Den NFL-Auftakt in Detroit kann man getrost als Erfolg bezeichnen. 1935 gewannen die Lions die Meisterschaft. 1952, 1953 und 1957 folgten weitere Titel. Absoluter Führungsspieler war damals Joe Schmidt (*1932), ein knallharter Linebacker, der insgesamt 13 Jahre für die Lions aktiv war und von 1967 bis 1972 auch den Posten des Head Coaches übernahm. Trainer in den »Goldenen Fünfzigern« war Buddy Parker (*1913, †1982). Der ehemalige Running Back, der mit den Lions 1935 schon als Spieler Meister wurde, coachte das Team zu den Titeln 1952 und 1953. Übungsleiter beim Triumph 1957 war George Wilson (*1914, †1978). Das ist bis heute der letzte Titel, den die Lions einfahren konnten. Ihre Fans warten nun schon seit über 60 Jahren auf einen neuerlichen Erfolg. Und das, obwohl sie von 2007 bis 2015 mit Calvin Johnson (*1985) einen der besten Wide Receiver aller Zeiten in ihren Reihen hatten. »Megatron«, so Johnsons Spitzname, fing in der regulären Saison 2012 Pässe für insgesamt 1.964 Yards. Das ist bis heute ein NFL-Rekord.
Gab es zu Beginn der NFL noch einige schwarze Spieler und Funktionäre, wurden diese Anfang der 1930er Jahre zunehmend ausgeschlossen. Die Teambesitzer trafen die geheime Abmachung, keine Afroamerikaner mehr anzustellen. Zwischen 1933 und 1946 waren Weiße unter sich. Das änderte sich langsam erst wieder nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs. Die Washington Redskins waren das letzte NFL-Team, das auch wieder schwarze Spieler verpflichtete. Da war schon das Jahr 1962 angebrochen … Teambesitzer der Redskins war George Preston Marshall (*1896, †1969), ein Rassist. Er nahm Afroamerikaner erst dann, und auch nur widerwillig, wieder auf, als ihm der US-Kongress mit drakonischen Strafen drohte, falls er es nicht machen würde.
Marshall gründete 1932 das NFL-Team Boston Braves, das er nur ein Jahr später in Boston Redskins umbenannte. 1937 zog dieses Franchise dann nach Washington um. Gleich im ersten Jahr feierte das Team in seiner neuen Heimat – angeführt vom legendären Quarterback Sammy Baugh (*1914, †2008), der als einer der Ersten den Pass im Angriffsspiel etablierte – die Ligameisterschaft. Genau wie 1942. Danach versanken die Redskins fast 30 Jahre lang ins sportliche Niemandsland. Für Schlagzeilen sorgte nur noch ihr Besitzer. Marshall, der von seinem Vater eine große Wäschereikette geerbt und bei den Redskins bis zu seinem Tod insgesamt 37 Jahre das Sagen hatte, galt als sehr eigenwilliger Charakter. Auf der einen Seite haben seine Ideen dazu beigetragen, dass die NFL ihren Zuschauern auch abseits des Spielgeschehens immer mehr Unterhaltung bot (unter anderem mit der Einführung von »Marching Bands« und einer eigenen Teamhymne). Auch das Spiel an sich wurde dank seiner Vorschläge spektakulärer und punktereicher (zum Beispiel mit der Einführung einer neuen Vorwärtspass-Regelung). Auf der anderen Seite schloss Marshall Schwarze aus und intrigierte ligaweit gegen Personen, die nicht seiner Meinung waren. Erfolgreich wurden die Redskins erst wieder unter Head Coach Joe Gibbs (*1940). Der wirkte von 1981 bis 1992 in Washington und führte das Team zu drei Endspieltriumphen (siehe Kapitel #3).
Im 1936 feierte eine Idee von Bert Bell ihre Premiere: der Draft. Hier suchen sich die Teams nacheinander die besten College-Talente aus und besitzen dann das exklusive Recht, mit ihren Favoriten zu verhandeln. Um für Ausgeglichenheit zu sorgen, darf in umgekehrter Reihenfolge zuerst die schlechteste Mannschaft der Vorsaison auswählen. Danach die zweitschlechteste. Und so weiter und so weiter. Erst ganz am Ende ist der aktuelle Meister dran (mehr dazu in Kapitel #7). Die Einführung des Drafts war ein für das finanzielle Gefüge der NFL überlebenswichtiger Schritt, um extrem steigende Spielergehälter zu vermeiden.
