IIIHypnotherapeutische Ansätze für die Therapie von Depressionen und Burnout
10 Allgemeine Überlegungen zum hypnotherapeutischen Ansatz bei Depressionen und Burnout
Hypnose als direktiver Ansatz
Nicht angekoppelt, nicht in Kontakt
11 Der ungebetene Hausgast – Das Symptom als Berater
Perspektivenwechsel
12 Die Stellvertreter-Technik
Erweiterung der Stellvertreter-Technik
Kombination der Stellvertreter-Technik mit anderen hypnotherapeutischen Methoden
13 Die Landschaft als Metapher für die Lebenssituation
Erweiterung der Landschaftsmetapher
Larvierte Depressionen
Die Verwendung der Metaphern des Patienten
14 Aufarbeitung belastender Kindheitserfahrungen
Die Rolle, die man im Leben spielt
Erfahrungen von Hilflosigkeit und Überforderung
Familiäre Einschränkungen und Bindungen
Die Bearbeitung von Scham- und Schuldgefühlen
Alte Beziehungs- und Interaktionsmuster
Die Borderline-Störung
Was bringt die Borderline-Diagnose?
Nachholen von nicht gemachten Erfahrungen
15 Die Erfahrung, kompetent zu sein, das eigene Leben zu gestalten
Selbstachtung und Selbstbewusstsein
Depressionen und ein ruiniertes Selbstwertgefühl
Therapeutisches Vorgehen zur Entwicklung einer Kompetenzerfahrung
Fehlentscheidungen und faule Kompromisse
16 Geschichten, Metaphern, Symbole, Gedichte und Filme
Die Nutzung von Geschichten, Metaphern und Symbolen
Einleuchtende Metaphern
Struktur einer passenden Geschichte
Geschichten beiläufig erzählen
Geschichten in Trance erzählen
Die Metapher des Patienten aufgreifen
Geschichten, Erzählungen oder Gedichte verändern
Erzählungen, die das Unbewusste erreichen
Symbole nutzen
Was sich reimt, überzeugt
Filme in der Psychotherapie
17 Nutzen von Ressourcen
Wie funktioniert die hypnotherapeutische Arbeit mit Ressourcen?
Ressourcen leihen – Mamma mia, was für ein Theater
Die »weise Person« als Ressource
18 Zukunftsorientierung und Veränderungsbereitschaft
Die Arbeit mit Zeitprogression
Schlafstörungen
Das bequeme, komfortable Elend
Fördern von Veränderungsbereitschaft
Anwendung der Technik für die Persönlichkeitsentwicklung
Nachwort
Literatur
Über den Autor
Vorwort von Gunther Schmidt
Zum Thema »Therapie von Depressionen und Burnout« gibt es inzwischen eine Flut von Publikationen. Kein Wunder, bedenkt man die in den letzten Jahrzehnten geradezu epidemische Zunahme von Beschwerden, die mit diesen Etikettierungen versehen werden. Da könnte man verstehen, wenn jemand sich fragt, wozu dann noch ein Buch wie dieses hier? Aus meiner Sicht stellt diese Arbeit von Ortwin Meiss einen regelrechten Glücksfall für das psychotherapeutische Arbeitsfeld dar. Ich bin sehr froh, dass er sich durchgerungen hat, seine vielfältigen Erfahrungen und seine herausragende Kompetenz in der Arbeit mit diesen Themen auch schriftlich verfügbar zu machen. Das Buch ist ein reicher Schatz vielfältiger hilfreicher Ideen und Beispiele für Selbstwirksamkeit und für Empowerment der Klienten (und der Therapeuten und Berater, die mit ihnen arbeiten). Alleine die vielen wunderbaren therapeutischen Metaphern machen das Buch schon zur lohnenden Lektüre.
Ich finde es ausgesprochen wohltuend, dass der Autor nicht in die übliche Routine einstimmt und »Störungen« und Probleme ausschließlich als Ergebnis vergangener Erfahrungen betrachtet, insbesondere der Kindheit. Natürlich können diese wichtig sein, aber Ortwin Meiss zeigt deutlich, dass auch die Erfahrungen, die man nicht hat machen können, besonders belastend wirken können. In vielen Arbeiten habe ich belegt, dass die Vergangenheit nicht die Erlebnis-Wirkung in der Gegenwart bestimmt, sondern dafür nur eine – wenn auch oft starke – Einladung ist. Die Gestaltung der Gegenwart bestimmt, welche Wirkung man vergangenen Erfahrungen (und Zukunftsfantasien) erlaubt. Und die Gegenwart kann variabel gemacht werden, wie auch immer die Vergangenheit war. Dieses Buch bietet auch dafür viele anschauliche und ermutigende Belege.
