Luzia Pfyl - Frost & Payne - Die mechanischen Kinder Die komplette erste Staffel

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Frost & Payne - Die mechanischen Kinder Die komplette erste Staffel: краткое содержание, описание и аннотация

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Die ehemalige Diebin Lydia Frost eröffnet eine Agentur für Verlorenes und Vermisstes. Ihr neuster Auftrag führt sie ausgerechnet zurück zur berüchtigten Madame Yueh und den 'Dragons', der Organisation, von der sie sich gerade erst hart ihre Freiheit erkämpft hat. Als gäbe das nicht schon genug Probleme, muss sie auch noch den Pinkerton Jackson Payne ausfindig machen. Doch der Amerikaner hat seine eigenen Aufträge. Frost steht plötzlich im Kreuzfeuer und muss sich zwischen Paynes Leben und ihrer Freiheit entscheiden.
Die gesamte erste Staffel der Reihe «Frost & Payne» von Luzia Pfyl.

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»Das ist sehr freundlich von Ihnen, Miss Lydia. Bedauerlicherweise muss ich Ihnen mitteilen, dass Madame Yueh ausgegangen ist.«

Das war nicht gut. Sie hätte ihr das Geschenk gerne persönlich gegeben und die Sache so schnell wie möglich hinter sich gebracht. Sie hatte bereits die Einladung abgelehnt, mit ihr und der Familie das Neujahrsfest zu verbringen, und sie damit beleidigt. Aber sie wollte Michael nicht länger warten lassen.

»Mr. Lee, bitte richten Sie ihr aus, dass ich hier war und ihr mit diesem kleinen Geschenk alle nur erdenklichen Wünsche für das neue Jahr überbringe.« Frost kämpfte mit den Höflichkeitsfloskeln. Sie hatte nie viel dafür übrig gehabt, auch wenn Madame Yueh sich alle Mühe gegeben hatte, sie die chinesischen Traditionen zu lehren.

So schnell es der Anstand erlaubte, verabschiedete Frost sich von Mr. Lee und eilte zurück hinaus auf die Straße. Die Kakophonie aus Flöten, Zimbeln und Feuerwerk hatte sie sogleich wieder umfangen. Vorne auf der Garnet Street zog ein feuerroter Drache vorbei. Frost holte ihre Taschenuhr aus dem Mantel und murmelte einen Fluch. Die vollgestopften Straßen hatten sie eine Menge Zeit gekostet. Michael wartete bestimmt schon.

Statt sich erneut durch die Menschen zu drängen, ging Frost in die entgegengesetzte Richtung und bog in die Parallelstraße ein. Auch hier waren viele Menschen unterwegs, vor allem zu den Opiumhöhlen, die weiter unten an den Docks lagen. Ganz London schien sich an diesem Abend in Chinatown aufzuhalten, um das chinesische Neujahr zu feiern. Den meisten war es jedoch egal, was sie feierten, wie Frost wusste, so lange sie eine weitere Gelegenheit hatten, sich zu betrinken und den harten Alltag wenigstens für einen Moment zu vergessen.

Es war Mitte Februar 1885, und London war das Zentrum eines weltweiten Imperiums. Nach dem Bau der ersten Dampfmaschine und – vor allem – nach der Entdeckung des Aethers vor ungefähr fünfzig Jahren hatten sich die Technologien sprunghaft entwickelt. Fabriken waren überall aus dem Boden geschossen. Bald gab es in jedem Lebensbereich Maschinen, die Straßen Londons wurden von Aether beleuchtet, und über dem Smog, der die Stadt mittlerweile das ganze Jahr einhüllte, schwebten Luftschiffe jeder nur erdenklichen Größe.

London war das von Kohle geschwärzte mechanische Herz des Empires. Die größte Stadt der Welt.

Frost war ganz in Gedanken versunken und bemerkte nicht, wie sich ihr jemand in den Weg stellte. Erst, als eine kräftige Hand sich um ihren Oberarm schloss und sie mitten im Schritt gestoppt wurde, schaute sie auf und ging instinktiv in Abwehrhaltung. Unter ihrem Korsett trug sie wie immer ein verborgenes Messer.

»Jetzt wärst du beinahe an mir vorbeigelaufen.«

»Michael!« Frost lachte erleichtert auf. »Ich dachte, wir treffen uns beim Blauen Affen?«

»Da habe ich auch über eine halbe Stunde auf dich gewartet.« Michael Cho verzog das Gesicht in gespielter Enttäuschung, worauf Frost ihm sanft auf den Oberarm boxte. Für einen Moment strahlten seine schwarzen schmalen Augen grün und golden auf, als über ihnen Feuerwerk explodierte.

»Es hat einfach zu viele Menschen hier. Oben an der Garnet Street ist kein Durchkommen mehr.« Frost stieß den Atem aus und schaute zu ihm auf. »Ich war bei Madame Yueh.«

»Sie wird sich gefreut haben, dich zu sehen. Wir vermissen dich alle.« Michael bot ihr den Arm an, und gemeinsam schlenderten sie den Weg zurück, den Frost gekommen war. Gefrorener Schnee knirschte unter ihren Stiefeln, die ersten Flocken eines erneuten Schauers fielen aus dem schwarzen Himmel.

