Sechzigerjahre– Bevorzugung einfacher Bauweisen, Zierelemente sehr selten; Mauerwerk in Verbindung mit Betonkonstruktionen; im Mauerverband setzten sich Hohlblocksteine und Hochlochziegel durch. Wärmedämmung und Schallschutz erfuhren mehr Aufmerksamkeit, moderne Heizungsanlagen setzten sich durch, die Kohlefeuerung verschwand allmählich. Erste Kellerdrainagen wurden gelegt.
Siebzigerjahre– Konstruktionen überwiegend in Stahlbetonbauweise ausgeführt, auch bei Einfamilienhäusern und dort bei Kellerwänden, Decken, Balkonen; im Osten Deutschlands Großtafelbauweise für den Massenwohnungsbau. Seit Mitte der Siebzigerjahre verstärkt Gasheizungen und Fernwärmeversorgung. Neben traditioneller Bauweise waren in großem Umfang Fertighäuser und Haustypen aus Betonfertigteilen anzutreffen. Als problematisch können sich der Einbau von asbesthaltigen Werkstoffen und von Dämmmaterialien aus Mineralwolle mit lungengängigen Faserstrukturen sowie die Verwendung gesundheitsschädlicher Holzschutzmittel erweisen. In der DDR überwiegend Massenwohnungsbau in Großtafelbauweise, daneben verstärkt Eigenheim- und Reihenhausbau.
Achtziger- und Neunzigerjahre– Mischbauweisen aus Stahlbeton, Stahl und Glas; neue Baustoffe setzten sich durch; Leichtmauerwerk wie Leichtziegel und Porenbeton. Architektonisch ging man vielfach von streng kubischen Bauten ab und bevorzugte wieder traditionelle Haustypen und Dachformen, gelegentlich mit historistischen Zitaten. Ende der Achtzigerjahre griffen Niedrigenergiebauweisen Raum, und in den Neunzigerjahren wurde das sogenannte Passivhaus immer beliebter.
In der DDR entstanden zwischen 1980 und 1989 circa 130 000 in der Regel stark typisierte Eigenheime und Reihenhäuser. Sie befanden sich nicht nur im privaten Eigentum der Bewohner, sondern unter Umständen auch im genossenschaftlichen oder staatlichen Eigentum.
2000 bis heute– Glas, Stahl und Stahlbeton in Verbindung mit Mauerwerk, zunehmend hochwertige Dämmsysteme, Solarenergieelemente.
Diese Aufstellung der Gebäudearten und Bauepochen gibt nur einen sehr allgemeinen und grob schematisierten Überblick über die tatsächlichen Gebäudearten, auf die Sie stoßen können. In der gebauten Realität wird es oft Mischkonstruktionen geben. Und auch die verschiedenen Bauepochen können einander überlagern.
Für die Beurteilung einer Immobilie gibt es bekanntlich drei Kriterien: erstens die Lage, zweitens die Lage und drittens die Lage. Dieses Bonmot wird sich kaum ein Makler verkneifen können, wenn er Ihnen den Preis für die Wohnung schmackhaft machen will. Wie das mit Allerweltsweisheiten oft so ist – sie haben einen nicht zu leugnenden wahren Kern. Denn die Immobilienpreise stehen mit der Lage der Immobilien in einem sehr direkten Zusammenhang. Wo befindet sich die Wohnung, die zum Ziel Ihrer Wünsche geworden ist? Haben Sie die Lage des Grundstücks bereits analysiert? Und wenn ja, nach welchen Kriterien?
Machen Sie sich zunächst einige der allgemeinen Einflussfaktoren bewusst, die den Wert einer Wohnlage entscheidend mitbestimmen können.
Äußere Erscheinung:Das äußere Erscheinungsbild eines bebauten Grundstücks kann je nach Jahreszeit, Wetterlage und Tageszeit sehr unterschiedlich ausfallen. Maklerfotos werden ein Gebäude daher immer von seiner schönsten Seite im Sommer, bei Sonnenlicht und am besten umgeben von blühenden Sträuchern oder wenigstens mit Blumenkästen geschmückt präsentieren. Die mögliche Beschattung des Grundstücks, etwa durch hohen Baumbewuchs oder durch Nachbargebäude werden Sie selber vor Ort erkennen müssen.
