DIESES BUCH IST ZUSPRUCH UND ZUMUTUNG
Deshalb setze ich bewusst auf schonungslose Ehrlichkeit und auf die Kraft von wahren Geschichten. Verschiedene Männer und Frauen erzählen Ihnen ihre Geschichte. Subjektiv. Offen. Von den Dingen, die am meisten wehtun. Sie erzählen von ihrer Krise.
Als Paare und als Einzelpersonen. Denn alle Menschen, die eine Beziehung führen, geführt haben, kämpfen, resignieren oder streiten, sind Einzelstücke. Individuelle Persönlichkeiten, die mit Träumen und auf Wolke sieben in die Ehe oder Beziehung gestartet sind. Um sich wahrhaftig mit dem (scheinbaren) Ende von Beziehungen auseinanderzusetzen und Antworten auf die Fragen nach dem »Warum?«, dem »Wie?« und dem »Und jetzt?« zu suchen, ist das Gespräch mit verschiedenen Menschen wichtig. Nur so wird dieses Thema für eine breitere Öffentlichkeit zugänglich.
Getreu dem Motto »Willst du alle ansprechen, sprichst du niemanden an« nehme ich damit gerne in Kauf, dass dieses Buch unvollkommen und unvollständig bleibt. Es wird Fragen offenlassen und kann an manchen Stellen sehr unbequem und unbefriedigend daherkommen.
Aber weil es keine aussagekräftigen Statistiken über gebrochene Herzen, verletzte Seelen oder zersplittertes Porzellan gibt, kein Bundesamt der Welt emotionale Erhebungen durchführt, die anbahnende (Ehe-)Krisen beleuchten und der eine Trennungs- oder Scheidungsgrund nicht existiert, bin ich überzeugt: Durch persönliche Erfahrungsberichte werde ich diesem Thema viel besser gerecht als durch jede andere Herangehensweise.
Meine Gesprächspartner sind alle mit unterschiedlichen Voraussetzungen in ihre Ehekrisen gelangt, geschlittert oder gerast und mit völlig verschiedenen Erlebnissen und Ergebnissen wieder aufgetaucht.
Aber eines haben alle Menschen, die in diesem Buch vorkommen, gemeinsam: Sie sind mit ihrer Krisensituation nicht leichtfertig umgegangen und haben den Mut bewiesen, ehrlich und selbstkritisch darüber zu berichten.
Und deshalb lesen Sie von …
… Manu, der ganz genau weiß, wie es sich anfühlt, wenn man in der Beziehung nicht mehr geliebt wird. Und wie man die Liebe an sich wiederentdeckt.
… Rita und Björn, die über ihr Scheidungsjahr reden. Und über ein legendäres Kaffeetrinken im Rahmen des Scheidungstermins beim Gericht.
… Reiner, der über zwei gescheiterte Ehen berichtet und sich die Frage stellt, ob Ehen nicht nur von Gott gesegnet starten, sondern ob Beziehungen auch gesegnet sterben können.
… Silke, die als Therapeutin anderen Paaren Tipps in Sachen Beziehung gibt und selbst mit gescheiterten Ehen klarkommen muss.
… Mickey, der als Theologe und Therapeut für Beziehungen anderer Menschen kämpft und selbst schon einen Beziehungskampf verloren hat.
Sie werden meine Fragen beantworten. Sie werden sich selbst als Personen mit hineingeben und keine Theorien zitieren. Und sie sind wahre Fachleute, weil sie hautnah erfahren haben, was eine Scheidung bedeutet. Sie wecken Hoffnung, einfach indem sie berichten. Ungeschminkt und lebensnah.
ES GEHT UM DEN BEZIEHUNGSERFINDER
Ich gehe davon aus, dass Gott der Schöpfer unserer Welt und damit auch von uns Menschen ist. Und damit ist Gott für mich auch der Erfinder von Beziehungen. Ein Blick in entwicklungsreiche Jahrmillionen von Mensch und Materie zeigt mir, dass über vieles vortrefflich diskutiert werden kann, aber nicht darüber, dass die allermeisten Lebewesen auf Gemeinschaft/Beziehung angelegt sind.
Geborgenheit, Liebe, Kreativitätsförderung oder einfach ein gutes Gefühl sind nur die Spitze des Eisbergs, warum Beziehungen uns guttun. Im Kern und in der kleinsten Zelle ist die intimste Form davon die Beziehung zwischen zwei Menschen, die sich lieben und sich bewusst für eine Beziehung aus Liebe entscheiden. Eine Beziehung, die auf Verbindlichkeit aufgebaut ist, damit sie zur vollen Entfaltung kommt.
Die Realität zeigt jedoch, dass die Kraft dieser Liebe scheinbar nicht ausreicht, selbst wenn eine Ehe bewusst unter Gottes Segen gestellt wird.
Ich frage in diesem Buch:
• Ist etwas schiefgelaufen mit der Beziehungsidee Gottes?
