Als ich zustimmend nicke, liest er eine der Karten vor: »Vom Hersteller empfohlenes Wartungsskript für die Datenbank auf dem Octave-Server XZ577 ausführen, um Filial-POS-Performanceprobleme zu beheben. Betrifft die Order Entry-Datenbank und die Anwendungen. Sollte am nächsten Freitagabend um 20:30 ausgeführt werden.«
Ich nicke und bin erfreut über die Klarheit der vorgeschlagenen Änderung. Aber Wes sagt: »Das ist doch keine Änderung. Ihr führt doch nur ein Datenbankskript aus. Wenn du das Skript ändern würdest, könnten wir uns darüber unterhalten. Nächster Punkt.«
Aber der Techniker antwortet: »Nein, das ist definitiv eine Änderung. Es passt temporär ein paar Datenbankeinstellungen an, und wir wissen nicht, was für eine Auswirkung das auf die Produktion haben kann. Für mich ist das genauso riskant wie eine Änderung der Datenbankkonfiguration.«
Ist das eine Änderung oder nicht? Ich kann beide Seiten nachvollziehen.
Nach 30 Minuten Diskussion ist immer noch nicht klar, was wir unter einer »Änderung« verstehen.
Ist der Neustart eines Servers eine Änderung? Ja, weil wir nicht wollen, dass irgendjemand einfach so einen Server durchstartet, insbesondere wenn darauf ein kritischer Service läuft. Das Abschalten eines Servers? Ja, aus dem gleichen Grund.
Wie ist es mit dem Einschalten eines Servers? Nein – haben wir alle gedacht. Bis jemand das Beispiel brachte, in dem ein zweiter DHCP-Server eingeschaltet und damit das gesamte Firmennetzwerk für 24 Stunden lahmgelegt wurde.
Nach einer weiteren halben Stunde schreiben wir schließlich auf das White-board: »Eine ›Änderung‹ ist jede Aktivität, die physisch, logisch oder virtuell auf Anwendungen, Datenbanken, Betriebssysteme, Netzwerke oder Hardware wirkt und die bereitgestellte Services beeinflussen kann.«
Ich werfe einen Blick auf meine Uhr. Wir sind jetzt schon 90 Minuten hier und haben noch nicht einmal die erste Änderung genehmigt. Ich drängle jetzt ein wenig, aber am Ende des zweistündigen Meetings haben wir gerade einmal fünf Änderungen an das Whiteboard gepinnt.
Erstaunlicherweise scheint außer mir niemand frustriert zu sein. Jeder hat sich an der lebhaften Diskussion beteiligt, selbst Patty. Jeder denkt über die Risiken der vorgeschlagenen Änderungen nach, manchmal sogar mit dem Ergebnis, dass eine Änderung gar nicht notwendig ist.
Ermutigt sage ich: »Wir werden am Montag damit weitermachen. Lasst eure Karten so bald wie möglich Patty zukommen. Patty, wie können wir die Karten am besten durcharbeiten?«
Kurz angebunden sagt sie: »Ich werde später ein Körbchen dafür beschriften. Bis dahin stapelt sie einfach hier vorne auf dem Tisch.«
Als das Meeting aufgelöst wird, teilen mir beim Hinausgehen viele Leute mit: »Tolles Meeting« und »Ich wünschte, wir hätten mehr Zeit gehabt« oder »Ich freue mich auf Montag!«.
Nur Patty bleibt zurück, mit verschränkten Armen. »Wir haben viel Blut, Schweiß und Tränen in unsere alte Change-Management-Richtlinie gesteckt, und alle haben sie ignoriert. Warum glaubst du, dass es dieses Mal anders sein wird?«
Ich zucke mit den Schultern. »Keine Ahnung. Aber wir werden so lange Vorgehensweisen ausprobieren, bis wir ein funktionierendes System haben. Und ich werde sicherstellen, dass uns dabei jeder hilft. Es geht nicht nur darum, die Auditoren glücklich zu machen. Wir brauchen einen Weg, unsere Änderungen sicher zu planen, zu kommunizieren und umzusetzen. Ich garantiere dir, dass ich meinen Job nicht mehr lange haben werde, wenn wir unsere Arbeitsweise nicht bald ändern.«
Patty zeigt auf ihr Dokument mit der alten Richtlinie und sagt: »Wir sollten die ganze Arbeit nicht aus dem Fenster werfen. Wir haben Wochen damit verbracht, sie zu entwerfen, und Hunderttausende Dollar für Berater ausgegeben, die unsere Tools angepasst haben.«
Sie ist fast den Tränen nahe. Ich erinnere mich, wie lange sie versucht hat, diesen Prozess in der Firma umzusetzen.