Gefährdungen:Gefahrenpotenzial liegt seltener in Chemiefabriken oder Atomkraftwerken in der Nachbarschaft. Vielmehr kann die geografische Nähe zu Flussläufen Hochwassergefahr bedeuten und Überschwemmungen mit sich bringen. Aber auch die scheinbar sichere Lage in Innenstadtgebieten kann Ihnen in Erdgeschosswohnungen feuchte Überraschungen bereiten, wenn die in Zukunft häufiger erwarteten Starkregen die städtische Kanalisation überfordern.
Siedlungsumfeld:Das Siedlungsumfeld beeinflusst die Bewertung der Lage. Befindet sich das Gebäude in einer Großstadt, in einer Kleinstadt, im Dorf oder in einer ländlichen Region? Liegt es in einem Neubaugebiet oder in einem historisch gewachsenen Wohnviertel? Wie dicht ist das Viertel bebaut? Welche Infrastruktur in unmittelbarer Nähe ist nutzbar? Können Sie sich ein Bild von der Sozialstruktur des Viertels machen?
Altlasten:Viele historische Industriegebäude wurden in den letzten Jahren zu Wohnanlagen umgebaut. Es lohnt sich, wenn Sie sich mit der Geschichte des Wohngebiets und des Grundstücks ein wenig näher befassen. Wenn dabei eine Umnutzung festgestellt wird, sollte man besonders aufmerksam sein. In Deutschland gibt es viele Regionen, die von der Industrialisierung zwischen 1880 und 1960 erfasst wurden. Nach dem Zweiten Weltkrieg ging der Flächenbedarf für Industrie und Gewerbe allmählich zurück und wurde überdies räumlich neu geordnet. Ganze Gewerbezweige verschwanden praktisch vollständig – darunter auch viele Betriebe, die mit umweltbelastenden Substanzen gearbeitet haben. Viele aufgegebene Gewerbeflächen wurden anschließend – manchmal mit langem zeitlichen Abstand – als Bauland ausgewiesen. Wohnanlagen entstanden. Seit 1990 wird außerdem Militärgelände verstärkt wieder in zivile Nutzung genommen. Auch auf diesen Konversionsflächen sollte man sich mit der Frage der Altlasten nicht nur oberflächlich beschäftigen.
Störungen:Störfaktoren können die Wohnqualität beeinträchtigen: viel befahrene Durchgangstraßen in der Nähe, Industriebetriebe und Gewerbehöfe, ein Flughafen, Baugeschehen in der Umgebung. Um Verdachtsmomente auszuschließen oder anderenfalls die Relevanz der Störfaktoren in Bezug auf Ihre Wohnbedürfnisse festzustellen, empfiehlt sich ein Blick über die engere Umgebung hinaus und eine Besichtigung der Wohnanlage nicht nur am Sonntagvormittag.
Wer an den Kauf einer Wohnung zur Eigennutzung denkt, muss seinen eigenen Zeithorizont abschätzen. Und wenn eine Familie in eine Wohnung einzieht, müssen sehr unterschiedliche Standortanforderungen unter einen Hut gebracht werden. Nicht nur das: Auch die unterschiedlichen Lebensalter stellen ihre spezifischen Anforderungen. Besonders wenn verschiedene Generationen zusammenleben. Aber auch die Lebensstadien, die jeder selbst durchläuft, können die Wohnbedürfnisse verändern. Wie werden Sie sich als Wohnungseigentümer fühlen, wenn Ihre Kinder erwachsen sind und zum Studium oder zur Arbeit „ausgeflogen“ sind? Welche Anforderungen an Barrierefreiheit müssten erfüllt sein, wenn Sie als Eigentümer das Seniorenalter erreichen? Ist das Leben in der Großstadt dann immer noch die bessere Option, oder würde man dann eher ländliche Ruhe bevorzugen? Haben Sie umgekehrt die Entscheidung, in die Stadt zu ziehen, vielleicht in Ihren „besten Jahren“ schon im Hinblick auf den kommenden Ruhestand getroffen? Wenn Sie aus beruflichen Gründen in die Stadt gezogen sind, fragen Sie sich: Bietet der Standort selbst dann noch die Vorteile, wenn Sie Ihre berufliche Laufbahn beendet haben?
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