«, sagte er und musterte mich unauffällig. Ich konnte die Neugier in seinen Augen sehen, aber obwohl das Schicksal meines Autos in den Händen dieses Mannes lag, runzelte ich die Stirn und hoffte somit sein Bedürfnis, in meinem Leben herumzuschnüffeln, zu ersticken. Mir war das heute zu oft passiert und mein Privatleben privat zu halten, wurde ermüdend.
Zum Glück kamen zwei Männer durch eine Seitentür, die in die Werkstatt führte. Sie lachten und der größere schubste den anderen spielerisch, als er über die Schwelle trat.
»Lass das, Arschgesicht!«, sagte er und konnte sich nach dem Stoß kaum auf den Beinen halten.
»Jungs!«, sagte Bob warnend.
Der Typ, der beinahe gefallen wäre, sah seinem Dad in die Augen, ehe er sich zu mir umdrehte und erstarrte. Große, grüne Augen starrten mich an, als hätte er einen Geist gesehen. Der andere Typ stieß gegen ihn, überrascht von der plötzlichen Starre mitten im Raum.
»Was stimmt nicht mit dir, Ben?«
Bob verdrehte die Augen, seufzte und rief Ben schließlich zu sich, um ihm das Problem meines Autos zu erklären. Ben nickte und als er sich wieder zu mir umdrehte, sah er mir nicht in die Augen.
»Warum lässt du sie heute Abend nicht hier und wir rufen dann morgen an, nachdem wir sie getestet haben?« Seine Haut war dunkler als die seines Dads, aber ich konnte trotzdem die Röte sehen, die sich auf seine Wangenknochen schlich. Ich runzelte die Stirn und öffnete den Mund, um zu protestieren und zu verlangen, dass mein Auto heute noch gecheckt wurde, aber etwas in Bens Körpersprache ließ mich innehalten. »Es ist nur so, dass wir heute noch andere Autos fertigstellen müssen und ich bin nicht sicher, wie lange das dauern wird.« Als er dieses Mal sprach, sah er mich aus seinen grünen Augen an, scheinbar der einzige Zug, den er von seinem Dad geerbt hatte. Ich hatte keine Ahnung, warum er so verlegen wurde, genauso wenig wie sein Dad und sein Bruder, wenn ihre verwirrten Blicke irgendein Hinweis waren.
Ich war ein wenig genervt – ich fühlte mich wie ein Nachzügler, der am Ende des Witzes hereinkam, alle lachen hörte und keine Ahnung hatte, was so lustig war. Was noch schlimmer war, ich fühlte mich analysiert, auseinandergenommen und als würden sie hinter meinem Rücken über mich sprechen, sobald ich ging. Eine Welle aus Heimweh traf mich so heftig und unerwartet, dass ich mich an der Tischkante festhalten musste, um nicht zu schwanken.
Beschämt sah ich Ben an und hielt seinen Blick gefangen, während ich die Stirn runzelte. Mir lag eine schnippische Antwort auf der Zunge und ich wollte sie mit tadelloser Arroganz zum Besten geben, aber die Verletzlichkeit in seinen wunderschönen Augen ließ die Worte auf meiner Zunge ersterben. Wie konnte er einem Fremden gegenüber so offen sein? Die Falte zwischen meinen Brauen wurde tiefer, aber die wütenden Worte, die ich ihm sagen wollte, verpufften ungesagt.
»Das ist schon in Ordnung«, sagte ich schließlich und wandte den Blick ab. »Aber ich komme nicht zum Haus zurück.« Ich hielt inne, als mir klar wurde, dass ich noch Besorgungen machen musste, bevor ich zurückkonnte, und das unangenehme Gefühl in meinem Bauch erinnerte mich daran, dass ich kein anständiges Mittagessen hatte. Der Kuchen bei Steve war längst vergessen. »Könnten Sie mir die Nummer eines Taxi-Unternehmens geben?« Ich nahm mein Handy hervor, um die Nummer zu wählen und von hier zu verschwinden.
»Ja, natürlich«, sagte Bob, wurde aber von dem Abschlepptypen unterbrochen, der ins Büro kam, damit ich die Papiere unterschrieb.
