In diesem Kerker welche Seligkeit!
Er wirft sich auf den ledernen Sessel am Bette
O nimm mich auf, der du die Vorwelt schon
Bei Freud und Schmerz im offnen Arm empfangen!
Wie oft, ach! hat an diesem Väterthron
Schon eine Schar von Kindern rings gehangen!
Vielleicht hat, dankbar für den heilgen Christ,
Mein Liebchen hier, mit vollen Kinderwangen,
Dem Ahnherrn fromm die welke Hand geküsst.
Ich fühl, o Mädchen, deinen Geist
Der Füll und Ordnung um mich säuseln,
Der mütterlich dich täglich unterweist,
Den Teppich auf den Tisch dich reinlich breiten heisst,
Sogar den Sand zu deinen Füssen kräuseln.
O liebe Hand! so göttergleich!
Die Hütte wird durch dich ein Himmelreich.
Und hier!
Er hebt einen Bettvorhang auf
Was fasst mich für ein Wonnegraus!
Hier möcht ich volle Stunden säumen.
Natur, hier bildetest in leichten Träumen
Den eingebornen Engel aus!
Hier lag das Kind, mit warmem Leben
Den zarten Busen angefüllt,
Und hier mit heilig-reinem Weben
Entwirkte sich das Götterbild!
Und du? Was hat dich hergeführt?
Wie innig fühl ich mich gerührt!
Was willst du hier? Was wird das Herz dir schwer?
Armselger Faust, ich kenne dich nicht mehr!
Umgibt mich hier ein Zauberduft?
Mich drangs, so grade zu geniessen,
Und fühle mich in Liebestraum zerfliessen!
Sind wir ein Spiel von jedem Druck der Luft?
Und träte sie den Augenblick herein,
Wie würdest du für deinen Frevel büssen!
Der grosse Hans, ach, wie so klein!
Läg, hingeschmolzen, ihr zu Füssen. –
mephistopheles . Geschwind! ich seh sie unten kommen.
faust . Fort! fort! Ich kehre nimmermehr!
mephistopheles . Hier ist ein Kästchen, leidlich schwer;
Ich habs woanders hergenommen.
Stellts hier nur immer in den Schrein!
Ich schwör Euch, ihr vergehn die Sinnen:
Ich tat Euch Sächelchen hinein,
Um eine andre zu gewinnen!
Zwar Kind ist Kind, und Spiel ist Spiel.
faust . Ich weiss nicht: soll ich?
mephistopheles . Fragt Ihr viel?
Meint Ihr vielleicht den Schatz zu wahren?
Dann rat ich Eurer Lüsternheit,
Die liebe, schöne Tageszeit
Und mir die weitre Müh zu sparen.
Ich hoff nicht, dass Ihr geizig seid!
Ich kratz den Kopf, reib an den Händen,
Er stellt das Kästchen in den Schrein und drückt das Schloβss wieder zu
– Nur fort! geschwind! –
Um Euch das süsse, junge Kind
Nach Herzens Wunsch und Will zu wenden,
Und Ihr seht drein,
Als solltet Ihr in den Hörsaal hinein,
Als stünden grau-leibhaftig vor Euch da
Physik und Metaphysika!
Nur fort! Ab.
margarete mit einer Lampe
Es ist so schwül, so dumpfig hie,
Sie macht das Fenster auf
Und ist doch eben so warm nicht drauss.
Es wird mir so, ich weiss nicht wie –
Ich wollt, die Mutter käm nach Haus!
Mir läuft ein Schauer übern ganzen Leib –
Bin doch ein töricht-furchtsam Weib!
Sie fängt an zu singen, indem sie sich auszieht
Es war ein König in Thule,
Gar treu bis an das Grab,
Dem sterbend seine Buhle
Einen goldnen Becher gab.
Es ging ihm nichts darüber,
Er leert ihn jeden Schmaus;
Die Augen gingen ihm über,
So oft er trank daraus.
Und als er kam zu sterben,
Zählt er seine Städt im Reich,
Gönnt alles seinem Erben,
Den Becher nicht zugleich.
Er sass beim Königsmahle,
Die Ritter um ihn her,
Auf hohem Vätersaale,
Dort auf dem Schloss am Meer.
Dort stand der alte Zecher,
Trank letzte Lebensglut,
Und warf den heiligen Becher
Hinunter in die Flut.
Er sah ihn stürzen, trinken,
Und sinken tief ins Meer,
Die Augen täten ihm sinken,
Trank nie einen Tropfen mehr.
