Dr. theol. h.c. Gerhard Wehr, geb. 1931 in Schweinfurt/Main. Nach langjähriger Tätigkeit in verschiedenen Bereichen der Diakonie und der Erwachsenenbildung, zuletzt als Lehrbeauftragter an der Fachakademie für Sozialpädagogik in Rummelsberg/Nürnberg, arbeitet er als freier Schriftsteller in Schwarzenbruck bei Nürnberg. Ein Großteil seiner Werke zur neueren Religionsund Geistesgeschichte ist in mehreren europäischen und asiatischen Sprachen verbreitet.
Zum Buch
„Unser höchstes Studium sei es, das Leben Jesu Christi meditierend in uns aufzunehmen“
Thomas von Kempen
Gerhard Wehr umreißt die Konturen jener geistlichen Reformbewegung der sogenannten Devotio moderna ( Neue Frömmigkeit ), in deren Rahmen Thomas von Kempen gewirkt hat. Anhand ausgewählter Abschnitte aus der Nachfolge Christi wird deutlich, wie sehr ihr Verfasser bestrebt ist, an das urchristliche Vorbild anzuschließen und vom Evangelium her das geistliche Leben zu aktivieren. Wie die Biographien von Bonhoeffer, Edith Stein oder Dag Hammarskjöld zeigen, sind vielfältige Nachwirkungen bis heute belegbar.
Die Nachfolge Christi ( De imitatione Christi ), eine zur Meditation und spirituellen Orientierung anleitende Weisheitsschrift der niederdeutschen Mystik, gilt – nächst der Bibel – als die am weitesten verbreitete und übersetzte Schrift. Sie entstammt der fl eißigen Feder des Augustiner Chorherrn Thomas von Kempenam Niederrhein (gestorben 1471). Dabei kann offen bleiben, ob er selbst als Verfasser oder Kompilator zu gelten hat. Doch es spricht für sich und für den hohen Rang, den man seinem spirituellen Erbauungsbuch eingeräumt hat, wenn man mehrere prominente Männer der Geistesgeschichte als Autoren für möglich gehalten hat.
Thomas von Kempen
Nachfolge Christi
Thomas von Kempen
Textauswahl und Kommentar von Gerhard Wehr
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Der Text basiert auf der Ausgabe marixverlag, Wiesbaden 2011
Lektorat: Dr. Bruno Kern, Mainz
Covergestaltung: Nicole Ehlers, marixverlag GmbH
Bildnachweis: akg-images GmbH, Berlin
eBook-Bearbeitung: Bookwire GmbH, Frankfurt am Main
ISBN: 978-3-8438-0202-4
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I. Einführung
Ein Klassiker christlicher Mystik
„Kommt und folgt mir nach!“
Thomas von Kempen und die Devotio moderna
Die Nachfolge Christi in vier Büchern
Zur Wirkungsgeschichte
Zur vorliegenden Ausgabe
II. Nachfolge Christi
Aus dem ersten Buch – Geistliche Lebensregeln
Christus nachfolgen (Kap. 1)
Erkenne dich selbst (Kap. 2)
Von der Wahrheit (Kap. 3)
Klug handeln (Kap. 4)
Die Heilige Schrift lesen (Kap. 5)
Leidenschaftslos (Kap. 6)
Realistisch bleiben (Kap. 7)
Zurückhaltung üben (Kap. 8)
Gehorsam (Kap. 9)
Besonnenes Reden (Kap. 10)
Bereit zum Frieden (Kap. 11)
Glück im Unglück (Kap. 12)
Der Versuchung widerstehen (Kap. 13)
Bedächtig urteilen (Kap. 14)
Selbstlos lieben (Kap. 15)
Die Fehler anderer ertragen (Kap. 16)
Vom mönchischen Leben (Kapitel 17)
Das Vorbild geistiger Väter (Kap. 18)
Geistliche Exerzitien (Kap. 19)
Einsamkeit und Stille (Kap. 20)
Mut zur Reue (Kap. 21)
Menschliches Schicksal (Kap. 22)
Memento mori (Kap. 23)
Vom Jüngsten Gericht (Kap. 24)
Voll Eifer und Liebe (Kap. 25)
Aus dem zweiten Buch – Impulse für ein inneres Leben