Aus dem Augenwinkel sah ich, wie Ben von seinem Bruder am Arm gepackt und durch die Tür in die Werkstatt gezogen wurde. Durch die Glastür konnte ich sehen, dass sie über irgendetwas diskutierten; Bens Bruder wedelte mit den Armen, während Ben mit verschränkten Armen dastand und auf den Boden starrte. Verwirrt schüttelte ich den Kopf. Ich hatte absolut keine Ahnung, was los war, und um ehrlich zu sein, hatte ich die Nase voll von der ganzen Sache. Ich verabschiedete mich schnell von Bob und ging nach draußen, ohne ihm eine Chance zum Widerspruch zu geben. Ich würde mein eigenes verdammtes Taxi finden.
Draußen nahm ich mein Handy wieder hervor, starrte jedoch nur auf einen schwarzen Bildschirm. Ich drückte den Power-Knopf, bis das Handy in meiner Hand vibrierte, aufleuchtete und eine Sekunde später mit der leuchtenden Akkuanzeige wieder ausging.
»Verdammter Idiot«, murmelte ich zu mir selbst und drückte das Handy an mich, damit ich es nicht auf den Betonboden warf. Es war meine Schuld, das wusste ich, ich war derjenige, der gestern Abend vergessen hatte, es zu laden, und trotzdem fühlte es sich an, als würde sich das ganze Universum gegen mich verschwören. Als würde es sich immer noch gegen mich verschwören.
Peinlicherweise war ich den Tränen nahe. Aber ich sollte verdammt sein, wenn ich wieder da reinging und nach meinem dramatischen Abgang von eben um Hilfe bat. Wenn ich musste, würde ich nach Hause laufen.
Das Stadtzentrum konnte nicht allzu weit weg sein, richtig? Ich würde dorthin laufen, eine Powerbank kaufen, um mein Handy zu laden, und ein Taxi rufen. Scheiße, ich würde verdammt noch mal ein neues Handy kaufen, bevor ich zu Bob zurückging und ihn um Hilfe bat.
Ich ging los.
Nach ein paar Minuten wurde mir klar, dass das eine schlechte Idee war. Es gab keinen Gehweg an der Straße; im Grunde riskierte ich mein Leben, wenn ich an der Straße lief und hoffte, dass kein verrückter Mistkerl die Kurve zu eng nahm und mich in ein totgefahrenes Etwas verwandelte.
Trotzdem blieb ich stur. Bis ein Auto langsam neben mich fuhr. Ich drehte mich um und sah den Fahrer finster an, der das Fenster herunterließ.
»Du kannst dir mich nicht leisten, Süßer, also fahr weiter«, sagte ich und wedelte wegwerfend mit der Hand.
Der Fahrer lachte und ich schwöre bei Gott, dass es das entzückendste, reinste, verdammt erotischste Geräusch war, das ich je gehört hatte, und es ließ mich wie angewurzelt stehen bleiben. Ich lehnte mich etwas vor, um einen Blick auf die Kreatur zu werfen, die meinen Schwanz in zwei Sekunden hatte hart werden lassen. Vielleicht hatte ich ja überreagiert und er konnte sich mich tatsächlich leisten, wenn er noch mal so lachte.
Mein Blick traf auf klare, grüne Augen und das Stirnrunzeln kehrte zurück.
»Warum folgst du mir, anstatt an meinem Auto zu arbeiten?«
Ben lächelte und in seinen Augen funkelte etwas, das nur als Schalk beschrieben werden konnte. »Warum laufen Sie?«
»Lange Geschichte«, sagte ich, straffte mich und lief weiter. Er folgte mir. Hinter ihm fuhr ein Auto heran und hupte laut, als es an uns vorbeiraste.
»Steigen Sie ein«, sagte er.
Ich ignorierte ihn und war mir nicht nur bewusst, dass ich stur war, sondern auch der Parallelen zu Natürlich Blond.
»Mr. Hart, steigen Sie ein, bevor Sie irgendein Arschloch in einem Vierzigtonner erwischt, ohne es überhaupt zu bemerken.«
Mr. Hart. Toll. Einfach toll.
Ich blieb abrupt stehen und griff nach der Tür. Ben stieg auf die Bremse, als ich die Tür öffnete und einstieg.
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