19.9.
Ich nutze die Hurrikansaison, um Saint-Barth zu verlassen und mit meinen Freunden Jonas und Andrea die etwas südlicher gelegenen Antillen zu durchkämmen.
1.10.
Guadeloupe, Marie-Galante, Dominica, Martinique, St. Lucia, Grenada ... Wir machen nur kurze Zwischenstopps, aber das Leben ist wunderbar. Wer mit dem Boot unterwegs ist, hat einen privilegierten Zugang zu unwegsamen und wilden Landstrichen. Das Leben ist schön! Wir leben nach dem Rhythmus von Sonnenauf- und Sonnenuntergang, ernähren uns von gefangenem Fisch und schlafen draußen unter dem Sternenregen wie Vagabunden – glückliche Vagabunden.
10.10.
Wir sind in Trinidad und Tobago. Hier werde ich YVINEC aus dem Wasser holen, um sie auf die extremen Bedingungen der Arktis vorzubereiten. Das letzte gerade Stück ab Granada war nicht gerade erholsam. Der Wind war meist schwach und blies mit 3 Knoten von vorn. Die Genua – das Vorsegel – ist zerrissen, und alle Versuche, sie zu flicken, waren vergeblich. Dazu kam eine Motorpanne, sodass wir mindestens zehn Meilen vor der für Piraten berüchtigten Küste Venezuelas herumgetrieben sind. Jonas, Monique und ich versuchten, uns möglichst gut zu tarnen, um unbemerkt zu bleiben.
Wer mit dem Boot unterwegs ist, hat einen privilegierten Zugang zu unwegsamen und wilden Landstrichen. Das Leben ist schön!
GLÜCKLICHERWEISE IST JONAS DA, UM MIR ZU HELFEN. SEIT MEHREREN TAGEN ARBEITEN WIR UNUNTERBROCHEN.
Wir sind vor Venezuela. Jonas, Monique und ich verkleiden uns als Piraten, um uns zu tarnen.
28.10.
Glücklicherweise ist Jonas da, um mir zu helfen. Seit mehreren Tagen arbeiten wir ununterbrochen. 15 Stunden täglich, bei 40 °C, wir lassen die Arbeit nur ruhen, um inmitten von Farbe, Rost und Sägemehl zu schlafen und zu essen.
Zu Tisch: An Bord von YVINEC lohnt sich das Angeln immer. Einmal mehr werden wir es uns schmecken lassen.
Meine »Bande« Noah und Antonin, meine »kleinen Brüder«, am Strand von Saint John.
Es ist Zeit, dass YVINEC sich einer Verjüngungskur unterzieht und auf den hohen Norden vorbereitet wird.
ICH HABE ES AUCH DER GROSSZÜGIGKEIT VON NEUEN BEKANNTEN UND ANONYMEN SPENDERN ZU VERDANKEN, DASS ICH MEIN PROJEKT IN DIE TAT UMSETZEN KANN.
20.11
Anderthalb Monate später ist YVINEC generalüberholt und gefühlt nur noch halb so alt. Der Anstrich ist brandneu. Motor und Segel sind repariert. Der Rumpf wurde verstärkt, und ungefähr 40 Löcher wurden »gestopft«. Ich habe Christian und seine Frau Claudine kennengelernt, beide großherzige Menschen. Christian hat mir nicht nur auf dem Boot geholfen, sondern mir unter anderem auch das Schweißen beigebracht – eine wertvolle Fertigkeit, wenn man ein Boot aus Stahl besitzt. Ich bitte ihn, Monique auf den Bug zu malen. Mit seinen geschickten Händen gibt er seinem Werk den letzten Schliff, bevor wir wieder Richtung Saint-Barthélemy in See stechen.
5.12.
In Saint-Barth beginne ich bei Jean-Mi zu arbeiten: Er hat mich erwartet. Ich muss noch Zusatzausrüstung für YVINEC finanzieren.
MAI 2015
Nach fünf Monaten eisernen Sparens habe ich YVINEC endlich fertig ausrüsten können. Ich habe es auch der Großzügigkeit von neuen Bekannten und anonymen Spendern (einer Crowdfunding-Kampagne) zu verdanken, dass ich mein Projekt in die Tat umsetzen kann. Auf Saint Martin installiere ich neue Segel, ein Windrad, Solarmodule, neue Bullaugen, einen neuen Motor, eine Heizung und Isoliermaterial. Auch mit neuen Navigationsinstrumenten statte ich mich aus: einem GPS-Gerät zur exakten Positionsbestimmung und einem AIS, um andere Schiffe, insbesondere Frachtschiffe, zu orten und von ihnen geortet zu werden. Angesichts der eisigen Temperaturen, die uns erwarten, darf nichts dem Zufall überlassen bleiben.
29.6.
Nach einem schönen Abschiedsabend am Strand von Saint John ist es Zeit, den Anker zu lichten. Ich bin so ungeduldig, dass ich mir nicht einmal die Zeit nehme, YVINEC aufzuräumen. Unter Deck herrscht ein heilloses Durcheinander. Die Traurigkeit, die mit dem Auf-Wiedersehen-Sagen einhergeht, mischt sich mit Reisefieber. Ich kann nicht glauben, dass ich dem Leben in den Tropen den Rücken kehre. Christian und Claudine sind da. Claudine hat zu Hause eine Menge Lebensmittel für mich eingemacht, ihr habe ich es zu verdanken, dass ich werde schlemmen können. Sie überreichen mir auch ein kleines Geschenk, das ich an Weihnachten öffnen soll, wenn YVINEC im Eis eingeschlossen ist.
ETAPPE
04
VON DEN ANTILLEN NACH GRÖNLAND
3.378 MEILEN
57 TAGE
43 EIER
72° NORD, 40° WEST
VON DEN ANTILLEN NACH GAÜNLAND
Endlich - mein Traum ist zum Greifen nah. Schon im Augenblick des Auslaufens weiß ich, dass das Navigieren mich völlig neu herausfordern und alles bisher Dagewesene in den Schatten stellen wird.
12.7.2015
ABFAHRT MIT HINDERNISSEN
Ein paar Stunden später: Der Autopilot, eines der wenigen Teile, die nicht ausgetauscht wurden, funktioniert nicht mehr. Ich will nicht zurück, im Geiste bin ich schon weg. Wegen meines Starrsinns bin ich gezwungen, 14 Stunden ununterbrochen am Steuer zu verbringen, bis wir Virgin Gorda, eine Insel der Britischen Jungferninseln, erreicht haben. Dort kann ich den Autopiloten reparieren.
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