• Hat er unser Scheitern einkalkuliert und die einzige wahre Liebe, mit der man alt wird, sowieso nie im Blick gehabt?
• Wie gehen wir Menschen mit dem Thema »Scheidung« am gesündesten um?
• Und: Gibt es nach dem Verliebt – Verlobt – Verheiratet – Geschieden doch noch ein »Wiedergefunden«?
Mit einer Beziehungskrise muss nicht alles vorbei sein. Das Prinzip der Vergebung, der zweiten Chance und zurückkehrenden Liebe ist eine Realität, aber sie funktioniert bei Weitem nicht immer.
MACHEN SIE DAS BITTE MIT SICH PERSÖNLICH AUS
Das ist weder die Einladung zum »Egotrip« noch eine Aufforderung, die Scheuklappen anzulegen und »das eigene Ding« durchzuziehen. Es dient einzig der Sensibilisierung für Ihren Beziehungsausgangspunkt. Und das sind Sie. Beziehungen sind eine sehr persönliche Angelegenheit. Im wahrsten Sinne des Wortes. Die intensivste Beziehung führen Sie mit sich selbst. Das liegt in der Natur der Sache. Sie verbringen ziemlich viel Zeit mit sich und das bietet eine große Angriffsfläche für selbstwertschätzende oder selbstverletzende Maßnahmen.
Nur wenn Sie sich selbst annehmen, im besten Fall sogar mögen (keine Sorge, die wenigsten Menschen stehen in der Gefahr, vor Selbstliebe nur so zu strotzen), sind Sie in einer gesunden Position, auch andere so anzunehmen, wie sie sind und sie zu lieben.
Deshalb geht es in diesem Buch auch um Sie selbst und damit um all die Menschen, die Ihnen etwas bedeuten, und um den, der Sie erschaffen hat und Sie sehr liebt: Gott selbst.
Und für die Selbstbetrachtung werden Sie immer mal wieder mit dem »Prinzip der Heldenreise« konfrontiert. Diese Anleitung, zum Beispiel für Fernseh- und Kinodrehbuchautoren gedacht, lässt sich prima auf das eigene Leben übertragen und hält außerdem die eine oder andere Überraschung parat.
Denn das ist das deutlichste Merkmal einer Heldenreise: Sie ist unberechenbar. Genau wie dieses Buch.
Es müssen noch viel mehr Beziehungsgeschichten erzählt werden. Es müssen noch mehr Fragen zu dem Thema gestellt werden, denn Antworten, die nicht tragen, gibt es genug. Nur wenn wir ehrlich miteinander umgehen, uns stehen lassen, nicht mit dem Finger aufeinander zeigen, uns in unserem Scheitern nicht verurteilen, sondern konstruktiv kommunizieren, kommen wir in ein wertschätzenderes, gemeinsames Leben.
Deshalb lade ich Sie jetzt ein, auf Ihre persönliche Heldenreise zu gehen. Sie lernen verschiedene Heldinnen und Helden, Mentorinnen und Mentoren, Gefahren und Schätze kennen. Mittendrin werden Sie wahrscheinlich einiges bestätigen, anderes hoffentlich kritisch hinterfragen, inspiriert werden und auch das eine oder andere Mal
Schei | ße!!! denken oder laut sagen.
Und genau dann hat sich dieses Buch gelohnt.
[ Zum Inhaltsverzeichnis ] INHALT Über den Autor Tabu Tren|nung – Wie man weiterlebt Wo beginnt Scheidung? Bei der Liebe! Manu – Alles eine Frage des Timings? Der Ruf zum Abenteuer – Ein Zufall? Rita und Björn – Einmal Scheidung und zurück Die Begegnung mit dem Mentor – absichtslose Beratung? Reiner Knieling – Voller Vertrauen gescheitert Ein Leben zwischen Anspruch und Zuspruch Sabine Maier – Eine Ehe oder der Versuch, verheiratet zu sein? Gesellschaftliche Entwicklungen – Was ist richtig und was ist falsch? Mickey Wiese – Es sind die Kleinigkeiten, die eine Ehe zermürben Die Rückkehr mit dem Elixier – Unvollkommen und doch geliebt Anmerkungen
WO BEGINNT SCHEIDUNG? BEI DER LIEBE!
Nun bin ich also »in Sachen Scheidung« unterwegs – und das im wahrsten Sinn des Wortes. Ich sitze im Zug auf dem Weg zu einem Trennungsgespräch der anderen Art. Ich bin weder beteiligt noch habe ich irgendwelche Absichten, diese Beziehung wieder flottzumachen. Denn das wäre vergebliche Liebesmüh. Es wäre zu spät. Den groben Ausgang der Geschichte kenne ich auch schon, zumindest das Endergebnis. Die Beziehung ist gescheitert. Ich bin auf der Spur von Scheidungen. Ich frage, höre zu, protokolliere und mache mir meine eigenen Gedanken.
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