Fredrik Skagen - Das dritte Opfer

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"Fredrik Skagen ist ein skandinavischer John le Carré." – Dagbladet. Sie war die Erste …Als die Sekretärin Vibeke Ordal tot in ihrer Wohnung aufgefunden wird, deutet alles auf Raubmord hin. Kurz darauf stirbt eine zweite Frau. Auch ihr wurde, wie Vibeke Ordal, mit einem kleinen, professionellen Schnitt die Halsschlagader durchgetrennt. Bei der Polizei gehen mehrere anonyme Schreiben ein. Kommissar Arne Kolbjørnsen jagt einen Serienkiller, der das beschauliche Trondheim in eine nie gekannte Angst versetzt. REZENSION"Ein überraschender, wunderbar komponierter Spannungsroman." – Dagbladet"Mal wieder ein sehr guter Krimi. «Das dritte Opfer»…mein erstes aber ganz sicher nicht letztes Buch von Fredrik Skagen" – Ein Kunde, Amazon.de"Fesselnde Spannung. Ich war vom ersten Satz an gefesselt und habe das Buch in weniger als 12 Stunden ausgelesen gehabt. Der Autor Frederik Skagen war mir bis jetzt unbekannt, die Geschichte um die drei Frauenopfer hat mir jetdoch grosse Lust auf weitere Skagen Buecher gemacht. Ich fand den Erzaehlstil schluessig, das Ende ueberraschend." – Ein Kunde, Amazon.deAUTORENPORTRÄTFredrik Skagen, 1936 geboren, zählt zu den erfolgreichsten Spannungsautoren Skandinaviens. Er erhielt den wichtigsten Krimipreis des Nordens, den Glass Key, und seine Romanen und Kinderbücher wurden vielfach preisgekrönt.–In Trondheim wird die Sekretärin Vibeke Ordal ermordet in ihrer Wohnung aufgefunden. Alles deutet auf Raubmord hin, denn Vibeke hatte sich am selben Tag einen beträchtlichen Teil ihres Lottogewinns bar auszahlen lassen. Das Geld ist verschwunden. Bei dem für Kriminalfälle zuständigen Zeitungsredakteur William Schrøder geht kurz darauf ein anonymer Brief mit folgendem Wortlauf ein: «Sie war die Erste.» Vier Wochen später – Kommissar Kolbjørnsen tritt bei den Ermittlungen auf der Stelle – geschieht ein zweiter Mord. Das Opfer ist die junge Schriftstellerin Miriam Malme. Auch ihr wurde, wie schon bei Vibeke Ordal, die Halsschlagader durchgetrennt. «Sie war die Zweite». Kommissar Kolbjørnsen jagt einen Serienkiller, der das beschauliche Trondheim in eine nie gekannte Angst versetzt.-

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Fred­rik Ska­gen

»Und die Liebe wurde zum Ursprung und Herrscher der Welt, doch ihre Wege sind gesäumt von Blumen und Blut, Blumen und Blut.« So schrieb Knut Hamsun vor gut hundert Jahren in ›Victoria‹. Aber ist dies so schön, wie die Leute es gern hätten? Und ist es nicht ein göttliches Unglück, dass wir von unseren Liebsten anfangs mit Geschenken und Blumen überhäuft, später mit unserem eigenen Blut besudelt werden? Erst wenn wir im Grab liegen, kehren die zurück, die uns verlassen haben. Womit überschütten sie uns dann, wenn nicht mit Blumen und nochmals Blumen?

Aus dem Tagebuch von Miriam Malme (1975–2000)

Es war eine dunkle

und stürmische Nacht.

William wusste nicht genau, woher dieser Satz stammte, doch war er ihm vor vielen Jahren in den Sinn gekommen, als er sich dreißig bis vierzig Kilometer östlich von Trondheim in freier Natur befand. Sie lagen nebeneinander auf dem Boden und drückten sich eng aneinander – Jon in der Mitte, Oddvar zur Rechten und William zur Linken.

