Er schwieg so lange, dass ich mich zu ihm herumdrehte.
„Ja. Ich bin viel stärker als die meisten Krieger. Die Implantate beschleunigen auch meine Reaktionszeit.“ Er blickte mich mit verwirrtem Gesicht an. „Du stellst merkwürdige Fragen. Fürchtest du mich nicht?“
Ich verschluckte mich fast vor Lachen. Ich saß in seinem Wagen, nachdem ich bereits von einem gruseligen Alien-Monster angeschossen und verfolgt worden war, das mich umbringen wollte. „Du bist das Harmloseste, das mir seit Tagen passiert ist.“
Er runzelte die Stirn, und ich wandte mich ab und sah den Bäumen beim Vorbeirauschen an meinem Fenster zu.
Na toll. Natürlich hatte ich ihn irgendwie beleidigt. Ich kannte ihn gerade mal zehn Minuten lang, und schon war ich ins Fettnäpfchen getreten. Er hatte mich schon einmal abgewiesen. Warum war er jetzt hier? Bevor ich gestrandet auf dem Untersuchungstisch im Abfertigungszentrum zurückgelassen worden war, weil mein Transport verweigert wurde, hätte ich Aufregung und Vorfreude verspürt, wäre gespannt darauf gewesen, ihn kennenzulernen. Aber nun? Ich verspürte keine Erleichterung. Oder Hoffnung. Ich fühlte mich gekränkt. Verraten.
Warum mich jetzt holen? Was war anders? Hatte er niemand Besseren gefunden? Ich wollte die Antwort, aber mein Stolz hielt mich davon ab, die Frage zu stellen. Nicht nur war er hier, aber wer zum Teufel war dieser Ander? Ein Sekundär? Was sollte das überhaupt heißen? Und warum war Ander, dieser fremde Alien-Mann, so besessen von mir—ich war dem Außerirdischen nie zuvor begegnet—dass er bereit war, für mich zu töten und damit anzugeben?
Was mich noch mehr störte: warum zum Teufel machte mich das so scharf? Normalerweise stand ich nicht auf He-Man-Kerle. Verdammt, ich ging eigentlich gar nicht aus. Normalerweise war ich vollkommen zufrieden damit, mich um mich selbst zu kümmern. Meiner Erfahrung nach waren Männer zu selbstverliebt, um mit einer starken Frau zurechtzukommen. Sie wollten weinerliche, affektierte Schulmädchen, die sie betatschten und ihnen sagten, wie toll sie im Bett waren, wie stark und gutaussehend und all das andere ständige Lobpreisen, das schwachköpfige Männer anscheinend ständig zu hören brauchten.
Dafür hatte ich keine Zeit. Ich war vier Jahre lang Soldatin gewesen. Mein Vater war Polizist gewesen und bei einem schiefgelaufenen Drogendeal umgekommen, als ich sechzehn war. Meine Mutter war vier Jahre später an Krebs gestorben. Ich war ohne Geschwister und ohne Scheuklappen aufgewachsen. Ich wusste, wer ich war, und ich war nicht die Art von Frau, für die ein Mann—oder ein Alien—quer durch die Galaxis reiste. Verdammt, noch kein Mann war für mich quer durch die Stadt gefahren. Meine Eltern hatten in der Realität gelebt. Ich wusste über Drogen, Prostitution und Korruption Bescheid, bevor ich zehn war. Deswegen wusste ich auch so genau, wie wichtig der Kampf für Gerechtigkeit überhaupt war.
Ohne gute Menschen, die für diese Welt kämpften, würde sie schnurstracks zur Hölle fahren. Ich konnte die Korruption sehen, das Böse, das am Gefüge unserer Gesellschaft nagte. Zu wissen, dass es Männer wie Clyde gab, die es nur noch schlimmer machten, ließ mich vor Wut und Frust kochen. Ich war eine Kämpferin gewesen. Ich hatte Drogengeldern hinterhergeforscht, hatte Enthüllungsartikel über Korruption auf allen Ebenen geschrieben und mich geweigert, mich kaufen zu lassen.
Mein Lohn dafür? Mir war ein Verbrechen in die Schuhe geschoben worden, ich wurde verurteilt und zur Strafe lebenslang als Braut an einen Alien-Krieger verkauft, dem ich noch nie begegnet war.
Bis selbst der mich verdammt noch mal nicht wollte. Ja, ich war seltsam. Rechthaberisch. Dickköpfig. Zu groß, zu dick und zu direkt. Ich war zur Armee gegangen, um zu lernen, wie ich meinen Körper zum Kämpfen einsetzen konnte, und zur Uni, um zu lernen, wie ich mein Hirn zum Kämpfen einsetzen konnte. Ich spielte niemandem falsche Freundlichkeiten vor, log nicht und ließ mir keinen Scheiß von Männern gefallen. Niemals.
