Inhaltsverzeichnis
Unsere Träume sind Marmorhermen,
die wir in unsere Tempel stellen,
und sie mit unseren Kränzen erhellen
und sie mit unseren Wünschen erwärmen.
Unsere Worte sind goldene Büsten,
die wir in unsere Tage tragen, -
die lebendigen Götter ragen
in der Kühle anderer Küsten.
Wir sind immer in Einem Ermatten,
ob wir rüstig sind oder ruhn,
aber wir haben strahlende Schatten,
welche die ewigen Gesten tun.
Es ist noch Tag auf der Terrasse
Inhaltsverzeichnis
Es ist noch Tag auf der Terrasse.
Da fühle ich ein neues Freuen:
wenn ich jetzt in den Abend fasse,
ich könnte Gold in jede Gasse
aus meiner Stille niederstreuen.
Ich bin jetzt von der Welt so weit.
Mit ihrem späten Glanz verbräme
ich meine ernste Einsamkeit.
Mir ist, als ob mir irgendwer
jetzt leise meinen Namen nähme,
so zärtlich, dass ich mich nicht schäme
und weiß: ich brauche keinen mehr.
Das sind die Stunden, da ich mich finde
Inhaltsverzeichnis
Das sind die Stunden, da ich mich finde.
Dunkel wellen die Wiesen im Winde,
allen Birken schimmert die Rinde,
und der Abend kommt über sie.
Und ich wachse in seinem Schweigen,
möchte blühen mit vielen Zweigen,
nur um mit allen micht einzureigen
in die einige Harmonie...
Inhaltsverzeichnis
Der Abend ist mein Buch. Ihm prangen
die Deckel purpurn in Damast;
ich löse seine goldnen Spangen
mit kühlen Händen, ohne Hast.
Und lese seine erste Seite,
beglückt durch den vertrauten Ton, -
und lese leiser seine zweite,
und seine dritte träum ich schon.
Oft fühl ich in scheuen Schauern
Inhaltsverzeichnis
Oft fühl ich in scheuen Schauern,
wie tief ich im Leben bin.
Die Worte sind nur die Mauern.
Dahinter in immer blauern
Bergen schimmert ihr Sinn.
Ich weiß von keinm die Marken,
aber ich lauch in sein Land.
Hör an den Hängen die Harken
und das Baden der Barken
und die Stille am Strand.
Und so ist unser erstes Schweigen
Inhaltsverzeichnis
Und so ist unser erstes Schweigen:
wir schenken uns dem Wind zu eigen,
und zitternd werden wir zu Zweigen
und horchen in den Mai hinein.
Da ist ein Schatten auf den Wegen,
wir lauschen, - und es rauscht ein Regen:
ihm wächst die ganze Welt entgegen,
um seiner Gange nah zu sein.
Aber der Abend wird schwer
Inhaltsverzeichnis
Aber der Abend wird schwer:
Alle gleichen verwaisten
Kindern jetzt; die meisten
kennen einander nicht mehr.
Gehn wie in fremdem Land
langsam am Häuserrand,
lauschen in jeden Garten, -
wissen kaum, dass sie warten,
bis das Eine geschieht:
Unsichtbare Hände heben
aus einem fremden Leben
leise das eigene Lied.
Wir sind ganz angstallein
Inhaltsverzeichnis
Wir sind ganz angstallein,
haben nur an einander Halt,
jedes Wort wird wie ein Wald
vor unserm Wandern sein.
Unser Wille ist nur der Wind,
der uns drängt und dreht;
weil wir selber die Sehnsucht sind,
die in Blüten steht.
Ich fürchte mich so vor der Menschen Wort
Inhaltsverzeichnis
Ich fürchte mich so vor der Menschen Wort.
Sie sprechen alles so deutlich aus:
Und dieses heißt Hund und jenes heißt Haus,
und hier ist Beginn und das Ende ist dort.
Mich bangt auch ihr Sinn, ihr Spiel mit dem Spott,
sie wissen alles, was wird und war;
kein Berg ist ihnen mehr wunderbar;
ihr Garten und Gut grenzt grade an Gott.
