»Einem Asylantrag in Deutschland geht fast immer eine illegale Einreise voraus, denn das ist ja ein zentrales Merkmal von ›Flucht‹«, schreibt die mit dem Auftrag der TellkampErledigung bedachte Statistikerin bzw. Statistin.
Falsch. Das zentrale Merkmal von Flucht besteht, wie gesagt, darin, dass sich Menschen in Sicherheit bringen. Schlagen Sie den Atlas auf und zählen Sie, wie viele sichere Länder zwischen Syrien und Deutschland, dem Irak und Deutschland, Afghanistan und Deutschland liegen. Flucht hat immer nur ein Woher, nie ein konkretes Wohin. Hat der Flüchtling ein sicheres Land erreicht und zieht weiter, verwandelt er sich in einen Migranten. Nur 0,3 Prozent der Migranten von 2016 bekamen tatsächlich Asyl. Ich will nicht, dass die anderen, überwiegend Leute mit befremdlichen Sitten, auf meine Kosten hier angesiedelt werden und werde jede Politik unterstützen, die das verhindert. Wer wirklich verfolgt wird, soll hier verweilen dürfen, bis der Fluchtgrund entfallen ist. Wer seine Rechnungen selber bezahlen will und kann, soll kommen. Punkt.
Man muss übrigens sehr fest in seinem Glauben ruhen, um den Zahlen des seit drei Jahren heillos überforderten Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge zu vertrauen. Die Maid von Spiegel online aber suggeriert sogar statistische Gewissheiten bei den Herkunftsländern: »Ein Viertel aller rund 200 000 Erstanträge stammte 2016 von Syrern.« Richtig muss es heißen: stammte von Leuten, die angaben, aus Syrien zu kommen. Warum hat sie nicht erwähnt, wie viele von diesen Antragstellern ihren Pass verloren hatten?
Der Höhepunkt des »Faktenchecks« mit vorher feststehendem Resultat ist folgender Passus: »Stützen kann man sich im Hinblick auf Fluchtursachen getrost auf das erste Ergebnis einer langfristig angelegten Umfrage aus dem Jahr 2016 von mehr als 2 300 Asylbewerbern in Deutschland.« Asylmärchen aus Tausendundeiner Nacht als empirische Basis? Die verkaufen als Fakten, was Leute aus dem Orient, dem Weltepizentrum von Treu’, Redlichkeit, Preisbindung und Liefertermin, als Grund angeben, warum sie hier sind. Wer glaubt diesen Leuten eigentlich noch ein Wort?
Ein Artikel auf Meedia.de hebt an mit den rosenfingrigen Worten: »Der Medientheoretiker Norbert Bolz ist ein umstrittener Zeitgenosse: Insbesondere sein Twitter-Account sorgte in medialen Kreisen zuletzt für Diskussionen.«
In seiner Sentenzensammlung »Autor und Autorschaft« aus dem Jahr, wie passend, 1984 notierte Ernst Jünger: »›Der ist umstritten.‹ Das ist heute nicht etwa als Lob, sondern abschätzig gemeint. Beliebtes Urteil, vor allem von Typen, die sich nie exponiert haben. Sie halten es immer mit der herrschenden Meinung, gleichviel ob Kastraten oder Kannibalen regieren; verdächtig ist jeder, der nicht ins Schema paßt.« Soviel zur Begriffswahl.
Auf einem Online-Portal, erfahren wir weiter, »haben nun zwei Autoren Bolz’ über 1 200 Tweets, die er seit August 2012 verfasst hat, analysiert. Die Rezensenten erzählen dabei die Geschichte einer schleichenden Radikalisierung.«
Die sich spielend leicht daran erkennen lässt, dass Bolz 2012 noch keinen einzigen Tweet gegen die unkontrollierte Masseneinwanderung gepostet hat.
»Viele seiner Tweets bedienen mittlerweile die Ressentiments rechtspopulistischer, teils sogar rechtsextremer Milieus; selbst vor verschwörungstheoretischen Szenarien schreckt Bolz nicht zurück«, schreibt einer der beiden Ermittlungsexperten, deren Namen wir uns schenken, denn sie sind ja nicht mal umstritten.
