1 ...6 7 8 10 11 12 ...18 Besuche nun mich, wie du magst.
Hier ist das Fenster, hier die Türe,
Ein Rauchfang ist dir auch gewiss.
mephistopheles . Gesteh ichs nur! Dass ich hinausspaziere,
Verbietet mir ein kleines Hindernis:
Der Drudenfuss auf Eurer Schwelle –
faust . Das Pentagramma macht dir Pein?
Ei, sage mir, du Sohn der Hölle:
Wenn das dich bannt, wie kamst du denn herein?
Wie ward ein solcher Geist betrogen?
mephistopheles . Beschaut es recht! es ist nicht gut gezogen:
Der eine Winkel, der nach aussenzu,
Ist, wie du siehst, ein wenig offen.
faust . Das hat der Zufall gut getroffen!
Und mein Gefangner wärst denn du?
Das ist von ungefähr gelungen!
mephistopheles . Der Pudel merkte nichts, als er hereingesprungen!
Die Sache sieht jetzt anders aus:
Der Teufel kann nicht aus dem Haus.
faust . Doch warum gehst du nicht durchs Fenster?
mephistopheles . ’s ist ein Gesetz der Teufel und Gespenster:
Wo sie hereingeschlüpft, da müssen sie hinaus.
Das erste steht uns frei, beim zweiten sind wir Knechte.
faust . Die Hölle selbst hat ihre Rechte?
Das find ich gut, da liesse sich ein Pakt,
Und sicher wohl, mit euch, ihr Herren, schliessen?
mephistopheles . Was man verspricht, das sollst du rein geniessen,
Dir wird davon nichts abgezwackt.
Doch das ist nicht so kurz zu fassen,
Und wir besprechen das zunächst;
Doch jetzo bitt ich hoch und höchst,
Für dieses Mal mich zu entlassen.
faust . So bleibe doch noch einen Augenblick,
Um mir erst gute Mär zu sagen!
mephistopheles . Jetzt lass mich los! ich komme bald zurück:
Dann magst du nach Belieben fragen.
faust . Ich habe dir nicht nachgestellt,
Bist du doch selbst ins Garn gegangen.
Den Teufel halte, wer ihn hält!
Er wird ihn nicht so bald zum zweiten Male fangen.
mephistopheles . Wenn dirs beliebt, so bin ich auch bereit,
Dir zur Gesellschaft hierzubleiben;
Doch mit Bedingnis, dir die Zeit
Durch meine Künste würdig zu vertreiben.
faust . Ich seh es gern, das steht dir frei;
Nur dass die Kunst gefällig sei!
mephistopheles . Du wirst, mein Freund, für deine Sinnen
In dieser Stunde mehr gewinnen
Als in des Jahres Einerlei.
Was dir die zarten Geister singen,
Die schönen Bilder, die sie bringen,
Sind nicht ein leeres Zauberspiel.
Auch dein Geruch wird sich ergetzen,
Dann wirst du deinen Gaumen letzen,
Und dann entzückt sich dein Gefühl.
Bereitung braucht es nicht voran:
Beisammen sind wir, fanget an!
geister
Schwindet, ihr dunkeln |
Flatternde Bänder |
Wölbungen droben! |
Decken die Länder, |
Reizender schaue |
Decken die Laube, |
Freundlich der blaue |
Wo sich fürs Leben, |
Äther herein! |
Tief in Gedanken, |
Wären die dunkeln |
Liebende geben. |
Wolken zerronnen! |
Laube bei Laube! |
Sternelein funkeln, |
Sprossende Ranken! |
Mildere Sonnen |
Lastende Traube |
Scheinen darein. |
Stürzt ins Behälter |
Himmlischer Söhne |
Drängender Kelter; |
Geistige Schöne, |
Stürzen in Bächen |
Schwankende Beugung |
Schäumende Weine, |
Schwebet vorüber; |
Rieseln durch reine, |
Sehnende Neigung |
Egle Gesteine, |
Folget hinüber. |
Lassen die Höhen |
Und der Gewänder |
Hinter sich liegen, |
Breiten zu Seen |
Tanzende schauen, |
Sich ums Genügen |
Die sich im Freien |
Grünender Hügel. |
Alle zerstreuen. |
Und das Geflügel |
Einige klimmen |
Schlürfet sich Wonne, |
Über die Höhen, |
Flieget der Sonne, |
Andere schwimmen |
Flieget den hellen |
Über die Seen, |
Inseln entgegen, |
Andere schweben: |
Die sich auf Wellen |
Alle zum Leben, |
Gauklend bewegen, |
Alle zur Ferne |
Wo wir in Chören |
Liebender Sterne, |
Jauchzende hören, |
Seliger Huld. |
Über den Auen |
|
mephistopheles. Er schläft! So recht, ihr luftgen, zarten Jungen!
