Ich wusste nicht, was manche der Worte bedeuteten, aber ich wusste, dass sie fälschlich beschuldigt und verurteilt worden war.
„Das ist ja doof. Aber warum warst du im Gefängnis? Dafür wird man doch üblicherweise nicht eingesperrt, oder?“ Königin Deston nahm einen Schluck von ihrem dunkelvioletten Wein und blickte über den Glasrand hinweg auf meine Gefährtin. „Oder hast du dich freiwillig zum Bräute-Programm gemeldet?“
Rachel blickte auf ihren Teller hinunter und holte tief Luft. „Ich wurde wegen Betrugs, Verschwörung, Fälschung, Meineid verurteilt und stand so vielen Zivilklagen gegenüber, dass ich von ihnen völlig zugeschüttet worden wäre.“
Primus Nials dunkle Augenbrauen fuhren in die Höhe. „Wie viele Unschuldige sind gestorben?“
„Mindestens vierhundert.“ Scham, dunkel und hässlich, schlängelte sich in Rachels Herz bei diesem Geständnis, und ich sehnte mich beinahe so sehr danach, sie in die Arme zu nehmen, wie danach, Primus Nials die Fresse zu polieren, weil er sie traurig gemacht hatte.
„Vierhundert Tote. Das ist tatsächlich eine ernsthafte Anschuldigung.“
Königin Deston nahm Rachel in Schutz. „Aber sie hat es nicht getan.“ Die Frau hob ihr Glas meiner Gefährtin entgegen, eine Geste von Solidarität und Respekt. „Ich glaube dir absolut.“
Rachels Wangen liefen zu einem interessanten Rosaton an. „Danke.“
„Und es ist nicht so schlimm. Du bist hier gelandet, die süße Cremefüllung zwischen zwei harten Prillon-Oreos.“
Rachel verschluckte sich fast an ihrem Wein. Captain Brooks hustete laut, und ich vermutete, dass er sein eigenes Auflachen hinter der Geste verbarg, als Rachels Wangen sich von rosa zu leuchtend rot färbten. Ich wusste nicht, was ein Oreo war, aber es war eindeutig eine Anspielung auf der Erde, da war ich mir sicher. Königin Destons Lachen erfüllte den Raum, und ihr sekundärer Gefährte Ander, ihr Monster von einem Krieger, blickte sie grimmig an. „Benimm dich, Gefährtin.“
Aber Königin Deston lachte nur noch lauter und hob ihre Hand an seine Wange, und gab ihm einen raschen Kuss auf die Wange, der seine Proteste wirkungsvoll zum Schweigen brachte.
Ich verstand seinen benommenen aber resignierten Blick zu gut.
Wenn Rachel mich mit solcher Zärtlichkeit berührte, konnte ich ihr nichts versagen. Das hieß nicht, dass ich nicht noch herausfinden würde, was ein Oreo war, sobald wir alleine in unserer Suite waren.
Maxim räusperte sich, und das Lachen verstummte. „Mir ist ihre Vergangenheit egal. Sie ist meine mir zugeordnete Gefährtin. Ich habe Captain Ryston Rayall zum Sekundär ernannt. Und wir sind hier, um das Eintreten einer neuen Ära auf der Kolonie zu feiern.“
Primus Nial nickte. „Wie viele Ihrer Krieger haben sich bereits den Tests für das Bräute-Programm unterzogen?“
„Doktor Surnen?“ Maxim wandte sich an den Arzt der Basis 3, und Rachels Nervosität darüber, im Mittelpunkt zu stehen, so viele fremde Augenpaare auf sich gerichtet zu haben, wandelte sich zu einem ruhigen, brodelnden Hassgefühl.
Also hatte meine Gefährtin uns noch nicht verziehen, dass wir nach ihrer Ankunft den Fehler gemacht hatten, sie ins Untersuchungszimmer zu bringen. Ich rieb ihr sanft übers Bein, frischte meine Entschlossenheit auf, diesen Zorn später aus ihr rauszuficken.
Der Arzt räusperte sich. „Vor Lady Rones Ankunft hatten sich weniger als zehn Prozent der Krieger auf Basis 3 den Tests unterzogen. Aber seither haben sich die Test-Raten verdreifacht. Innerhalb der nächsten sechs Wochen wird jeder Krieger auf Basis 3 getestet worden sein.“
Primus Nial nickte und wandte sich an Gouverneur Bryck von Basis 2. „Und Ihre Krieger, Bryck?“
Der große Mann nickte grinsend. „Ich gestehe, ich selbst bin noch nicht getestet worden. Allerdings“, er stockte und blickte mit einem Ausdruck zwischen Königin Deston und Rachel hin und her, der an Hunger glich, „werde ich das sofort nach meiner Rückkehr nachholen.“
„Ausgezeichnete Neuigkeiten.“ Primus Nial gratulierte uns, während um den Tisch herum gejubelt wurde. „Die Götter waren euch wohlgesonnen, Gouverneur Rone. Ryston.“
„In der Tat.“ Ich konnte nur zustimmen, als ich auf meine wunderschöne Gefährtin blickte.