Im Folgejahr 1937 kam eine weitere Mannschaft in die NFL, die wir auch heute noch kennen: die Rams. Was zu diesem damaligen Zeitpunkt noch niemand wusste: Sie wird das einzige Franchise in der Geschichte der NFL sein, das den Meisterpokal in drei unterschiedliche Städte holt. 1945 nach Cleveland, 1951 nach Los Angeles und 1999 nach St. Louis. Ursprünglich gegründet wurden die Rams 1936 in Cleveland gemeinsam von Homer Marshman (*1898, †1989), einem Anwalt, und von Damon Wetzel (*1910, †1985), einem Spielertrainer. Die beiden gaben 1941 aber bereits wieder resigniert auf und verkauften die Rams an Dan Reeves (*1912, †1971) weiter, dem Erben einer Lebensmittelhandelskette. Nach einer Spielpause 1943 wurden die Rams zwei Jahre später der erste NFLMeister nach Ende des Zweiten Weltkriegs. Angeführt von Quarterback-Neuzugang Bob Waterfield (*1920, †1983), der für seine millimetergenauen Pässe berühmt wurde und gleichzeitig auch ein exzellenter Kicker war. Waterfield machte die NFL zugleich in der Unterhaltungsindustrie bekannt. Von 1943 bis 1968 war er mit der Hollywood-Schauspielerin Jane Russell (*1921, †2011) verheiratet, die unter anderem im Filmklassiker »Blondinen bevorzugt« neben Marilyn Monroe spielte. Die Trikotnummer 7, die Waterfield damals trug, wird bei den Rams nicht mehr vergeben.
1946 beschritt Klubbesitzer Reeves völlig neue Wege. Als Abwehrreaktion auf die Konkurrenzliga AAFC (mehr dazu in Kapitel #2) verpflanzte er seine Rams nach Los Angeles und machte sie damit zum ersten NFL-Team an der Westküste der USA. Ein riskanter Plan, der rückblickend aber aufging und der Liga eine neue Tragweite verlieh. Die Rams waren zu dieser Zeit auch das erste Franchise, das begann, wieder afroamerikanische Spieler zu verpflichten. Als Heimstätte wählten sie das riesige LA Memorial Coliseum mit einer Kapazität von 103.000 Plätzen. Es musste schneller Erfolg her, um Profifootball in dieser US-Metropole endgültig zu etablieren. Und den gab es. Dank der besten Offensive der Liga mit einem Quarterback-Duo, bestehend aus Waterfield und dem 1949 neu verpflichteten Norm Van Brocklin (*1926, †1983). Zwischen 1949 und 1955 erreichten die Rams viermal das Finale, gewannen aber lediglich 1951. Van Brocklin, Spitzname »The Dutchman« (»Der Holländer«), hält bis heute den Rekord für die meisten geworfenen Yards in einem Spiel (554). Die Rams waren auch die erste NFL-Mannschaft, die ihre Helme mit ihrem Logo, dem Gehörn eines Widders, verzierten. Running Back Fred Gehrke (*1918, †2002) hatte im Jahr 1948 die Idee dazu. Das kam bei den Fans so gut an, dass bald alle Teams nachzogen.
Nachdem Waterfield und Van Brocklin das Team verließen, war es mit der großen Herrlichkeit in den kommenden Jahren aber erst mal vorbei. Zwar erreichten die Rams zwischen 1967 und 1989 wieder regelmäßig die Meisterrunde und gewannen von 1973 bis 1979 immer ihre Division, aber ins Endspiel zogen sie in dieser Zeit nur einmal ein. Und das verloren sie in der Saison 1979 gegen die Pittsburgh Steelers (19:31). Zudem wurde die Konkurrenz in der eigenen Stadt immer größer. Mit den Meisterschaftstriumphen des Basketballklubs Los Angeles Lakers und des Baseballteams Los Angeles Dodgers sowie dem starken Medieninteresse an Eishockeystar Wayne Gretzky (*1961), der für die Los Angeles Kings spielte, nahm die Popularität der Rams in den 1980ern stark ab.
Es folgte ein weiterer Umzug. Diesmal ging es 1995 nach St. Louis im US-Bundesstaat Missouri. Diese Stadt hatte ihr NFL-Team 1988 an Arizona verloren (mehr dazu in Kapitel #4). Reeves war 1971 verstorben, die Rams waren zu dieser Zeit in den Händen von Georgia Frontiere (*1927, †2008), der Witwe von Carroll Rosenbloom (*1907; †1979), der die Rams 1972 übernahm, nachdem ihm zuvor bereits die Baltimore Colts gehörten (siehe Kapitel #2). Und auch sie hatte Glück, dass das Team in der neuen Heimat schnell in die Erfolgsspur kam. In der Saison 1999 gewannen die St. Louis Rams den Super Bowl. Bekannt waren sie damals als »Greatest Show on Turf« (Die größte Show auf Rasen). Das schnelle, aggressive Angriffsspiel überragte ligaweit alles. Nach einem weiteren Einzug in den Super Bowl der Saison 2001, der aber gegen die New England Patriots verloren ging (17:20), schlug wieder der »Rams-Fluch« zu. Man versank zurück im sportlichen Mittelmaß. Als sich 2008 Milliardär Stan Kroenke (*1947) die Rams krallte (siehe auch Kapitel #11), war ihr Schicksal erneut besiegelt. Der machte von Anfang keinen Hehl daraus, das Franchise zurück nach Los Angeles beordern zu wollen. Seit 2016 ist das Team tatsächlich zurück an der Pazifikküste. Und wieder ist der Start gelungen. In der Saison 2018 führte der Weg der Rams erneut bis in den Super Bowl, in dem man jedoch den Kürzeren zog. Wieder gegen die Patriots (3:13).
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