Stürmisch? Hin und wieder strich ein kühler Wind über die nahezu unsichtbare, mit Gras bewachsene Ebene, doch rüttelte er nicht an den Baumkronen. Auch war es nicht Nacht, sondern ein früher Abend im Herbst. Dunkel war es allerdings, dafür konnte sich William verbürgen. Düstere Wolken waren aufgezogen und hatten sich vor den zarten Halbmond geschoben, sodass sie einander nur noch schemenhaft erkannten. Die warmen, gelblichen Lichter der Höfe, die sich talwärts befanden, weckten in ihm die Sehnsucht nach einer Zigarette, einer Tasse Kaffee und – nicht zuletzt! – dem Prasseln eines Kaminfeuers. Oddvar hatte ihn gebeten, sich warm anzuziehen. Er meinte dies auch getan zu haben, fror aber trotzdem. Normalerweise fühlte er sich wohl in der Natur, streifte gern durch die Wälder, doch war es für einen zentralheizungsverwöhnten Stadtmenschen kein Vergnügen, regungslos im Dunkeln auf eiskaltem Boden zu liegen.

Am Anfang hatte er alles sehr spannend gefunden, als die Dämmerung hereingebrochen war und er sich vorgestellt hatte, wie das Wild langsam zum Vorschein kam, um sich willig erlegen zu lassen. Linkerhand meinte er gar das Brechen eines Zweiges gehört zu haben, doch Jon hatte ihm zugeflüstert, dass die Beute, falls sie denn auftauchte, aus der anderen Richtung käme.

Obwohl William sich über seine völlige Unerfahrenheit im Klaren war, bezweifelte er längst, dass es Sinn hatte, noch länger auf der Lauer zu liegen. Sein Gefühl sagte ihm, dass es in dieser Gegend nichts als Ameisen und Regenwürmer im Winterschlaf gab. Jørgen, dem Vierten im Bunde, der 150 Meter entfernt unter einer Tanne stand, fiel die Aufgabe zu, den Schrei einer Eule zu imitieren, sobald sich ein Tier zeigte, er hatte jedoch während der gesamten Dreiviertelstunde nicht einen Laut von sich gegeben. William, Anfänger und unbewaffneter Zuschauer, versuchte die tauben Finger zu bewegen und fragte sich, wie es überhaupt möglich war, etwaige Tiere am finsteren Waldrand auszumachen. Doch die Zigarette musste warten. Denn sobald das sensible Wild auch nur im Geringsten gewarnt werde, wechselten ganze Rudel die Richtung.

Hatte Jon erklärt.

Oddvar trug an allem die Schuld. Er hatte William förmlich angefleht mitzukommen. »Heute Abend muss es passieren. Jon glaubt fest daran. Der hat so was im Gefühl. Ich garantiere dir, das wird ein Riesenerlebnis!« Oddvar hatte ihn in der Stadt abgeholt, und eine gute halbe Stunde später waren sie vor Jørgens Haus vorgefahren. William war sowohl ihm als auch Jon das erste Mal begegnet. Jørgen war aufgekratzt gewesen und hatte in einer Tour gequasselt, während der stillere Jon einen durch und durch besonnenen und abgeklärten Eindruck gemacht hatte. Man konnte kaum glauben, dass er sich in regelmäßiger psychiatrischer Behandlung befand, um seine Angstattacken in den Griff zu bekommen. Bei Anbruch der Dämmerung waren sie in Jørgens Pick-up gestiegen und losgefahren.

Nach weiteren fünf Minuten begann die dünne Reifschicht unter ihnen zu schmelzen. Als die kalte Feuchtigkeit durch ihre Hosenbeine drang, legte William vorsichtig seine Hand auf Jons linken Arm, um ihn zu fragen, wie lange sie noch ausharren sollten. Er fühlte den groben Stoff seiner Feldjacke und ahnte, dass Jon sich zu ihm umdrehte. Dann spürte er einen Warmluftschwall an seinem rechten Ohr, wie von einem Heißluftofen, und vernahm Jons Flüstern: »Frierst du, Bill?«

»Nein, aber ...«

William schätzte seine Fürsorge, legte allerdings keinen Wert darauf, Bill genannt zu werden. Niemand hatte das je getan. Jon hatte mehrere Jahre in den USA verbracht, aber das war schon lange her. Der amerikanische Einschlag wirkte gezwungen und machte hier, in einer mittelnorwegischen Ortschaft, einen fast lächerlichen Eindruck.