Es ist mir auch deshalb eine Freude, dieses Vorwort zu schreiben, weil ich Ortwin Meiss in seiner Arbeit unter allen Experten im Feld der ericksonschen Hypnotherapie als am meisten übereinstimmend erlebe mit den hypnosystemischen Kompetenz-Konzepten, für die ich stehe.
Die meisten Veröffentlichungen zum Thema Depression und auch zu Burnout orientieren sich an Pathologie-Hypothesen. Wer eine Depression entwickelt, gilt als krank, oft auch als schwach, unfähig, voller Defizite, die meist in linear-kausaler Weise aus Erfahrungen der Vergangenheit erklärt werden, wenn sie sich an tiefenpsychologischen oder verhaltenstherapeutischen Modellen orientieren. Dadurch, dass sich die biologische Psychiatrie in den letzten 25 Jahren die Deutungshoheit für »psychische Störungen« erkämpfen konnte, haben auch Hypothesen über Stoffwechseldefekte bei den Betroffenen mehr und mehr Einfluss gewonnen. Die typischen Schlussfolgerungen aus diesen Hypothesen, die zumeist als »Wahrheit« angeboten werden, sind lange Zeiten von Psychotherapie und auch von »Psychoedukation« oder intensive Medikation mit Antidepressiva, die von vielen als »unverzichtbar« bezeichnet werden. Durch die Meta-Untersuchungen von Irving Kirsch (Antidepressants – The Emperor’s New Drugs?) wissen wir inzwischen allerdings, dass Antidepressiva durchaus kritisch betrachtet werden sollten, denn wenn man die Ergebnisse aller Studien zu ihrer Wirksamkeit nimmt (d. h. nicht nur die von der Pharmaindustrie veröffentlichten, sondern auch diejenigen, die wegen schlechter Ergebnisse unter Verschluss gehalten wurden), so zeigt sich, dass Antidepressiva nicht wirksamer sind als beispielsweise Placebos. Ortwin Meiss liefert hierzu differenzierte und sehr sachverständige Überlegungen.
Nach meiner klinischen Erfahrung verstärken diese defizitfokussierenden Konzepte bei vielen Menschen, die an Beschwerden leiden, die »Depression« genannt werden, das Erleben, ausgelieferte, ohnmächtige und inkompetente Opfer unwillkürlicher Prozesse zu sein. Ich nenne diese Phänomene absichtlich nicht »Depression«, denn aus hypnosystemischer Sicht stellt dieser Begriff keine Wahrheit dar, sondern eine aus ihren relevanten Kontexten gerissene Verdinglichung. Sie wirkt sehr oft als eine Realitätskonstruktion, die suggestiv den Eindruck erwecken kann, Betroffene seien immer so, sie »hätten« eine Depression (wie einen Gegenstand oder wie eine genetische »Eigenschaft«, z. B. eine grüne Augenfarbe). Alle Erfahrungsmuster, Erlebnisepisoden, in denen jemand auch anderes erlebt, eher hilfreiche Prozesse etwa, werden dann aus dem Fokus der Wahrnehmung ausgeblendet. Nun kann aber als gesichertes Wissen aus der Neurobiologie, der Hypnotherapie und der hypnosystemischen Arbeit angesehen werden, dass jedes Erleben das Ergebnis von Prozessen der Aufmerksamkeitsfokussierung ist. Erleben steht also nie konstant fest, sondern wird im wortwörtlichen Sinn immer wieder aktuell neu erzeugt, nicht nur bewusst-willentlich, sondern auch auf unwillkürlicher, oft auch unbewusster Ebene. Diese Ebene des Erlebens wirkt besonders stark und schnell. Daraus ergibt sich für mich die ethische Pflicht, alle Kommunikationsprozesse im Umgang mit Betroffenen wie auch untereinander in der »professional community« so zu gestalten, dass jedes möglicherweise hilfreiche Erfahrungspotenzial der leidenden Menschen, jede ihrer denkbaren (auch »schlummernden«) Kompetenzen intensiv in den Fokus der Aufmerksamkeit gerückt wird. So können viele Kompetenzen, die den Betroffenen überhaupt nicht mehr bewusst sind, die aber in ihrem unbewussten »Erfahrungsrepertoire« noch gespeichert sind, wieder aktiviert werden.
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