„Ja, so kann man es formulieren.“
„Daraus können wir ein paar Schlußfolgerungen ziehen“, sagte Joe. „Die erste ist, daß hinter dem Diebstahl offensichtlich Leute stehen, die sich mit dem Waffenschmuggel nach Lateinamerika befassen.“
„Und die zweite?“
„Daß meine speziellen Kunden in diesem Fall daran beteiligt sind. Angenommen, ich treffe auf einen Verdächtigen, der vor kurzem aus dem Marinekorps in Atlantic City entlassen wurde …“
„Können Sie getrost einen Haftbefehl beantragen“, meinte der Colonel.
*
„Der gute alte Speedy“, sagte Lieutenant Antony Starr und legte die Beine auf den Schreibtisch. „In Brasilien steckt er also. Schau einer an.“
Es war eine Stunde später. Joe war in das Büro von Captain Rowland gefahren, dem Chef der Mordkommission IIc Manhattan. Seit ihren gemeinsamen Tagen in Korea war der Captain sein bester Freund — was man allerdings nicht ohne weiteres erkennen konnte, wenn man ihnen zuhörte.
„Als ich den Namen hörte, dachte ich gleich an dich“, sagte Joe. „Wenn ich mich recht entsinne, hast du zwei Jahre lang vergeblich versucht, den Burschen zu überführen.“
„Was den Umgang mit dir so erfreulich macht, ist deine feine Art, die Mitmenschen an ihre Mißerfolge zu erinnern“, sagte der Captain. „Aber in diesem Fall irrst du. Ich habe Speedy überführt. Ich weiß genau, daß er ein Mörder ist.“
„Nur?“
„Mir fehlen die Beweise.“
„Wie so oft“, grinste Joe.
Der Captain steckte sich eine der dikken Brasil an, die er neuerdings gelegentlich rauchte.
„Du kannst mich gar nicht ärgern“, sagte er. „An Jack Speedy beißt du dir die Zähne aus. Das weiß ich jetzt schon, und darum erschüttern mich deine Bemerkungen überhaupt nicht.“
„Weshalb sollte ich ihn nicht schaffen?“ er kundigte sich Joe.
„Ha“, schnaubte der Captain. „Wenn du dir einbildest, du könntest von mir auf billige Art Informationen bekommen, irrst du dich. Euch Privatdetektive muß man kurzhalten. Wofür kriegt ihr denn die dicken Spesen? Strengt euch gefälligst selbst an.“
„Tom, alter Knabe“, sagte Joe sanft.
„Naja“, sagte der Captain. „Ein paar Tips will ich dir geben. Aus purem Mitleid. Wie du jetzt dasitzt und nicht weißt, wie du den Fall angehst, kannst du einem schon ordentlich leid tun. Also, Jack Speedy ist ein Gangster reinsten Wassers.“
„Nein?“ tat Joe erstaunt.
„Ein paar Jahre hielt er sich in New York auf und faßte jedes Geschäft an, wenn es nur schmutzig genug war.“
„Was, zum Beispiel?“
Rauschgifthandel, Waffenschmuggel, Erpressung, Diebstahl, Mord — du brauchst nur das Strafgesetzbuch durchblättern, und wo du ein Delikt findest, das mit mehr als fünf Dollar Strafe bestraft wird, kannst du getrost einen Haken machen.“
„Du hast aber eine ziemlich schlechte Meinung von ihm.“
„Habe ich auch“, versicherte der Captain grimmig. „Als er seinen ersten Mord beging, kam ich mit ihm in Berührung. Die Kollegen vom Dezernat D hatten einen von Speedys Leuten dahin gebracht, daß er aussagen wollte. Auf dem Weg zum Untersuchungsrichter wurde der Transportwagen überfallen und der Mann ermordet. — Wer, meinst du wohl, steckt dahinter?“
„Nun sag nur nicht, Jack Speedy.“
„Joe, du kannst den Kriminalisten nicht verleugnen“, grinste Tom. „Der Fall trug so eindeutig seine Handschrift, daß man ihn hätte getrost vor Gericht stellen können. Leider ging das nicht. Ich ermittelte also gegen ihn und versuchte, Beweise heranzuschaffen.“
„Und?“
„Ohne Erfolg. Ich heizte ihm ganz schön ein. Ich schaffte es, seine ganze Bande hochgehen zu lassen. Aber Speedy traf ich damit nicht. Keiner wagte es, gegen ihn auszusagen. Die Leute hatten das Beispiel ihres ermordeten Komplizen vor Augen. Und ohne Zeugenaussagen konnte ich nichts gegen ihn unternehmen, Aber immerhin merkte er, daß der Boden in New York zu heiß für ihn geworden war und setzte sich ab. Das war wenigstens ein Teilerfolg.“
„Wußtest du, was er in Brasilien trieb?“
Der Captain schüttelte den Kopf.