Ich habe gelegentlich darauf hingewiesen, dass von 100 sog. Intellektuellen, die mit dem Terminus Ressentiment herumfuchteln, 99 keine Ahnung haben, was das Wort überhaupt bedeutet. Die Verschwörungstheorie wiederum lesen die Herrschaften aus einer Notiz des Berliner Medienwissenschaftlers, der nach »Demonstrationen« von Arabern gegen Israel in Berlin die Berichterstattung kritisiert, einen Vergleich zur Kölner Silvesternacht gezogen und gefragt hatte, ob die Medien warten mussten, »bis das Bundeskanzleramt die Richtung vorgab«. Man kann das auch als polemische Spitze lesen, aber hier heißt es, Bolz unterstelle der Regierung, »sie würde die öffentlich-rechtlichen und privaten Medien heimlich manipulieren«. Das ist in der Tat, vereinzelte Chefredakteursprivatissima der Kanzlerin und ihre Freundschaft zu Liz Mohn und Friede Springer beiseite, insofern Quatsch, als diese Manipulation bei deutschen Medienschaffenden seit beinahe hundert Jahren völlig unnötig ist, weil die meisten ganz von selbst schreiben, was von ihnen erwartet wird.
Das Duo mutmaßt zuletzt über die Gründe der angeblichen Radikalisierung. Der führungslose Professor »bekommt natürlich mit, dass er sich viele neue Feinde macht. Unter einigen seiner Tweets finden sich mehr kritische Kommentare als zustimmende Äußerungen. Aber vielleicht motiviert ihn der Widerstand.« Das können Autoren solchen Schlages natürlich nicht verstehen. Zwei Herdengeschöpfe mit Meuteninstinkten, die nie »umstritten« waren, um die es nie Diskussionen gab, die nie auf Widerstände gestoßen sind, werfen einem Intellektuellen, der auf eigene Rechnung denkt, »Altersradikalisierung« vor. Wie niedlich!
Merke Gómez Dávila: »Die Frechheiten des Jünglings sind bloß die Fußtritte des Esels, der sich an seinen Stall gewöhnt. Anders ist der Übermut des Alten, der jäh von seinem gekrümmten Rücken die Jahre der Geduld abschüttelt, ein bewundernswertes Schauspiel.«
Aber natürlich ist der getreulich in seinem Stall verharrende und schließlich dort verreckende alte Esel der Normalfall.
Viktor Orbán sagte vor zwei Tagen bei seiner »Festrede zum 170. Jahrestag der Revolution und des Freiheitskampfes von 1848/49« in Budapest unter anderem Folgendes:
»Die Situation ist die, meine lieben Freunde, dass man uns unser Land nehmen will. Nicht mit einem Federstrich, wie vor hundert Jahren in Trianon. Jetzt will man, dass wir es im Laufe einiger Jahrzehnte freiwillig anderen übergeben sollen, von anderen Kontinenten kommenden Fremden, die unsere Sprache nicht sprechen, unsere Kultur, unsere Gesetze und unsere Lebensform nicht respektieren. Man will, dass ab jetzt in erster Linie nicht mehr wir und unsere Nachkommen hier leben sollen, sondern irgendwelche andere Menschen. Tag für Tag sehen wir, dass große westeuropäische Völker und Nationen Schritt für Schritt, von Bezirk zu Bezirk, von Stadt zu Stadt ihr Land verlieren. Die Situation ist die, dass jene, die die Einwanderung an ihren Grenzen nicht aufhalten, verlorengehen. Sie werden langsam aber sicher absorbiert. (…)
Die westeuropäischen Jugendlichen werden es noch erleben, wie sie in ihrem eigenen Land zur Minderheit werden und den einzigen Ort auf der Welt verlieren, den man als Zuhause bezeichnen kann. Es sind Kräfte erschienen, wie sie die Welt schon seit langem nicht mehr gesehen hat. Afrika wird zehnmal so viele Jugendliche haben wie Europa. Wenn Europa nichts unternimmt, dann werden sie unsere Tür mit den Füßen eintreten.«
Der gestrigen Tagesschau durften wir entnehmen, dass es schlecht sei, wenn die Wahlbeteiligung hoch ist und die Menschen aufgefordert, ja sogar gedrängt werden, zur Wahl zu gehen – solange Wladimir Putin zu den Kandidaten gehört.
Anfrage an Radio Jerewan: »Ist es wahr, dass in Moskau eine Demonstration von Putin-Gegnern durch staatlich geförderte gewaltbereite Blockierer verhindert wurde und die Polizei zusah? Und stimmt es, dass in Chabarowsk der Bürgermeister erklärt hat, es sei ›völlig klar, dass alle im Föderationskreis zusammenstehen‹, wenn regierungskritische Demonstranten die Stadt für ihre Propaganda missbrauchten?«
Читать дальше