»Ich weiß, dass in diesem Prozess viele gute Ideen und viel Arbeit stecken«, sage ich mitfühlend. »Aber seien wir ehrlich. Keiner folgt ihm, wie uns die Auditoren gerade erst wieder deutlich gemacht haben. Wir wissen zudem, dass die Leute das System missbraucht haben, um ihre Arbeit zu erledigen.«
Aufrichtig sage ich: »Wir fangen vielleicht neu an, aber wir brauchen deine Erfahrung und deine Kenntnisse, damit es funktioniert. Es ist immer noch dein Prozess, und ich weiß, dass er für den Erfolg unserer Firma unabdingbar ist.«
»Okay«, sagt sie seufzend. »Ich denke, ich sollte mir mehr Gedanken darum machen, dass unsere Firma überlebt, als darüber, ob wir unseren alten Prozess nutzen oder nicht.«
Ihr Gesichtsausdruck ändert sich. »Wie wäre es, wenn ich die Ergebnisse dieses Meetings und die neuen Anweisungen für das Einreichen von Change Requests aufschreibe?«
Später am Nachmittag bin ich zurück im Phoenix War Room, als mich Patty anruft. Ich gehe in den Flur. »Was gibt es?«
Sie klingt angespannt. »Wir haben ein Problem. Ich dachte, wir müssten nächste Woche 50 Änderungen oder so begutachten. Aber wir sind schon bei 243 eingereichten Änderungen. Ich bekomme E-Mails von Leuten, die mir für das Wochenende noch mehr Karten versprechen ... Ich glaube, wir werden bei über 400 Änderungen für nächste Woche landen!«
Oh nein. 400? Wie viele dieser 400 Änderungen sind hoch risikoreich, betreffen potenziell Phoenix, die Payroll-Anwendung oder Schlimmeres?
Ich erinnere mich plötzlich an meine Arbeit als Rangemaster bei den Marines. Als Rangemaster war ich für die Sicherheit aller Personen auf dem Schießstand verantwortlich. Ich habe eine albtraumhafte Vision eines Mobs von 400 unbeaufsichtigten Achtzehnjährigen, die von den Lastwagen springen, zum Schießstand rennen und johlend und grölend mit ihren Gewehren in die Luft feuern ...
»Ähm, zumindest folgen die Leute dem Prozess«, sage ich nervös kichernd.
Ich höre sie lachen. »Wie wollen wir die ganzen Change Requests am Montag genehmigen, wenn noch so viele eintrudeln? Sollen wir vielleicht weitere Änderungen verbieten, bis wir alle abgearbeitet haben?«
»Auf keinen Fall«, sage ich sofort. »Du treibst den Leuten ihre Begeisterung und ihre Unterstützung aus, wenn du ihnen das verbietest, was sie tun müssen. Ich glaube nicht, dass wir hier eine zweite Chance haben.
Verschicke eine E-Mail an alle, dass Änderungen für nächste Woche bis Montag eingereicht werden müssen. Die Änderungen, die am Montag laufen sollen, müssen nicht genehmigt werden, aber die für den Rest der Woche schon. Ohne Ausnahme.«
Ich höre, wie Patty anfängt zu tippen. »Okay, habe ich. Ich werde wohl ein paar Leute brauchen, die mir über das Wochenende dabei helfen, die ganzen Karten zu organisieren. Ehrlich, ich bin erstaunt, wie viele Änderungen es gibt.«
Das bin ich auch.
»Ausgezeichnet«, sage ich und lasse meine Bedenken unausgesprochen.
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