„Also ich finde, Sophus und Cille passen gut zusammen“, lenkte Helena ab. „Ihr seid beide so lieb und fröhlich mit euren Locken und den braunen Augen.“
„Er ist aber überhaupt nicht mein Typ“, sagte ich. Und das ist er auch nicht.
Sophus ist schon nett, aber zum verlieben? Forget it!
„Ok, aber Julie und Hannes passen gut zueinander. Er ist schon ziemlich süß, nicht, Julchen?“, machte Helena einfach weiter.
„Nee, überhaupt nicht“, sagte Julie und zupfte etwas an ihren Puppen rum. „Aber du stehst so was von auf Kasper, Helena!“ rief sie dann und lachte ganz laut und ich lachte mit. Aber nicht richtig, mein Lachen war falsch und meine Zunge fing plötzlich an zu jucken. Helena versteckte ihr Gesicht hinter ihren Puppen, weil sie so extrem rot geworden war, aber sie nickte und kicherte.
„Oh nein. Fällt das wirklich so dolle auf?“, quietschte sie dann und ließ sich auf den Rücken fallen, beinahe mit dem Kopf gegen die Kloschüssel.
Es fühlte sich so an, als hätte ich Juckpulver im Hals und als Helena und Julie wieder zu den anderen gingen, blieb ich noch im Bad, um ganz viel Wasser zu trinken.
Ich hatte es also nicht fertig gebracht, ihnen zu sagen, dass ich auch in Kasper verliebt bin und das, obwohl wir sonst nie Geheimnisse voreinander haben. Aber es ist auch ganz egal; ich kann ihn genauso gut vergessen. Ich hätte niemals eine Chance, weil alle doch wissen, dass Helena eine ganz andere Liga ist. Sie bekommt immer, was sie will und es wäre einfach nur lächerlich, wenn ich, nachdem sie es gesagt hat, sagen würde, dass ich auch verrückt nach ihm bin.
Aber so leicht ist das nicht, ihn zu vergessen. Ich sehe ihn ja jeden Tag in der Schule und ich kann überhaupt nicht aufhören, an ihn zu denken.
Deshalb ist es eben auch nicht so toll für mich, wenn die Jungs auch bei Helenas Geburtstag dabei sind. Sie wird garantiert versuchen, auf der Party mit ihm zusammen zu kommen. Und das wird sicherlich ein leichtes Spiel für sie.
„Geht ihr heute mein Geschenk kaufen?“, fragt Helena ganz unschuldig und zeigt ihr schönstes Lächeln mit glänzend weißen Zähnen. Sie ist immer unglaublich neugierig.
„Hm, vielleicht“, antwortet Julie geheimnistuerisch.
„Dann gebe ich euch besser meinen Wunschzettel mit.“ Helena kramt ein Stück Papier aus ihrer Federtasche und wedelt es dann dicht vor meiner Nase hin und her. Es riecht nach einem teuren neuen Parfüm. Ganz was anderes, als die uncoolen Parfüms, die ich im Supermarkt kaufe, wenn sie im Angebot sind. Ich unterbreche sie; plötzlich habe ich keine Lust mehr, ihren Wunschzettel zu sehen. Ich weiß eh, was drauf steht, es ist ja immer das Gleiche.
Ich schuppse ihre Hand weg. „Den brauchen wir gar nicht!“ Julie und Helena starren mich verwundert an. Wir geben einander immer Wunschzettel und gewöhnlich bin ich nie so selbstsicher.
„Du möchtest doch bestimmt etwas ganz Besonderes haben, oder?“ Ich blinzele Julie zu, die mich immer noch fassungslos ansieht.
„Ähm, schon, aber wir geben uns doch immer…“
„Julie und ich haben uns etwas ganz tolles ausgedacht“, lüge ich. „Du wirst dich total darüber freuen, du weißt es nur noch nicht.“
Es sind viele aus der Schule im „Central“, dem großen Einkaufszentrum der Stadt, unterwegs, aber wir sind die einzigen im Kult.
„Und was hast du dir jetzt ausgedacht?“, fragt Julie. Sie ist mir einfach wie ein Hund nachgedackelt. Jetzt steht sie da und spielt an den Pendeln rum. Die Wahrheit ist: ich habe keine Ahnung.
„Nichts.“ Plötzlich ist meine Stimme sehr unsicher. Aber nicht Julies, ihre ist messerscharf.