»Sie war nicht da.« Frost merkte, wie sich eine Spur Enttäuschung in ihre Stimme schlich. Ja, die Entscheidung, Madame Yueh und damit die Organisation zu verlassen, war allein ihre gewesen. Dennoch fühlte es sich an, als hätte sie ihre Familie im Stich gelassen. Die vergangenen drei Monate hatte sie sich gefühlt, als säße sie auf zwei Stühlen, die sich immer weiter voneinander entfernten. Auf dem einen Stuhl ihre Familie, auf dem anderen ihre Freiheit.

Michael legte den Arm um sie und drückte ihr einen Kuss auf die Schläfe. »Madame Yueh ist nicht nachtragend. Sie wird dir verzeihen, und dann kommst du zurück.« Die Geste war so vertraulich, dass Frost kurz zusammenzuckte. Das war neu.

»Ich werde aber nicht zurückkommen«, sagte sie mit Nachdruck und löste sich von ihm. »Die Agentur läuft gut.« Die Agentur lief überhaupt nicht. Aber das brauchte Michael nicht zu wissen. »Ich kann mich vor Aufträgen kaum retten. Du glaubst gar nicht, was die Leute alles verlieren.« Sie hatte gehofft, ihr Talent im Beschaffen von Dingen in den Dienst der Londoner zu stellen. Das Yard war vollkommen überfordert. Also warum nicht eine Art Detektei gründen, hatte sie sich gedacht. Jeden Tag verschwanden Menschen spurlos, wurden Gegenstände gestohlen. Frost hatte geglaubt, dass die Leute, die nicht zu Scotland Yard gehen wollten, ihr die Tür einrennen würden. Bisher saß sie jedoch mehr oder weniger untätig in ihrem Büro herum.

Michael lachte versöhnlich. »Wie du meinst. Darf ich dich wenigstens besuchen kommen?«

»Natürlich. Ich würde mich freuen.«

Sie hatten die Garnet Street erreicht und tauchten ins Getümmel ein. Jemand zündete Böller. Die Zuschauer wichen respektvoll zurück. Frost hielt Michaels Hand, damit sie ihn in der Menge nicht verlor, und ließ sich von ihm führen.

»Jetzt mach nicht so ein angesäuertes Gesicht, Lydia«, rief Michael über den Lärm hinweg. »Es ist Neujahr! Komm, wir gehen zu den anderen. Die haben bereits ohne uns angefangen zu feiern.«

Frost lächelte und konnte sich sogar mit dem Gedanken anfreunden, ein oder zwei Pints mit den Jungs zu trinken. So wie früher.

Sie hatte den übelsten Kater seit Langem.

Frost stöhnte und hielt sich den Kopf, als sie sich zurück auf das Bett hievte. Die Zunge klebte ihr am Gaumen, und ihre Glieder fühlten sich an wie tonnenschwerer Stahl, der sich langsam in Kautschuk verwandelte.

»Ich hasse dich, Michael«, ächzte sie, als sie sich dazu zwang, aufzustehen. Sie schlurfte ins Bad und stolperte auf dem Weg dahin über ihre Kleidung. Stiefel, Lederhose, Korsett, Bluse, Mantel. Wenigstens hatte sie es noch fertiggebracht, sich halbwegs anständig auszuziehen und nicht gleich in voller Montur ins Bett zu fallen, wie es ebenfalls schon geschehen war.

Im Badezimmer zündete sie die Aetherlampe an und blinzelte in ihr Spiegelbild. »Meine Güte …«, murmelte sie und rubbelte sich mehrmals mit den Händen über das Gesicht, um die Durchblutung anzuregen. Vielleicht würde sie so weniger wie ein Zombie aussehen. Sie brauchte ein langes heißes Bad und danach einen sehr starken Kaffee.

Das Bad tat gut und weckte Frosts Lebensgeister wenigstens so weit, dass sie sich nicht mehr ganz so zerdrückt fühlte. Sie zog sich frische Kleidung an und ging hinunter in ihr Büro. Eigentlich war es ein ehemaliges Ladengeschäft, inklusive Küche und Waschraum zum Hinterhof hinaus. Dazu gehörte die winzige Wohnung im Obergeschoss. Frost hatte in den vergangenen Monaten alles Mobiliar des Vorbesitzers entfernen lassen. Nichts erinnerte mehr an die Schneiderei, die hier gewesen war. Stattdessen hatte sie die kleine Wohnung und das Büro nach ihrem Geschmack eingerichtet. Vor allem das grünbezogene Sofa im Wohnzimmer oben liebte sie. Ein Wandschirm aus Bambus und bemaltem Papier trennte ihren Schlafbereich vom Rest des Wohnzimmers ab und sorgte für Privatsphäre. Über dem Kamin hing, wie in so ziemlich jedem Wohnzimmer des Empires, ein Portrait von Königin Victoria, die Wandtapete war dezent gemustert. In einem chinesischen Kabinett, welches eingeklemmt zwischen Kamin und Ecke stand, befanden sich eine Musikbox sowie Frosts Sammlung an Whiskys.

Ihren Schreibtisch aus massiver Eiche hatte sie unten im Laden etwas versetzt zum Schaufenster gestellt. Zwei Stühle für die Klienten standen davor. Hinter dem Schreibtisch und an der linken Wand fortführend befanden sich deckenhohe Bücherregale, ein Teppich sorgte für etwas Gemütlichkeit. An einer Wand hing auch hier ein Portrait von Königin Victoria. Frost hatte ansonsten nur spärlich dekoriert. Ein paar chinesische Tuscheskizzen hier, eine Blumenvase dort.

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