Dann taucht plötzlich dieser Kerl auf, spielt sich mit seinem Kumpel auf wie Neandertaler, sie erscheinen wie aus dem Nichts, um mich vor den Bösewichten zu retten, und davon werde ich ganz geil und feucht?
Was zum Geier war los mit mir? Ich brauchte keinen Mann als großen Retter. Ich brauchte überhaupt keinen Mann. Nicht einmal für Sex, nicht, wenn mein getreuer Vibrator seine Aufgabe gut erfüllte. Bis auf diesen Kuss...
„Ich werde langsam verrückt.“
„Du bist verletzt und stehst unter Schock. Sorge dich nicht, Gefährtin, dein Verstand ist intakt.“
Na dann , Mister Scharfer Alien-Mann. „Du nimmst wohl alles wörtlich.“
„Ich verstehe diese Bemerkung nicht.“
„Egal. Was genau waren diese Dinger eigentlich?“ Ich drehte meinen Kopf wieder herum und öffnete die Augen, um mir den Mann anzusehen, der mich vor einer sicheren Gefangennahme gerettet hatte. Sein Gesicht war ausdrucksstark, seine Züge ein klein wenig kantiger als die eines Menschen sein würden, aber keineswegs weniger ansprechend. Er füllte den beschränkten Raum im Auto aus wie ein Berg, der in einen Fingerhut gezwängt wurde, aber er hatte das Auto mit einer Gewandtheit unter Kontrolle, die mich faszinierte, da ich mir sicher sein konnte, dass er noch nie zuvor ein Auto gefahren hatte, bevor er zur Erde kam.
Ganz abgesehen davon, dass der Anblick seiner starken Hände Bilder davon heraufbeschwor, wie er sie einsetzen würde, um mich zu berühren, um diese langen Finger in meinen Körper zu schieben und mich damit zum Kommen zu bringen. Und dieser Kuss? Ich wollte mehr. Heilige Kacke, jede Frau, die bei Sinnen war, würde mehr wollen. Er war groß und hart und rief Gefühle in mir hervor, die ich nicht kannte, wie etwa Ehrfurcht. Respekt. Und er war zum Teil eine Maschine. So, wie er davon gesprochen hatte, dass er vom Hive gefangen genommen und irgendwelchen Experimenten unterzogen worden war, hieß das, dass er jetzt und für immer teilweise eine Maschine war. Der Gedanke daran war verrückt.
Und trotzdem war er umwerfend gutaussehend. Muskulös und riesig, groß genug, dass ich mir vorstellen könnte, dass er mit bloßen Händen einen Grizzlybären bezwingen könnte. Der seltsame Schimmer auf Teilen seiner Haut wirkte wie ein Lockmittel auf meine Finger. Ich wollte es berühren, ihn erkunden und die Unterschiede an seinem Körper vergleichen, das Gewebe schmecken, das ihn stärker und schneller als die anderen seiner Art machte. Der Hive hatte vielleicht versucht, eine Waffe zu erschaffen, die sie nutzen konnten, aber stattdessen hatten sie sich einen gefährlichen Gegner geschaffen.
Und das brachte mich dazu, dass ich in seinen Schoß kriechen und mein eigenes Revier abstecken wollte. Der Gedanke daran, dass er eine andere Frau berühren könnte, sie in den Armen tragen, ihr schwören, für sie zu töten, sie zu beschützen, davon sprechen, sie zu ficken... dabei sah ich rot. Ich war mir noch nicht sicher, was ich von ihm wollte. Aber der Gedanke daran, dass eine andere Frau ihn berühren könnte, war absolut inakzeptabel.
Abgesehen von meiner Reaktion auf seine höllisch sexy Erscheinung und Größe, die mich dank der feuchten Hitze in meinem Höschen als völlig oberflächlich enttarnte, seicht und notgeil... fühlte ich mich bei ihm geborgen.
Ich fühlte mich bei ihm sicher und geschützt, so wie ich mich bei meinem Vater vor seinem Tod gefühlt hatte. Und dann, nachdem er niedergeschossen wurde, lernte ich meine erste harte Wahrheit—dass niemand jemals sicher war, und dass kein Mann je stark genug sein würde, mich zu beschützen. Also unterdrückte ich diese Gefühle, die er hervorrief, denn ich brauchte keinen Mann. Das war mein Mantra. Ich brauchte keinen Mann.
Zum Glück fing Nial zu sprechen an, denn während ich darüber nachdachte, wie sehr ich keinen Mann brauchte, war meine Libido damit beschäftigt, sich zu überlegen, wie ich an den nächsten dieser verdammt scharfen und außerirdisch guten Küsse geraten könnte. Meine Pussy wurde wieder feucht bei dem Gedanken daran, da meine Lippen immer noch kribbelten, und ich wusste, dass er es riechen konnte. Ich hatte keine Ahnung, wie, aber seine Nasenflügel bebten, und er drehte sich zu mir herum und seine Augen brannten sich in mich hinein, bevor er sich wieder der Straße zuwandte.
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