»Hast du sie auch gesehen?«

»Wen?«

»Na, die drei Rentierkühe, die gerade an uns vorbeigelaufen sind, knapp fünfzehn Meter entfernt.«

Dass ich nicht lache, dachte William. Oddvar zufolge war Jon zwar der mit Abstand Erfahrenste von ihnen allen, schien jedoch eine lebhafte Fantasie zu besitzen. Geschehnisse der Vergangenheit konnte er sich mit solcher Überzeugungskraft zusammenreimen, dass es kaum möglich schien, sie mit dem Hinweis auf ihre Unwahrscheinlichkeit zu entkräften. Nichtsdestotrotz hielten Oddvar und Jørgen das meiste für wahr, wussten sie doch um seinen fabelhaften Jagdinstinkt.

»Glaubst du mir nicht, Bill?«

In seiner Stimme schwang ein arroganter Unterton mit, der William missfiel. Der Mann war ihm ohnehin nicht geheuer, was vermutlich an den Informationen lag, die Oddvar ihm gegeben hatte: ein ehemaliger Berufssoldat mit psychischen Problemen ...

»Tja, ich weiß nicht.«

»Was meinst du, Oddvar?«, flüsterte Jon.

»Jørgen hätte doch Laut gegeben, wenn irgendwelche Tiere vorbeigetrabt wären.«

Jon schien verärgert. »Jørgen? Der riecht doch nicht mal seinen eigenen Furz.« Dann wies er sie an, ein Stück nach vorne zu robben, aber möglichst so, dass sie keine unnötigen Geräusche machten. Seite an Seite schlängelten sie sich zehn Meter nach vorne, als Jon plötzlich innehielt und seine Taschenlampe anknipste.

»Schaut her!«

William hob langsam den Kopf. Vom plötzlichen Licht geblendet, konnte er nichts erkennen, das auf ein Tier hingewiesen hätte.

»Das ist ja unglaublich!«, raunte Oddvar entgeistert.

Zunächst wusste William nicht, was der Freund meinte. Dann, im nächsten Augenblick, erkannte auch er verwundert, was der Lichtkegel offenbarte: Unmittelbar vor ihnen, nur wenige Zentimeter entfernt, waren einige gelbe, steife Grasbüschel dabei, sich aufzurichten! Es gab nur eine Erklärung. Sie waren gerade niedergetrampelt worden, obwohl William hätte schwören können, nicht einen einzigen Laut vernommen zu haben. Wie Jon im Dunkeln das Passieren der Tiere hatte bemerken können, war ihm unbegreiflich. Und woher wollte der Kerl wissen, dass es sich um Rentierkühe und noch dazu nicht um zwei oder vier, sondern um drei gehandelt hatte?

»Warum hast du nicht geschossen?«, flüsterte Oddvar.

»Weil ich den Bock erwischen will.«

Kaum hatte Jon dies gesagt und die Lampe gelöscht, als sie auch schon ein dumpfes Geräusch wahrnahmen, fast wie von einem Nebelhorn und kaum mehr als hundert Meter entfernt. Mit einem Mal spürte William, wie die Spannung zurückkehrte. Konnte es sich um den Rentierbock handeln, das älteste Tier der Herde, der soeben einen Brunftschrei ausgestoßen hatte? Jon hatte sich geschworen, dass dessen Krone buchstäblich die Krönung der Jagdsaison werden sollte.

»Bleibt liegen und seid still!«

Dann robbte er weiter und verschwand lautlos aus ihrem Blickfeld. Oddvar rollte sich einmal um die eigene Achse, sodass er dicht neben William liegen blieb. Im nächsten Augenblick riss die Wolkendecke auf und gab den Halbmond frei, während Oddvar nach rechts zeigte und William das Fernglas reichte. William hielt es sich vor die Augen. Mit ein wenig Fantasie war es vorstellbar, dass sich die länglichen Schatten unter den Tannen langsam vorwärts bewegten, doch er war sich nicht sicher, den richtigen Ort im Visier zu haben. Möglicherweise bildete er sich die Bewegungen in der konturlosen Szenerie nur ein. Vielleicht handelte es sich um Jørgen, der den Ruf einer Eule imitieren wollte. Dennoch nickte er, wollte seinen Amateurstatus nicht zugeben. Erneut spürte er die Kälte und ärgerte sich, dass er Oddvars Drängen, ihn zu begleiten, nachgegeben hatte. »Ein Jagdausflug mit Jon wird dich davon überzeugen, dass er uns nichts vormacht.« Die Jagd hatte William nie sonderlich interessiert. Eine Angeltour bei schönem Wetter, warum nicht, aber das hier? Es müsste schon mit dem Teufel zugehen, bei dieser Dunkelheit ein Rentier zu erwischen.

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