Ihr habt ihn treulich eingesungen!
Für dies Konzert bin ich in eurer Schuld.
Du bist noch nicht der Mann, den Teufel festzuhalten!
Umgaukelt ihn mit süssen Traumgestalten,
Versenkt ihn in ein Meer des Wahns!
Doch dieser Schwelle Zauber zu zerspalten,
Bedarf ich eines Rattenzahns.
Nicht lange brauch ich zu beschwören:
Schon raschelt eine hier und wird sogleich mich hören.
Der Herr der Ratten und der Mäuse,
Der Fliegen, Frösche, Wanzen, Läufe
Befiehlt dir, dich hervorzuwagen
Und diese Schwelle zu benagen,
So wie er sie mit Öl betupft –
Da kommst du schon hervorgehupft!
Nur frisch ans Werk! Die Spitze, die mich bannte,
Sie sitzt ganz vornen an der Kante.
Noch einen Biss, so ists geschehn! –
Nun, Fauste, träume fort, bis wir uns wiedersehn!
faust erwachend. Bin ich denn abermals betrogen?
Verschwindet so der geisterreiche Drang,
Dass mir ein Traum den Teufel vorgelogen
Und dass ein Pudel mir entsprang?
Faust, Mephistopheles
faust . Es klopft? Herein! Wer will mich wieder plagen?
mephistopheles . Ich bins.
faust . Herein!
mephistopheles . Du musst es dreimal sagen.
faust . Herein denn!
mephistopheles . So gefällst du mir!
Wir werden, hoff ich, uns vertragen;
Denn dir die Grillen zu verjagen,
Bin ich als edler Junker hier:
In rotem, goldverbrämtem Kleide,
Das Mäntelchen von starrer Seide,
Die Hahnenfeder auf dem Hut,
Mit einem langen, spitzen Degen –
Und rate nun dir kurz und gut,
Dergleichen gleichfalls anzulegen,
Damit du, losgebunden, frei,
Erfahrest, was das Leben sei.
faust . In jedem Kleide werd ich wohl die Pein
Des engen Erdelebens fühlen.
Ich bin zu alt, um nur zu spielen,
Zu jung, um ohne Wunsch zu sein.
Was kann die Welt mir wohl gewähren?
Entbehren sollst du! sollst entbehren!
Das ist der ewige Gesang,
Der jedem an die Ohren klingt,
Den, unser ganzes Leben lang,
Uns heiser jede Stunde singt.
Nur mit Entsetzen wach ich morgens auf,
Ich möchte bittre Tränen weinen,
Den Tag zu sehn, der mir in seinem Lauf
Nicht Einen Wunsch erfüllen wird, nicht Einen,
Der selbst die Ahnung jeder Lust
Mit eigensinnigem Krittel mindert,
Die Schöpfung meiner regen Brust
Mit tausend Lebensfratzen hindert.
Auch muss ich, wenn die Nacht sich niedersenkt,
Mich ängstlich auf das Lager strecken:
Auch da wird keine Rast geschenkt,
Mich werden wilde Träume schrecken.
Der Gott, der mir im Busen wohnt,
Kann tief mein Innerstes erregen;
Der über allen meinen Kräften thront,
Er kann nach aussen nichts bewegen:
Und so ist mir das Dasein eine Last,
Der Tod erwünscht, das Leben mir verhasst.
mephistopheles . Und doch ist nie der Tod ein ganz willkommner Gast.
faust . O selig der, dem er im Siegesglanze
Die blutgen Lorbeern um die Schläfe windet,
Den er, nach rasch durchrastem Tanze,
In eines Mädchens Armen findet!
O wär ich vor des hohen Geistes Kraft
Entzückt, entseelt dahingesunken!
mephistopheles . Und doch hat jemand einen braunen Saft,
Читать дальше