„Nein; Du bist der erste, der mir das sagt. Ich wußte nur, daß er eine Menge Geld nach Südamerika gebracht hatte. Aber da unser Material nicht zu einem Haftbefehl ausreichte, konnten wir ihn weder am Überschreiten der Grenze hindern, noch konnten wir Interpol bemühen. Wir haben lediglich den Kellegen in Rio einen vertraulichen Tip gegeben, aber die haben sich bedankt und mitgeteilt, daß Speedy ein großer Strolch sei, wüßten sie auch so. Was sie nicht mitgeteilt haben, ist, daß er ein guter Steuerzahler ist. Das dürfte der Grund sein, weshalb man ihn nicht ausgewiesen hat.“
„Kannst du mir etwas über ihn sagen — ich meine, wie ist er? Welcher Typ?“
Tom überlegte.
„Bullig“, sagte er dann, „drei Querfalten im Nacken, Knollennase, polternd. Ausgesprochene Führernatur, gefährlich intelligent und absolut bedenkenlos, Umgibt sich immer mit einer Garde von Killern. Der Aufenthalt in Brasilien wird ihn nicht gerade zu seinem Vorteil verändert haben.“
„Glaubst du, daß er imstande ist, einen Mann aus persönlichen Motiven fertigzumachen?“
„Du denkst an diesen Gonzales? Nein, das glaube ich nicht. Speedy tut nichts, wenn es nicht zu seinem Vorteil geschieht. Gonzales wird ihm im Wege sein. Das kann ich mir gut vorstellen Speedy ist der geborene Monopolist. Wenn er eine Branche will, will er sie ganz — ohne jede Konkurrenz. Für dieses Ziel ist ihm jedes Mittel recht.“
„Das klingt ja ziemlich vielversprechend“. sagte Joe und blickte auf die Uhr. „Ich muß mich beeilen. Ich fliege heute ab und habe noch eine Menge zu tun.“
„Beneidenswert“, knurrte der Captain und sah zum Fenster hinaus, wo der Regen gleichmäßig auf die Stadt fiel. „Da unten muß es jetzt traumhaft sein — Sonne, Palmen, weißer Strand, braungebrannte Menschen.“
„Ganz besonders die wunderbaren Menschen“, grinste Joe.
„Ich werde mal mit dem Attorney reden“, überlegte Tom. „Eigentlich ermittle ich immer noch gegen Speedy. Wenn es einigermaßen erfolgversprechend aussieht, könnte eine kleine Dienstreise nach Rio drin sein.“
„Ich telegraphiere dir, wenn es soweit ist“, sagte Joe.
„Übernimm dich nicht“, riet ihm Tom. „Dieser Speedy zieht dir das Fell über die Ohren, ehe du nur gelernt hast, was auf spanisch Hände hoch heißt.“
„Womit er völlig recht hätte“, grinste Joe. „In Brasilien spricht man nämlich portugiesisch.“
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