Für Christina
eISBN 978-3-649-63371-6
© 2021 Coppenrath Verlag GmbH & Co. KG, Hafenweg 30, 48155 Münster
Alle Rechte vorbehalten, auch auszugsweise
Text: Christian Loeffelbein
Illustrationen: Julia Christians
Lektorat: Jutta Knollmann
Satz: Sabine Conrad, Bad Nauheim
www.coppenrath.de
Die Print-Ausgabe erscheint unter der ISBN 978-3-649-63134-7.
Christian Loeffelbein
Das Geheimnis von Moorwood Castle
Mit Illustrationen
von Julia Christians
Malvinas Name ist ein Ort.
Seht ihr ihren Schatten dort?
Seht ihr die Schatten an der Wand?
In Moorwood geht ein Geist durchs Land.
Kapitel 1 Der schlimmste Tag meines Lebens Kapitel 1 Der schlimmste Tag meines Lebens
Kapitel 2 Ich lasse eine Bombe platzen Kapitel 2 Ich lasse eine Bombe platzen
Kapitel 3 Rettung in höchster Not Kapitel 3 Rettung in höchster Not
Kapitel 4 Ich starte meine Karriere als Detektivin Kapitel 4 Ich starte meine Karriere als Detektivin
Kapitel 5 Der Blutige Schinken Kapitel 5 Der Blutige Schinken
Kapitel 6 Der Fluch des Hauses Moorwood Kapitel 6 Der Fluch des Hauses Moorwood
Kapitel 7 Der graus’ge Geist
Kapitel 8 Heimliche Telefonate
Kapitel 9 Die Schwarzpest
Kapitel 10 Das Fluchtuch
Kapitel 11 So große Raben gibt es nicht!
Kapitel 12 Der Geheimcode
Kapitel 13 Das gibt’s doch nicht!
Kapitel 14 Magische Tomatenklopse
Kapitel 15 In allen vier Ecken soll Glück sich verstecken
Kapitel 16 Die Auserwählte
Kapitel 17 Gefangen in der Dunkelheit
Kapitel 18 Das Labyrinth
Kapitel 19 Die Katakomben von Moorwood Castle
Kapitel 20 Flucht durch den Schlosspark
Kapitel 21 Böse Überraschung
Kapitel 22 Das letzte Stündlein
Kapitel 23 Die Nacht des Schreckens
Kapitel 24 Ich bin sprachlos
Über den Autor
Kapitel 1
Der schlimmste Tag meines Lebens
Der 16. Juli hätte ein wunderbarer Tag sein können.
Die Schule war aus, drei Stunden früher als geplant, die Sommerferien gingen los und es war so heiß wie noch nie.
In vier Tagen hatte ich Geburtstag und würde elf Jahre alt werden.
Alles war super.
Während ich mit meinem besten Freund Tom den Heckenrosenweg entlangschlenderte, sammelte ich ein paar flache Kieselsteine auf. Ein kleiner Wettkampf war jetzt genau das Richtige.
»Wetten, dass ich dich zuerst treffe?«, rief ich Tom zu und hielt ihm eins meiner Wurfgeschosse unter die Nase, damit er gleich verstand, was Sache war.
»Treffen?«, fragte Tom. »Wo denn? Und nach welchen Regeln?«
Tom musste immer alles ganz genau wissen. Sein Lieblingssport war Denksport, und er verbrachte Stunden damit, im Internet Knobelaufgaben zu lösen. Außerdem war Tom der totale Streber. Er hatte nur Einsen und ging freiwillig zu den Lateinkursen von Mr Brix. Nichts gegen die Lateinkurse von Mr Brix, aber hin und wieder musste man einem Besserwisser wie Tom schon mal zeigen, wo das Leben wirklich spielte.
Ich feuerte einfach drauflos und erwischte Tom an der Brust. Eine große Kunst war das allerdings nicht, denn er war ziemlich breit und trug noch dazu trotz der Hitze eine Windjacke, die ihm ein paar Nummern zu groß war.
»He!«, rief Tom, machte aber keine Anstalten zurückzuwerfen. Er hatte noch nicht mal einen Kieselstein in der Hand.
Spielverderber.
