Wir suchten uns fachliche Unterstützung und lernten dazu. Nicht zuletzt auch, dass man allzu oft unwissentlich die Triebe unterstützte, die man gar nicht so gern haben wollte. Siehe Weihnachtsabend: Den Hund hatten wir dazu animiert, durch eine Röhre zu laufen, bis er nicht mehr zurückkam. Sein Fiepen hatten wir missdeutet und bei heftigen Wasserspülgeräuschen waren wir dann doch ein wenig in Panik geraten und hatten den Terrier zum Durchhalten ermutigt. Bei einbrechender Dunkelheit beschlossen wir, die Feuerwehr zu Hilfe zu rufen.
Aus Sicht der Jagdgöttin Diana also alles richtig gemacht mit diesem Traumhund für einen Jäger.
Aus Sicht der Trainerin für Menschen mit Hund eine bleibende Herausforderung für Leute, die eigentlich einen unkomplizierten Begleiter haben wollten, den man fast überallhin mitnehmen kann. Anstatt Laisser-faire trainieren wir nun unsere mentale Muskulatur, lernen unseren Hund besser zu lesen, versuchen, ihn nicht allzu sehr zu vermenschlichen, und leben gut und gern mit ihm – bessere Beschäftigungsangebote inklusive. Hundeprofi Martin Rütter befand bei einem kurzen Kennenlernen Filou als den einzigen ihm bekannten Border, der „nicht total daneben ist.“
Hunde können ihre Halter ganz schön aufs Kreuz legen.
Jetzt fragen sich bestimmt viele, warum tun sich immer mehr Menschen so etwas an?
Vielleicht, weil es sehr hilfreich im Leben ist, mehr Gelassenheit, Humor und eine gewisse Sturheit zu entwickeln? Bestimmt aber, weil die Freundschaft mit einem Hund eine der schönsten ist, die man im Leben haben kann. Auch wenn sie kein ganzes Menschenleben dauert. Verlieben kann man sich immer wieder in diese Lieblinge der Götter, die ganz einfach ein Gottesgeschenk sind.
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Das Rudel ist eine Gruppe von fünf Hunden, die gemeinsam mit ihren Besitzern Gassi gehen. Alle verstehen sich gut und freuen sich, regelmäßig einander abzuholen. Fast jeder dieser Hunde hat ein Leben vor der Zeit mit seinen jetzigen Besitzern hinter sich und hat es erst jetzt gut getroffen. Endlich haben sie eine Familie gefunden, bei denen sie ihr Hundeleben verbringen können, bis sie irgendwann einmal über die Regenbogenbrücke gehen müssen.
Angefangen hat es mit unserer Beaglehündin Eliza. Als mein Mann Eliza im Internet auf der Homepage einer Tierschutzorganisation entdeckte, die es sich zur Aufgabe gemacht hat, Tieren ein dauerhaftes Zuhause zu suchen, war noch nicht klar, ob überhaupt ein Hund bei uns einziehen würde. Denn mein Mann und mein Sohn waren eigentlich auf der Suche nach einer Katze. Mein Sohn wollte zwar im Sommer vor sechs Jahren aus unerfindlichen Gründen einen Beagle bei sich aufnehmen, aber nachdem wir uns kurz über die Rasse informiert hatten – Beagle sind sehr gute Jagdhunde –, stellten wir fest, dass das nicht zu den beiden anderen Haustieren passte: zwei Kaninchen, die den ganzen Garten schon als ihr Revier betrachteten. Also entscheiden sie sich für eine Katze. Da ich aber ein Hundemensch bin und wir in meiner Kindheit und Jugend immer einen Familienhund hatten, begann ich, zuerst meinen elfjährigen Sohn zu überzeugen und schließlich auch meinen Mann, dass ein Hund ein schönes neues Familienmitglied wäre.
Die dreijährige Eliza machte auf dem Foto keinen sehr glücklichen Eindruck und auch beim Besuch im Tierheim war sie sehr zurückhaltend. Mein Sohn verliebte sich jedoch gleich in sie. Als ich noch darüber nachdachte, ob ein Welpe einer Beaglezüchterin vielleicht als erster Hund die bessere Alternative wäre, anstatt einen Hund aus dem Tierschutz zu nehmen, war für meinen Sohn schon klar, dass es Eliza sein musste. Nach drei Spaziergängen hatte auch mich ihr entspanntes, gelassenes Wesen überzeugt. Sie ging brav, ohne zu ziehen, an der Leine und war verträglich mit allen Hunden und Kindern, denen wir begegneten. Nichts brachte sie aus der Ruhe. Sie wedelte nur fröhlich mit dem Schwanz.