Rachel
Ich begegnete Jessicas schelmischem Blick auf der anderen Seite des Tisches und brach beinahe in Gelächter aus.
Die Cremefüllung in der Mitte eines Prillon-Oreos?
Im Ernst?
Natürlich, sie würde es wissen. Und ihre Gefährten waren noch größer als meine. Der Primus war furchterregend mit seinem seltsamen Silberauge. Aber der andere sah einfach nur grobschlächtig aus. Die Narbe, die sich über sein Gesicht zog, ließ mich erzittern, und ich fragte mich, wie es wohl war, von ihm im Bett herumkommandiert zu werden.
Scharf. So war es wohl. Wirklich verdammt scharf. Nicht, dass ich mich beschweren konnte. Meine Gefährten hielten mich auf Trab, und sie hatten mich noch nicht einmal gemeinsam genommen. Ich hatte gehört, dass Jessica sich von ihren Gefährten in einer Live-Übertragung vor Milliarden Leuten in Besitz nehmen hatte lassen, nach einer Art Gladiatoren-Kampf, inmitten einer verdammten Arena. Während tausende echte Zuschauer persönlich anwesend gewesen waren und sie angefeuert hatten.
Sex als Zuschauersport. Die Frau hatte Eier aus Stahl. Ernsthaft.
Du liebe Scheiße. Jessica war wunderbar, jetzt schon wie eine Schwester, und die Königin eines ganzen verdammten Planeten. Captain Brooks war ein Fan der Chicago Cubs, liebte Krimis und Superhelden-Filme und schwor, dass er den besten Apfelkuchen der Kolonie machen konnte, nach dem geheimen Familienrezept seiner liebsten Großmutter.
Und hier war ich nun, saß zwischen zwei Alien-Kriegern, aß an einem Tisch voller Aliens von zumindest fünf verschiedenen Welten, und es fühlte sich nach Heimat an.
Gott, das Leben war seltsam. Und unberechenbar. Und manchmal einfach wundervoll. Ich war drei Tage hier und wusste jetzt schon, dass ich nicht zu dem Leben zurückkehren konnte, das ich zuvor gehabt hatte.
Ich war ja ein richtig hartnäckiger Rebellentyp. Fick mir das Hirn raus mit ein paar aggressiven Liebhabern mit riesigen Schwänzen, bring mich mit ein paar Orgasmen zum Schreien, sorge dafür, dass ich mich wunderschön und angebetet und begehrt fühle...kurz gesagt—ich war hin und weg. Ganz plötzlich war die ganze politische Kacke auf der Erde nicht mehr so wichtig.
Aber trotzdem. Menschen waren gestorben . Und sie hatten es vertuscht, damit sie die gleiche Kacke wieder abziehen konnten.
Wenn ich sie nicht aufhielt. Irgendwie. Von der anderen Seite des Universums aus. Ich wusste, dass ich auf einem anderen Planeten war, aber mir fiel plötzlich auf, dass ich keine Ahnung hatte, wo ich in Relation zu allem anderen war. Zur Erde. Zur Sonne. Zu allem und jedem, den ich mein ganzes Leben lang gekannt hatte.
Alles, was mich in den letzten drei Tagen bekümmert hatte, war leg-mich-übers-Knie-und-nimm-mich-Sex gewesen. Mit Maxim und Ryston zusammen zu sein war so gut, so vereinnahmend, dass ich mich völlig darin verloren hatte, in ihren Emotionen und ihrer körperlichen Dominanz. In der Lust, die ich zwischen ihnen gefunden hatte. Ich war immer stolz darauf gewesen, eine kluge, gebildete, eigenständige Frau zu sein. Aber bei ihnen fühlte ich mich nach—mehr. Und weniger. Und mein Gehirn hatte ernsthafte Auseinandersetzungen mit meinem Herzen über das ganze Schlamassel.
Schuldgefühle plagten mich, und ich nahm noch einen Schluck von dem Wein, den sie von einem Planeten namens Atlan hertransportiert hatten. Er war ganz gut, aber nicht stark genug, um meinen Wunsch danach wegzuwischen, dafür zu sorgen, dass der CEO von GloboPharma nicht noch mehr Menschen zu Hause schaden konnte.
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