Ich spähte durch die Hecke. Wir waren gleich beim Spielplatz von Moorwood, den man außer durch das Tor etwas weiter südlich auch über einen schmalen Geheimgang gleich vor unserer Nase erreichen konnte. Geheimgänge liebte ich über alles.
Natürlich waren Tom und ich für Spielplätze schon viel zu alt, aber nicht für eine Mutprobe, die man hier machen konnte. Die war nämlich richtig gefährlich.
Und sie ging so:
Ich stellte mich auf die eine Seite der Wippe. Tom kletterte in der Zwischenzeit auf den Holzturm, der sich gleich daneben befand. Und dann musste er von dort aus auf die andere Seite der Wippe springen, was dazu führte, dass ich in hohem Bogen durch die Luft katapultiert wurde.
Wenn Tom nicht richtig sprang, tat er sich ziemlich weh. Und ich mir noch viel mehr, wenn ich nicht richtig landete.
Ich fand, dass ein bisschen Nervenkitzel immer gut war, aber Tom fand das nicht. Das erkannte ich an dem kritischen Blick, mit dem er stets die Wippe musterte.
Weil Tom jedoch mein bester Freund war, ließ er sich jedes Mal von mir überreden. Ich war nämlich nicht nur im Abspringen und Durch-die-Luft-Fliegen gut, sondern auch darin, andere Leute zu bequatschen.
Gerade als ich den Mund öffnen wollte, um loszulegen, hob Tom die Arme. »Schon gut, Malvina. Ein Sprung! Ein einziger. Aber dann ist erst mal Schluss. Bis Weihnachten. Mindestens!«
»Bis zum Ende der Ferien«, sagte ich.
»Bis November«, erwiderte Tom.
»Oktober!«
»Okay, okay.« Tom verdrehte die Augen und machte sich auf den Weg zum Holzturm. Ich kletterte vergnügt auf die Wippe und wartete auf meinen Einsatz. Und der kam schneller als gedacht. Normalerweise trödelte Tom immer ziemlich, aber diesmal sprang er sofort los und ich segelte Richtung Himmel und brach dabei meinen Hoch-durch-die-Luft-segel-Rekord. Es kribbelte im Bauch, mein Herz schlug wie verrückt und ein bisschen Angst hatte ich auch. Aber nur ein bisschen. Alles in allem genau die richtige Mischung.
Tom war nicht gerade für große Gefühlsausbrüche bekannt, aber nach dieser gemeinsamen akrobatischen Leistung hob selbst er seine linke Hand und ließ sie gegen meine ebenfalls erhobene rechte klatschen.
»Kommst du heute Nachmittag zu mir?«, fragte ich. »Wir können uns den Gruselfilm angucken, den du im Laden von deiner Mutter gefunden hast.«
Wenn es um Gruselfilme ging, musste man Tom nicht lange überreden. Er mochte spannende Aktivitäten hauptsächlich dann, wenn sie sich in einem sicheren Umfeld erledigen ließen. Und wenn sie etwas mit einer weichen Sitzgelegenheit zu tun hatten.
»Geht nicht«, entgegnete er. »Der Film ist auf einer alten Videokassette aus dem letzten Jahrhundert.«
»Lass dich überraschen.« Statt weiterer Worte blinzelte ich ihm diesmal nur geheimnisvoll zu.
»Okay«, sagte Tom. »Um vier bei dir.« Dann trottete er davon.
Bevor er bei der Bäckerei um die Ecke bog, drehte er sich noch mal um und rief: »Um vier!«
Tom hatte sichtlich gute Laune.
Ich nickte zufrieden. Es war ein schönes Gefühl, wenn jemand, den man mochte, sich freute.
Wie gesagt, es hätte ein wunderbarer Tag sein können.
Ich fuhr mit dem Bus nach Hause und hielt ein kleines Schwätzchen mit meinem Lieblingsbusfahrer Bernie. Während der Fahrt setzte ich mich nicht hin, sondern stand schräg hinter Bernies Fahrerecke, die ein bisschen so aussah wie die Kommandobrücke eines sehr alten Raumschiffs. Bernie versorgte mich mit Gummibärchen, die er aus einer großen gelben Tüte angelte. Süßigkeiten vor dem Mittagessen waren immer gut für die Stimmung.
Читать дальше