Der norwegische Sportexperte Örjan Madsen, der vor den Olympischen Spielen in Peking 2008 mit dem „Projekt Weltklasse“ im DSV (Deutscher Schwimm-Verband) aufgesattelt hatte, sagte einmal sinngemäß über die Talentförderung und das Ausleseverfahren im amerikanischen Schwimmsport, dass die US-Coaches im Prinzip 1.000 rohe Eier, sprich Talente, an die Wand werfen, in der Hoffnung, dass eines heil bleibt und sodann die Härte mitbringt, Olympiasieger zu werden. Diesem Prinzip huldigen viele Trainer, zumeist verfügen sie jedoch bei Weitem nicht über 1.000 Rohlinge, die es gilt, in Form zu bringen.
Natürlich können unvollendete Lebensläufe von Sportlern auch ganz andere Gründe haben, wie Überdruss, Neuorientierung, Wertewandel, Verletzungen, Überbeanspruchungen, Negativerlebnisse, auch fernab des Sports, und vieles mehr. Insbesondere das weibliche Geschlecht ist bei der Neubestimmung von Prioritätenlisten äußerst konsequent.
Augenfällig ist in der Ehrentafel der Juniorinnen des DDV der Name Schuler, denn der bringt die letzten vier Meistertitel von 2016 bis 2019 auf einen Nenner. In den Jahren 2016, 2018 und 2019 mit dem Vornamen Christina versehen, die damit die erfolgreichste Juniorin überhaupt ist, während 2017 besagter Name einmal mit dem Vornamen Denise verbunden ist.
Zweimal ziert sowohl Michelle Wagner die Ehrenliste der Meisterinnen, und zwar 2011 und 2009, als auch Jenny Lieverkus, die ihren ersten erworbenen Titel 2007 im darauf folgenden Jahr verteidigte. Viktoria Weber gefiel 2005 und zuvor 2003 als Prima, Nicole Osthues 2002 und 2001, Michelle Sossong 2001 und 2000.
Die Allererste, die diese Ehrenliste, die insgesamt 18 Spielerinnen einschließt, dokumentiert, ist Lydia Scheumann, die 1996 diesen Titel für sich beanspruchte.
Manifest macht sich die Tatsache bemerkbar, dass bis heute noch keine einzige Meisterin der Junioren den Einzeltitel der Damen für sich entscheiden konnte. Da spielen die oben genannten Gründe sicherlich mit hinein. Dieser Umstand ist allerdings so signifikant auffällig, dass diese Tatsache auch den Verantwortlichen des DDV nicht verborgen bleiben sollte.
Heike Jenkins ist genderneutral die mit Abstand erfolgreichste Akteurin. Als Einzel- und Doppelspielerin vermochte sie bisher 20 Titel zu sammeln. An zweiter Stelle rangiert Bianka Strauch mit 14 Titeln, und als drittbeste Dame schließt sich die vierfache Deutsche Meisterin Gabi Kosuch an. Das Attribut „erfolgreichste Herren“ teilen sich indes Colin Rice und Tomas Seyler mit jeweils acht Meisterschaften. Unmittelbar dahinter liegen Andreas Kröckel und Andree Welge mit je sieben DM-Siegen.
Die sportlichen Erfolge des DDV auf dem internationalen Parkett sind vielfältig und zahlreich. Konzentriert man sich auf die absoluten Highlights, liest sich ein Schnelldurchlauf so: In der Siegerliste des Jugend Europacups stößt man auf die Namen Christian Lechtken im Jahre 1994, Max Hopp 2012 sowie Nico Schlund 2015. Bei den jungen Damen erkämpften sich Nicole Osthues 2003, respektive Jenny Lieverkus 2007 den EM-Titel.
Im Junioren-Doppel zeigten sich sowohl Dieter Hartenfels/Christian Lechtken als auch Kevin Münch/Christopher Klimek 2004 erfolgreich – die Erstgenannten 1991, die Letztgenannten 2004. Bei den Juniorinnen vermochten sogar vier Paare, den Titel zu erringen: 1990 Heike Jakob/Anja Vonscheidt, 2004 Nicole Osthues/Kerstin Lederbogen, 2006 Benita Goebel/Kerstin Lederbogen und last, not least 2007 Jenny Lieverkus/Asaria Hintzsche-Oehme. Summa summarum elf Titel auf europäischer Ebene.
Sogar beim Worldcup standen mit Christina Schuler und Nina Puls zwei Juniorinnen im Doppel ganz oben auf dem Siegertreppchen. Bei den Damen feierten Irina Armstrong und Anne Willkomm 2014 einen Sieg beim Europacup im Doppel.