„Wer hat denn so einen tollen Hund im Tierheim abgegeben?“, fragte ich nach. Ich erfuhr: Eliza war in Ungarn aus einer Hundezucht gerettet worden. Dort sind die Hunde in Kellern an Rohre gekettet oder in kleinen Boxen untergebracht. Sie fiel schon bei der Rettung durch ihr freundliches Wesen auf.
„Die neuen Besitzer ihrer Mutter sind auch sehr begeistert“, bekam ich zur Antwort.
„Na, wenn die Mutter so ein Superhund ist, kann ja die Tochter nicht verkehrt sein“, dachte ich mir. So beschlossen wir, Eliza aus dem Tierheim zu holen.
Sie war gar nicht dafür, in unser Auto gehoben zu werden. Es glich eher einer Entführung. Auf der Fahrt beruhigte sie sich aber recht schnell und kuschelte sich an meinen Sohn. Sie zeigte schon bei der ersten Autofahrt, dass sie entspannt im Auto mitfahren konnte.
Zu Hause lief sie erst stundenlang im Kreis, bis sie endlich im neuen Körbchen einschlafen konnte. Gerochen hat sie anfangs nicht so gut und nach dem Baden und einigen Wochen mit kleinen Infekten kam sie dann bei uns an, fühlte sich immer wohler und wollte uns nicht mehr verlieren. Die Kaninchen beobachtete sie respektvoll und dachte wohl: „Die wohnen halt hier.“ Getan hat sie ihnen nie etwas.
Eliza ist ein Beagle und das sind ganz spezielle Hunde. Die Nase ist immer auf dem Boden und Fressbares, selbst ein vertrocknetes Reiskorn, entgeht ihr nicht. Sobald im Erdgeschoss nur eine Tüte knistert, saust sie sofort von oben nach unten und steht erwartungsvoll bereit. Ihr Jagdtrieb ist nicht ausgeprägt, das heißt, sie kann frei laufen. Sie ist gelehrig und für Leckerlis macht sie alles. Zum Glück ist sie selten stur und eigenwillig, wie man es dem Beagle nachsagt. Zu Beginn kannte sie außer Stopp kein Kommando.
Wir versuchten, mithilfe eines ungarisch sprechenden Schulfreundes unseres Sohnes zu testen, ob sie etwas Ungarisch versteht, aber ohne Erfolg. Sie hatte also keine Hundeerziehung nach unseren Maßstäben kennengelernt.
Kurz nachdem sie eingezogen war, gingen wir mit unserer Nachbarin und ihrem alten Jagdhund spazieren. Eliza liebte deren Leckerli mehr als den Hund, aber sie freute sich, wenn andere Hunde beim Spazierengehen mitgingen. Dieser Jagdhund ist leider mittlerweile verstorben und an seine Stelle ist ein temperamentvoller junger englischer Setter namens Bertie getreten. Eliza ist er etwas zu ungestüm und sie sucht Schutz zwischen den Menschen, wenn er mit vollem Schwung vor dem Stehenbleiben eine Runde um die Gruppe dreht. Aber er gehört eben zu ihrer Freundin, unserer Nachbarin, die immer freundliche Worte und einen kleinen Hundekeks für sie hat, und so hat sie ihn akzeptiert.
Der dreijährige Bertie stammt von Mallorca, wo er aus einer Tötungsstation gerettet wurde. Er hält sich selbst noch für einen Welpen und ist sehr aufmerksam. Es entgeht ihm kein Vögelchen, wenn er auf zwei Beinen Ausschau hält. So hält er seine Leute auf Trab. Dazu hat er ein sehr liebes verträgliches Wesen und jetzt auch ein schönes Zuhause, wo er schon viel gelernt hat.
Zum Rudel gehören noch die Hündinnen Orelia und Saphi. Die weiße Orelia gehört einem Ehepaar aus unserer Straße. Sie wurde in Spanien als Welpe gefunden und lebte verlassen mit ihrer Mutter und den Geschwistern auf einem Bauernhof. Sie hat das weichste Fell, das ich je gefühlt habe, ist gut erzogen und die Vornehmste von allen. Doch sie hat es faustdick hinter ihren zarten Öhrchen. Sie ist eine große Katzenjägerin und verteidigt ihr Grundstück gegen diese mit großer Begeisterung.
Saphi gehört zu Orelia, nachdem ihre Besitzer sie aus Altersgründen nicht mehr versorgen konnten. Saphi freut sich über alle Menschen und Hunde und begrüßt jeden immer freundlich. Leider versteht das nicht jeder gleich richtig, denn durch ihre Größe und ihr zotteliges braunes Fell sieht sie erst einmal ein bisschen wild und bedrohlich aus. Im Wald wurde sie von einer älteren Dame schon einmal für ein wildes Tier gehalten.
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