„Was? Wieso hast du es dann gesagt?“
„Ich weiß nicht.“
„ Also ganz ehrlich! Dann hätten wir doch ihren Wunschzettel nehmen sollen!“
„Wir finden etwas, hier im Kult. Das ist doch viel besser als diese dämlichen Marken-Tops, die sie sich ständig und andauernd wünscht.“
Ich kann Julie ansehen, dass sie mir recht gibt, aber sie sagt nichts. Sie steht weiterhin an den Pendeln und gibt einem so einen dollen Schubs, dass es wie wild hin- und herschwingt.
„Da gibt´s aber ein kleines Problem, an das du nicht gedacht hast: Alles, was sie sich von hier wünscht, hat sie sich schon gekauft.“
Julie hat recht. Helena bekommt so viel Taschengeld, sie kann sich immer das kaufen, worauf sie gerade Lust hat. Daran hatte ich nicht gedacht. Ich war nur der Wunschzettel des Mädchens, das alles hat und alles bekommt, leid.
„Was ist mit dem Tuch hier?“ Ich habe ein wirklich hübsches lilanes, mit schwarzem Muster gefunden. Es ist das einzige dieser Art unter den vielen anderen am Ständer. Ob es Kasper gefallen würde?
„Auf keinen Fall! Du hättest es vielleicht selbst gerne.“ Julie lacht und schüttelt den Kopf. „Helena zieht doch keine Sachen aus diesem Laden an.“
Ich antworte nicht, aber sie hat wieder recht. Helena würde nie etwas ohne Markenzeichen tragen. Alles, was sie hat, ist besonders schön oder teuer und irgendwie setzt mich das ganz schön unter Druck. Überhaupt läuft es nicht so super, seitdem sie das mit Kasper gesagt hat. Jetzt ist es so, als ob nur sie in seiner Nähe sein darf. Wenn ich mich gerade mit ihm unterhalte (was auch gar nicht so furchtbar oft passiert) kann es vorkommen, dass sie sich einfach einmischt und mich fast schon wegschuppst.
„Was ist denn, wenn wir ein Geschenk für sie zusammenstellen, so mit Räucherstäbchen, Steinen und so?“ Ich höre selbst schon, dass es ist nicht die beste Idee ist.
„Im Ernst, Cecilie. Du hast ihr gesagt, sie bekommt etwas ganz besonderes. Da geht es doch nicht mit einem albernen Sammelsurium an Kleinkram, den sie eh schon hat. Sie will mit Sicherheit lieber ein großes, ein richtiges Geschenk haben. Du weißt doch, wie sie ist. Diesen Schnickschnack hier würde sie hassen.“
„Kann ich euch Mädchen heute vielleicht irgendwie behilflich sein?“
Die Inhaberin vom Kult steht plötzlich hinter mir. Ich habe sie überhaupt nicht kommen hören. Manchmal kommt es mir so vor, als würde sie uns beobachten. Sie hat dunkle Augen und schwarzes Haar und trägt immer irgendwelche Strickjacken.
„Wir suchen ein großes und fantastisches Geburtstagsgeschenk für unsere Freundin“, sagt Julie. „Die, die sonst auch immer hier mit ist.“
„Ah, ja“, sagt die Frau, „dachte ich’s mir schon, dass sie ist Zwilling ist.“
Julie und ich starren die Frau an, als wäre sie gerade vom Mond gefallen. Wie in aller Welt konnte sie wissen, dass Helena Zwilling ist?
„Woher wussten Sie das?“ fragt Julie und ihre Stimme klingt ganz sonderbar.
„Hm, ein fantastisches Geburtstagsgeschenk“, sagt die Frau, ohne auf Julies Frage einzugehen.
Aber na klar, jetzt verstehe ich es. Wenn sie weiß, wie alle Sternzeichen im Jahr verteilt sind, ist es nicht mehr schwer, das auszurechnen. Wir haben es ja gerade gesagt; wir suchen ein Geburtstagsgeschenk.
„Kommt mal mit“, sagt die Frau. Wir folgen ihr zum Kassentresen.
„Wartet hier.“ Sie verschwindet im Hinterzimmer.
Sie kommt mit einem großen Buch zurück.
„Das ist das letzte, das ich habe“, sagt sie. „Es ist eine Art magisches Manual.“
„Ein was?“, fragt Julie.
„Ein magisches Handbuch“, erklärt die Frau und schlägt eine zufällige Seite auf.
Ich kann gerade noch eine Überschrift sehen, bevor Julie sich über das Buch schmeißt. „Wie man Dinge repariert, die kaputt gegangen sind“ , stand da.
Julies Augen leuchten während sie durch die Seiten blättert.
„Wie genial“, japst sie. „Helena wird sich wie verrückt freuen. Hör mal: So bekommst du den, den du liebst… “
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