Die größten und wichtigsten nationalen Turniere sind nach den Deutschen Meisterschaften beziehungsweise German Masters die drei Weltranglistenturniere Bull‘s German Open (Bochum), German Gold Cup (Bremen) und Dortmund Open. Die Bull‘s German Open gehören mit knapp 1.600 Teilnehmern im Einzel (Senioren und Junioren) zu den größten Dartsturnieren der Welt.
Seit 2005 ist der Spielbetrieb um eine Bundesliga erweitert worden, die derzeit, in Nord und Süd gesplittet, mit jeweils neun Mannschaften bestückt, an acht Spieltagen ausgetragen wird, um zunächst die Teilnehmer der Bundesligaendrunde zu ermitteln, zu der sich die jeweils besten vier Teams aus Nord und Süd qualifizieren.
Die Struktur des DDV gleicht denen herkömmlicher Verbände, das heißt, die Mitglieder des Dachverbandes sind seine Landesverbände. Die jeweiligen Landes- beziehungsweise Bezirksverbände bilden das Sammelsurium der Vereine der entsprechenden Bundesländer. Im Umkehrschluss heißt das, dass eine interessierte Person einem örtlichen Dartsverein beitritt, dieser ist Teil des entsprechenden Bezirks- beziehungsweise Landesverbandes, der wiederum der Spitze des DDV angeschlossen ist.
„Nur als Mitglied über einen Verein eines Landesverbandes bzw. Bezirksverbandes erhält man die Spielberechtigung für die Teilnahme an nicht offenen DDV-Events, wie beispielsweise German Masters, Pokalspiele oder Bundesliga“, unterstreicht der ehemalige Präsident des DDV, Johann Peltzer und hebt zudem hervor, „dass ansonsten alle DDV-/WDF-Ranglistenturniere offen sind. Allerdings gibt es nur Ranglistenpunkte, wenn man gemeldeter Vereinsspieler ist.“
Bei den nationalen Meisterschaften haben sowohl im DDV als auch DSAB die Disziplinen Damen- und Herren-Einzel 501 D.O., auf der einen Seite als German Masters, auf der anderen als 64er-Feld respektive 128er-Feld ausgelobt, eine ganz besondere Tradition, bilden sie doch in wettkampfsportlicher Hinsicht die Grundsteine beider Meisterschaften. Hierbei fällt auf, dass die Spieler Dieter Schutz (1988 und 1990), Bernhardt Willert (1992 und 1993), Michael Rosenauer (1989 und 2006) sowie Kevin Münch (2010 und 2016) in beiden Verbänden zu Meisterehren gekommen sind.
Bei den Damen trifft dies nur auf Marene Westermann (2006 sowie 2006, 2008 und 2013) zu, die geschlechterübergreifend auch die Einzige ist, die sich in ein und demselben Jahr, nämlich 2006, nicht nur als Beste im DDV, sondern auch im DSAB präsentieren konnte.
Ein schöner Nebeneffekt ergibt sich aus der Tatsache, dass sich die fünf soeben genannten Akteure in der Bewertung, wie viele zuerst beim DDV und wie viele zuerst beim DSAB den DM-Titel gewinnen konnten, exakt die Waage halten. Das Ergebnis lautet 2,5:2,5. Oh, wie schön ist die Dartswelt!
2.5BERND HEBECKER – DEUTSCHLANDS ERSTER DARTSPROFI
Bernd Hebecker heute
Er ist ein Frontier . Womit die Amerikaner respektvoll und löblich der Art von Menschen huldigen, die als Grenzgänger Neuland betreten. Was Bernd Hebecker als wahren Pionier auszeichnet, ist die unumstößliche Tatsache, dass er als erster Profi in der deutschen Dartshistorie zu Buche schlägt, und zwar zwischen 1996 und 1999. Nicht nur das. Bernd Hebecker ist zudem der erste deutsche Akteur gewesen, der sich für die BDO-WM qualifizieren konnte. Leider verlor er 1992 sein Auftaktmatch gegen den Dänen Jann Hoffmann 0:3.
Bereits 1984 hatte Bernd Hebecker bei den World Masters für Furore gesorgt. Bei seinem imposanten internationalen Einstand wurde er nicht nur vom TV-Sender Radio Bremen nach West Kensington begleitet, sondern bezwang, nachdem er sich in den gastlichen Räumen des The Albion , einem sehr traditionsreichen Londoner Pub, warmgespielt hatte, am 7. Dezember in der Rainbow Suite im erlesenen 128er-Feld bei seinem Auftaktmatch überraschend und cool Zigarette rauchend den Schotten Alan Meldrum.
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