Ich will immer warnen und wehren: Bleibt fern.
Die Dinge singen hör ich so gern.
Ihr rührt sie an: sie sind starr und stumm.
Ihr bringt mir alle die Dinge um.
Nenn ich dich Aufgang oder Untergang
Inhaltsverzeichnis
Nenn ich dich Aufgang oder Untergang?
Denn manchmal bin ich vor dem Morgen bang
und greife scheu nach seiner Rosen Röte -
und ahne eine Angst in seiner Flöte
vor Tagen, welche liedlos sind und lang.
Aber die Abende sind mild und mein,
von meinem Schauen sind sie still beschienen;
in meinem Armen schlafen Wälder ein, -
und ich bin selbst das Klingen über ihnen,
und mit dem Dunkel in den Violinen
verwandt durch all mein Dunkelsein.
Senke dich, du langsame Serale
Inhaltsverzeichnis
Senke dich, du langsame Serale,
das aus feierlichen Fernen fließt.
Ich empfange dich, ich bin die Schale,
die dich fasst und hält und nicht vergießt.
Stille dich und werde in mir klar,
weite, leise, aufgelöste Stunde.
Was gebildet ist auf meinem Grunde,
lass es sehn. Ich weiß nicht, was es war.
Inhaltsverzeichnis
Kann mir einer sagen, wohin
ich mit meinem Leben reiche?
Ob ich nicht auch noch im Sturme streiche
und als Welle wohne im Teiche,
und ob ich nicht selbst noch die blasse, bleiche
frühlingsfrierende Birke bin?
Wie wir auch alles in der Nacht benannten
Inhaltsverzeichnis
Wie wir auch alles in der Nacht benannten, -
nicht unser Name macht die Dinge groß:
es kommen Pfeile, stark und atemlos,
aus Bogen, welche sich zu Spielen spannten.
Und so Pilger, welche unvermutet,
da eines letzten Vorhangs Falten fielen,
den Altar schaun, darauf der Becher Blutet,
und nicht mehr rückwärts können aus dem Heile:
so in die Kreise stürzen sich die Pfeile
und stehen zitternd mitten in den Zielen.
Die Nacht wächst wie eine schwarze Stadt
Inhaltsverzeichnis
Die Nacht wächst wie eine schwarze Stadt,
wo nach stummen Gesetzen
sich die Gassen mit Gassen vernetzen
und sich Plätze füeen zu Plätzen,
und die bald an die tausend Türme hat.
Aber die Häuser der schwarzen Stadt, -
du weißt nicht, wer darin siedelt.
In ihrer Gärten schweigendem Glanz
reihen sich reigende Träume zum Tanz, -
und du weißt nicht, wer ihnen fiedelt...
Auch du hast es einmal erlebt
Inhaltsverzeichnis
Auch du hast es einmal erlebt, ich weiß:
Der Tag ermattete in armen Gassen,
und seine Liebe wurde zweifelnd leis -
Dann ist ein Abschiednehmen rings im Kreis:
es schenken sich die müden Mauermassen
die letzten Fensterblicke, hell und heiß,
bis sich die Dinge nicht mehr unterscheiden.
Und halb im Traume hauchen sie sich zu:
Wie wir uns alle heimlich verkleiden,
in graue Seiden
alle uns kleiden, -
wer von uns beiden
bist jetzt du?
Wenn die Uhren so nah wie eigenen Herzen schlagen
Inhaltsverzeichnis
Wenn die Uhren so nah
wie eigenen Herzen schlagen,
und die Dinge mit zagen
Stimmen sich fragen:
Bist du da? - :
Dann bin ich nicht der, der am Morgen erwacht,
einen Namen schenkt mir die Nacht,
den keiner, den ich am Tage sprach,
ohne tiefes Fürchten erführe -
Jede Türe
in mir gibt nach...
Und da weiß ich, dass nicht vergeht,
keine Geste und kein Gebet
(dazu sind die Dinge zu schwer) -
meine ganze Kindheit steht
immer im mich her.
Niemals bin ich allein.
Viele, die vor mir lebten
und fort von mir strebten,
Читать дальше