»Habt ihr gesprochen?« fragte der Herzog Wladislaw.
Es antwortete keiner.
»Ist einer unter euch, der zu dem, was geredet worden ist, noch etwas hinzu fügen will?« fragte der Herzog Wladislaw wieder.
Es antwortete keiner von den Männern.
»So rede ich, wie folgt«, sprach der Herzog. »Es ist wahr, was du gesagt hast, Wratislaw, daß ich in der Jugend euer Genosse gewesen bin, und ich bin der Genosse der jungen Söhne der hohen und mächtigen Herren gewesen, und es hat sich auch mancher zu uns gefunden, der von keinem hohen oder mächtigen Herren der Länder stammte. Ich wollte ein guter Genosse sein, und weil ich es wollte, ließ ich euch schalten. Es ist wahr, daß ich euern Rat befolgt habe. Ihr rietet Dinge des Vergnügens an, und weil in den Dingen ein Vergnügen lag, so gingen wir nach ihnen. Es ist wahr, daß ich gesagt habe: Wenn ich Herzog wäre, so würden wir dieses oder jenes tun. Aber es ist nicht wahr, daß ich euch die Mitwirkung versagt habe, als ich Herzog geworden war, es ist nicht wahr, daß ich die Anliegen nicht gehört habe, es ist nicht wahr, daß ich euch unterdrückt habe, es ist nicht wahr, daß ich die Rede und die Mitwirkung der Herren bei der Verwaltung der Länder in die Luft gestreut habe. Es sind zu allen wichtigen Dingen der Länder die Versammlungen des Rates berufen worden, und es ist in dem Rate beschlossen worden, und es ist nach dem Beschlusse gehandelt worden. Viele der Männer unserer Länder, die in diesem Saale sitzen, sind in dem Rate gesessen. Viele sind in dem Rate gesessen, die jetzt in der Verbannung irren, mithin zu euch gestanden sind, und manche sind in dem Rate gesessen, die auf dem blutigen Felde der Waffen den Tod gefunden haben. Und wenn ich an dem heutigen Tage einen Rat halte, und euch zu sprechen erlaube, und euch antworte, da alle eure Macht und die Macht eurer Anhänger meine Macht ist, um wie viel mehr werde ich früher des Rates der Meinigen gepflogen haben. Und das habe ich in größerem Maße getan als ehemalige Herzoge, von denen du gesprochen hast, Wratislaw, und unter welchen Swatopluk mit dem Hauche seines Mundes ein ganzes Geschlecht vertilgt hat. Ihr seid aber zu dem Rate nicht gekommen. Ihr habet nicht Vorschläge an mich geschickt, die das Wohl des Landes betrafen. Ihr habet Forderungen gestellt, die eure Macht und euren Reichtum vermehren sollten, und wenn die Forderungen nicht bewilliget werden konnten, so ist auch der Grund dazu gesagt worden. Auch solche, die in dem Rate saßen, haben Forderungen außer dem Rate gemacht, denen keine Statt gegeben werden konnte. Sie wollten nicht Mitwirker des Herzoges sein, sie wollten selber der Herzog sein. Der Herzog aber ist der Vater des Landes, und darf nicht einem Manne, wie hoch er sei, Macht und Gut zu seiner Lust verleihen, und darf nicht seine Herzogsmacht in fremde Hände legen.«
»Du hast mir meinen Hof zu Chynow genommen«, rief Wratislaw.
Der Herzog antwortete: »Wratislaw, bringe nicht einzelne Dinge in deine Worte; über die einzelnen Dinge richten die Höfe, zu denen sie gehören. Du hast deinen Hof zu Chynow in dem Streite um ihn durch den Spruch des Gerichtshofes verloren.«
»Du bist der Gerichtshof gewesen«, rief Wratislaw.
»Das beantworte ich nicht«, sagte der Herzog, »oder ich müßte über dich ein Gericht halten lassen, was dem sicheren Geleite zuwider wäre, das ich euch versprochen habe.«
»Und wenn du nicht Macht und Gut in die Hände der Fürsten der Länder und in die Hände der hohen Diener der Länder legen wolltest«, rief Wratislaw, »so hast du sie in die Hände geringerer Leute gelegt. Den niederen Mann Odolen, dessen Vater nichts ist, und den Knaben Witiko, dessen Herkunft man nicht kennt, welche beide aber bei Pilsen die hohen Sprossen des Stammes Premysl gedemütigt haben, hast du zu Macht und Gut und Ehren erhöht, daß sie den alten treuen Lechen des Landes ein Widerstreit sind. Odolen wird übermütig werden, und den edeln Söhnen des Landes Ärgernis geben, und Witiko wird ein Leche werden, das Waldland, das unter der sanften Hand der Herzoge war, als seinen Hof betrachten, der ihm Nahrung gibt, und wird es drücken und berauben.«
»Odolen, rede«, sagte der Herzog.
»Ich rede nicht«, antwortete Odolen.
»Witiko, rede«, sagte der Herzog.