Sie eröffnet den Schrein, ihre Kleider einzuräumen, und erblickt das Schmuckkästchen
Wie kommt das schöne Kästchen hier herein?
Ich schloss doch ganz gewiss den Schrein.
Es ist doch wunderbar! Was mag wohl drinne sein?
Vielleicht brachts jemand als ein Pfand,
Und meine Mutter lieh darauf.
Da hängt ein Schlüsselchen am Band:
Ich denke wohl, ich mach es auf!
Was ist das? Gott im Himmel! Schau,
So was hab ich mein Tage nicht gesehn!
Ein Schmuck! Mit dem könnt eine Edelfrau
Am höchsten Feiertage gehn.
Wie sollte mir die Kette stehn?
Wem mag die Herrlichkeit gehören?
Sie putzt sich damit auf und tritt vor den Spiegel
Wenn nur die Ohrring meine wären!
Man sieht doch gleich ganz anders drein.
Was hilft Euch Schönheit, junges Blut?
Das ist wohl alles schön und gut,
Allein man lässts auch alles sein;
Man lobt Euch halb mit Erbarmen.
Nach Golde drängt,
Am Golde hängt
Doch alles! Ach, wir Armen!
Faust in Gedanken auf und ab gehend. Zu ihm Mephistopheles
mephistopheles . Bei aller verschmähten Liebe! Beim höllischen
Elemente!
Ich wollt, ich wüsste was Ärgers, dass ichs fluchen könnte!
faust . Was hast? was kneipt dich denn so sehr?
So kein Gesicht sah ich in meinem Leben!
mephistopheles . Ich möcht mich gleich dem Teufel übergeben,
Wenn ich nur selbst kein Teufel wär!
faust . Hat sich dir was im Kopf verschoben?
Dich kleidets, wie ein Rasender zu toben!
mephistopheles . Denkt nur: den Schmuck, für Gretchen angeschafft,
Den hat ein Pfaff hinweggerafft! –
Die Mutter kriegt das Ding zu schauen,
Gleich fängts ihr heimlich an zu grauen:
Die Frau hat gar einen feinen Geruch,
Schnuffelt immer im Gebetbuch
Und riechts einem jeden Möbel an,
Ob das Ding heilig ist oder profan
Und an dem Schmuck da spürt sies klar,
Dass dabei nicht viel Segen war.
„Mein Kind“, rief sie, „ungerechtes Gut
Befängt die Seele, zehrt auf das Blut.
Wollens der Mutter Gottes weihen,
Wird uns mit Himmelsmanna erfreuen!“
Margretlein zog ein schiefes Maul;
Ist halt, dacht sie, ein geschenkter Gaul,
Und wahrlich! gottlos ist nicht der,
Der ihn so fein gebracht hierher.
Die Mutter liess einen Pfaffen kommen;
Der hatte kaum den Spass vernommen,
Liess sich den Anblick wohl behagen.
Er sprach: „So ist man recht gesinnt!
Wer überwindet, der gewinnt.
Die Kirche hat einen guten Magen,
Hat ganze Länder aufgefressen
Und doch noch nie sich übergessen;
Die Kirch allein, meine lieben Frauen,
Kann ungerechtes Gut verdauen.“
faust . Das ist ein allgemeiner Brauch;
Ein Jud und König kann es auch.
mephistopheles . Strich drauf ein Spange, Kett und Ring,
Als wärens eben Pfifferling,
Dankt nicht weniger und nicht mehr,
Als obs ein Korb voll Nüsse wär,
Versprach ihnen allen himmlischen Lohn –
Und sie waren sehr erbaut davon.
faust . Und Gretchen?
mephistopheles . Sitzt nun unruhvoll,
Weiss weder, was sie will noch soll,
Denkt ans Geschmeide Tag und Nacht,
Noch mehr an den, ders ihr gebracht.
faust . Des Liebchens Kummer tut mir leid.
Schaff du ihr gleich ein neu Geschmeid!
Am ersten war ja so nicht viel.
mephistopheles . O ja, dem Herrn ist alles Kinderspiel!
faust . Und mach und richts nach meinem Sinn!
Häng dich an ihre Nachbarin!
Sei, Teufel, doch nur nicht wie Brei
Und schaff einen neuen Schmuck herbei!
mephistopheles . Ja, gnädger Herr, von Herzen gerne! Faust ab.
mephistopheles . So ein verliebter Tor verpufft
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