Vergessen wir nicht: Wenn wir Erwachsene uns in einem System befinden – im Arbeitsumfeld, Freundeskreis etc. –, wo wir uns nicht wohlfühlen und keine positive Resonanz erhalten, dann kündigen wir, suchen uns neue Freunde, ziehen um etc. Kinder können aber nicht »einfach« gehen. Sie sind in direkter Abhängigkeit von der Familie, in die sie hineingeboren wurden.
In der systemischen Anschauung und auch gemäß den Forschungsergebnissen aus den Neurowissenschaften und der Bindungslehre benötigt jeder Mensch ein Gegenüber, um sich entwickeln zu können. Wir alle, egal in welchem Alter, sind auf Rückmeldungen und Resonanz angewiesen. Ohne ein Gegenüber wüssten wir nicht einmal, dass wir existieren. Wir wollen uns entwickeln und benötigen dabei die Spiegelung durch unsere wohlwollende Umgebung, sodass sich eventuelle Kritik nicht als Angriff, sondern als wohlgemeinte Rückmeldung verstehen lässt. Kinder können nicht einfach raus aus der Familie, wenn es ihnen dort nicht gut geht.
Wir, die Erwachsenen, haben die Verantwortung, eine Umgebung für das Kind zu schaffen, in der es sich seinen individuellen Fähigkeiten entsprechend entwickeln und ausprobieren kann. Das ist die Realität des Kindes: maximale Abhängigkeit von uns Erwachsenen in sämtlichen Belangen.
Ganz am Anfang – weiterführende Gedanken und Beobachtungen
ALLGEMEINE FRAGEN
•Wer war für mich, als ich so alt war wie mein Kind heute, die wichtigste Bezugsperson?
•Was hat diese Person für mich gemacht, dass sie für mich so wichtig war?
•Was denke ich: Wer ist für mein Kind, neben mir als Mutter/Vater, eine wichtige Bezugsperson?
•Mit wem tausche ich mich aktuell aus, wenn ich meine Gedanken gespiegelt bekommen will?
•Würde sich mein Kind an mich wenden, wenn es sich eine Resonanz erwünschen würde?
TAGEBUCH-FRAGEN 1. TAG
•Welche Rückmeldung habe ich heute meinem Kind gegeben?
•Mit welchem Ziel habe ich meinem Kind diese Rückmeldung gegeben?
•Wie hat mein Kind darauf reagiert?
•Was habe ich heute über mein Kind gelernt?
•Was habe ich heute über mich gelernt?
•Was ist mir heute gut gelungen?
Weitere Gedanken:
TAGEBUCH-FRAGEN 2. TAG
•Welche Rückmeldung habe ich heute meinem Kind gegeben?
•Mit welchem Ziel habe ich meinem Kind diese Rückmeldung gegeben?
•Wie hat mein Kind darauf reagiert?
•Was habe ich heute über mein Kind gelernt?
•Was habe ich heute über mich gelernt?
•Was ist mir heute gut gelungen?
Weitere Gedanken:
TAGEBUCH-FRAGEN 3. TAG
•Welche Rückmeldung habe ich heute meinem Kind gegeben?
•Mit welchem Ziel habe ich meinem Kind diese Rückmeldung gegeben?
•Wie hat mein Kind darauf reagiert?
•Was habe ich heute über mein Kind gelernt?
•Was habe ich heute über mich gelernt?
•Was ist mir heute gut gelungen?
Weitere Gedanken:
TAGEBUCH-FRAGEN 4. TAG
•Welche Rückmeldung habe ich heute meinem Kind gegeben?
•Mit welchem Ziel habe ich meinem Kind diese Rückmeldung gegeben?
•Wie hat mein Kind darauf reagiert?
•Was habe ich heute über mein Kind gelernt?
•Was habe ich heute über mich gelernt?
•Was ist mir heute gut gelungen?
Weitere Gedanken:
TAGEBUCH-FRAGEN 5. TAG
•Welche Rückmeldung habe ich heute meinem Kind gegeben?
•Mit welchem Ziel habe ich meinem Kind diese Rückmeldung gegeben?
•Wie hat mein Kind darauf reagiert?
•Was habe ich heute über mein Kind gelernt?
•Was habe ich heute über mich gelernt?
•Was ist mir heute gut gelungen?
Weitere Gedanken:
TAGEBUCH-FRAGEN 6. TAG
•Welche Rückmeldung habe ich heute meinem Kind gegeben?
•Mit welchem Ziel habe ich meinem Kind diese Rückmeldung gegeben?
•Wie hat mein Kind darauf reagiert?
•Was habe ich heute über mein Kind gelernt?
•Was habe ich heute über mich gelernt?
•Was ist mir heute gut gelungen?
Weitere Gedanken:
TAGEBUCH-FRAGEN 7. TAG
•Welche Rückmeldung habe ich heute meinem Kind gegeben?
•Mit welchem Ziel habe ich meinem Kind diese Rückmeldung gegeben?
•Wie hat mein Kind darauf reagiert?
•Was habe ich heute über mein Kind gelernt?
•Was habe ich heute über mich gelernt?
•Was ist mir heute gut gelungen?
Weitere Gedanken:
2. Woche
DIE FAMILIE ALS MIKROSYSTEM FÜR DAS KIND
Die Familie ist für das Kind die Repräsentanz der Welt. In der Vorstellung des Kindes gilt: So, wie man zu Hause miteinander umgeht, so geht man auch sonst miteinander um. So, wie Mama und Papa miteinander agieren, so agieren alle Eltern miteinander. So, wie Mama und Papa sich gegenüber anderen Erwachsenen verhalten, verhalten sich alle Erwachsenen. Im Klartext: Das, was Ihr Kind bei Ihnen zu Hause erlebt, steht in seinen Augen für die ganze Welt. Es lernt über das Beobachten und Erkennen von Regeln und Abläufen. Denn:
»Es gibt niemanden auf der Welt, der uns Erwachsene besser kennt als unsere Kinder!«
(Michael von Aster 2018)
Eltern und Erwachsene als Modell für das Kind
Es gilt das Motto: Vorleben statt erwarten.
Erwarten Eltern von den Kindern ein bestimmtes Verhalten, lernen die Kinder, sich diese Erwartungshaltung anzueignen, statt sich um das erwünschte Verhalten zu bemühen. Streiten Eltern oft zu Hause, so lernen die Kinder, dass man sich als Erwachsene mit den Personen, mit denen man zusammenlebt, streitet. Das Kind erfährt sein näheres Umfeld – also die Familie – als stellvertretend dafür, wie das Leben so läuft, wie die Gesellschaft tickt. Das nennt man Modell-Lernen. Das Prinzip der Erziehung ist grundsätzlich einfach: Der Erwachsene lebt vor, welches Verhalten er sich wünscht, und das Kind macht es automatisch nach.
Читать дальше