Witiko sprach: »Ich rede, weil ich allein bei Pilsen eigenmächtig gehandelt habe, und ich rede aus Achtung vor der Abstammung von dem hochehrwürdigen Premysl. Wratislaw, ich habe euch bei Pilsen durch einen Fehler gegen die Oberhoheit des erlauchten Herzoges die Freiheit, die ihr vor der Überzahl unserer Männer schon verloren hattet, gegeben, um Blutvergießen im Kriege und anderes Unheil zu vermeiden. Der hohe Herzog hat mir den Fehler in Gnade verziehen. Welchen Sinn die Fürsten, die ich befreit habe, fortan gegen mich tragen werden, das habe ich damals nicht bedacht. Ob ich das Waldland bedrücken werde oder nicht, wird in der Zeit bekannt werden. Die Männer des Waldes sind durch keine andere Macht mit mir in den Krieg gegangen als durch mein Wort und ihren guten Willen gegen mich. So wird es bleiben, und sie werden eine Sache nicht verlassen, wenn ein Unglück kömmt, wie sie von dem Berge Wysoka, auf dem wir euch nicht besiegen konnten, nach Prag zur Verteidigung des Herzogstuhles gegangen sind. Wer durch Zwang folgt, verläßt im Unglücke den Zwinger, wie Tausende von Männern nach der Schlacht bei Znaim von den Mährern abgefallen sind.«
»Wladislaw, du hast dem Manne zu reden erlaubt, nicht ich«, sagte Wratislaw, »ich spreche daher nur weiter zu dir. Du hast den Jüngling Welislaw als Zupan auf den heiligen Wyšehrad gesetzt, wohin ein edler gereifter Sohn des Landes gehörte.«
»Welislaw, rede«, sagte der Herzog.
Welislaw antwortete: »Wie Odolen nicht geredet hat, so rede ich auch nicht.«
»Ich aber spreche zu dir, Wratislaw«, sagte der Herzog. »Wie in allen früheren Zeiten die Herzoge die, welche im Kriege, im Rate und in anderen Angelegenheiten und Fährlichkeiten des Landes Dienste getan haben, belohnt haben, so habe ich die, welche in den schweren Jahren, die jetzt vergangen sind, ihre Taten in Blut und Gut dargebracht haben, belohnt. Es sind die Hohen und die Niederen belohnt worden. Es ist gesetzt worden, daß Beschwerden in der Sache der Belohnungen in die Kammer des Herzoges kommen dürfen, und daß den Beschwerden abgeholfen werden würde, so es möglich ist. Es sind nur wenige Einwendungen gekommen, und diese sind gehoben worden, weil auch die Belohnungen früher in dem Rate beschlossen worden sind. Du hast wieder von einzelnen Dingen gesprochen, Wratislaw. Alle einzelnen Dinge sind den Männern, die in diesem Saale sitzen, bekannt. Die Forderungen, welche die Fürsten gestellt haben, sind den Männern bekannt, und es ist vor dieser Versammlung alles, was in euern Sachen aufgeschrieben worden ist, kund gemacht worden. Du hast Beschwerden gegen den Herzog, weil er der Herzog ist, nicht gemacht. So frage darum ich: Habe ich unschuldiges Blut vergossen? Habe ich einen Pfennig aus dem Lande gepreßt? Habe ich meinem Gerichtshofe die Urteile befohlen? Habe ich das Landesgut verschleudert? Habe ich der Trägheit gepflogen? Habe ich die Diener der Kirche und des Landes geschmälert, und gekränkt?«
Alle schwiegen auf diese Worte des Herzoges.
Dann sprach der Herzog Wladislaw wieder: »Weil wir die Söhne des Stammes Premysl, welche in den Waffen gegen uns gestanden sind, eingeladen haben, zu kommen, und ihre Klage zu sprechen, und weil sie gekommen sind, und gesprochen haben: so sagen nun die hohen und die niederen Herren der Länder Böhmen und Mähren, welche in diesem Saale versammelt sind, ihre Meinung über das, was gesprochen worden ist. Otto, hochehrwürdiger Bischof von Prag, rede.«
Otto, der Bischof von Prag, erhob sich von seinem Sitze, und sprach: »Wladislaw, erlauchter Herzog der Länder Böhmen und Mähren, du hast einen andern Weg nach den Herzogskämpfen der Landeskinder gegen die Landeskinder zu wandeln beschlossen, als manche Herzoge vor dir getan haben. Die Herzoge haben ihre Sippen, welche gegen sie die Waffen erhoben hatten, um die Nachfolge zu stören, nach der Besiegung gestraft. Sie mußten oft an der Freiheit und oft an ihrem Leibe büßen. Du wolltest deinen Sippen, wenn sie eine hinreichende Beschwerde haben, Recht widerfahren lassen, und hast deine Herren der Kirche und des Landes berufen, sie zu hören. Du hast deine Sippen berufen, und hast ihnen zugesichert, daß sie unbeschädigt kommen und wieder gehen dürfen. Sie sind gekommen, und haben gesprochen. Und weil ihre Beschwerden nicht hinreichend sind, so erkenne ich, daß sie gefehlt haben, und daß sie dich in der gebührenden Art um Verzeihung bitten sollen. Du, hoher Herr, wirst ihnen gnädig sein.«
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