Vom inneren Dialog (Kap. 1)
Sein Wille geschehe (Kap. 2)
Vom inneren Frieden (Kap. 3)
Reinheit des Herzens (Kap. 4)
Selbstbetrachtung (Kap. 5)
Freude des guten Gewissens (Kap. 6)
Jesus lieben (Kap. 7)
Mit Jesus befreundet sein (Kap. 8)
Des Trostes bedürftig (Kap. 9)
Dankbar in Gott gegründet (Kap. 10)
In der Schar der Freunde Christi (Kap. 11)
Der Königsweg des Kreuzes (Kap. 12)
Aus dem dritten Buch – Vom inneren Trost
Der innere Christus (Kap. 1)
Innen redet die Wahrheit zu uns (Kap. 2)
Wie das Wort zu hören ist (Kap. 3)
Aus dem vierten Buch – Vom Sakrament des Altars
Nicht neugierig, sondern demütig (Kap. 18)
III. Thomas von Kempen in seinen Briefen
IV. Stimmen und Zeugnisse zu Thomas von Kempen
Wilhelm Oehl (1931)
Josef Sudbrack (1964)
F.W. Wentzlaff-Eggebrecht (1969)
Hans Norbert Janowski (1978)
Kurt Ruh (1999)
Ulrich Köpf (2002)
Silvia Reinhardt (2003)
Rudolf van Dijk (2005)
Literatur
1. Textausgaben
2. Sekundärliteratur
I. EINFÜHRUNG
EIN KLASSIKER CHRISTLICHER MYSTIK
Wer sich in Bücher vergangener Jahrhunderte vertieft, muss sich die Frage gefallen lassen, was sie für ihn bedeuten oder welchen Gewinn er gerade von Schriften erwartet, die vor einem ganz anderen Lebens- oder Erkenntnishorizont zustande gekommen sind. Unschwer lässt sich auf die etwaige Zeitgebundenheit mancher Aussagen verweisen. Von daher mögen sich auch Verständnisschwierigkeiten ergeben. Dennoch üben Texte und Dokumente vergangener Epochen nicht selten eine erstaunliche Faszination auf uns, die Nachgeborenen, aus. Das trifft auf das umfangreiche Schrifttum der Mystikerinnen und Mystiker in besonderer Weise zu. In einem nicht unerheblichen Maß gilt das auch für das Buch von der Nachfolge Christi ( De imitatione Christi ).
Es handelt sich um eine in den Niederlanden entstandene spätmittelalterliche, ursprünglich lateinisch abgefasste mystische Schrift. Wie kaum eine andere hat sie das geistliche Leben vieler Generationen befruchtet, und zwar auch ungeachtet der jeweiligen unterschiedlichen kirchlichen oder bekenntnisbedingten Einbindungen. Das erklärt neben anderen, auf den Inhalt bezogenen Gesichtspunkten die weite Verbreitung des Buches. Sein Bekanntwerden in handschriftlicher Form setzte bereits im 15. Jahrhundert ein. Diese Schrift von der Nachfolge Christi gehörte infolge des anhaltenden Interesses zu jenen Büchern, die man – wie einst in den Schreibstuben der Klöster üblich – offensichtlich systematisch kopierte. Neben dem Autograf aus dem Jahre 1441 zählt man Hunderte von Manuskripten, ehe die nachfolgende Drucklegung möglich wurde. Und was die gedruckten Editionen anlangt, so werden über 4000 genannt. Somit geht die Gesamtauflage zusammen mit einer ebenfalls sehr großen Zahl an Übersetzungen weltweit in die Millionen.
Entsprechend groß und imponierend ist somit auch die Zahl der Zeugnisse, die die Bedeutsamkeit des Buches unterstreichen. Katholiken und Protestanten waren und sind sich in der Wertschätzung ziemlich einig geblieben. Das zeigt die Aufnahme der Schrift in allen Reformationskirchen und deren geistlichen Gemeinschaften ebenso wie in den geistlichen Exerzitien des Ignatius von Loyola. So nachhaltige Erneuerungsbewegungen wie der überaus differenzierte Pietismus haben aus dem Buch von der Christus-Nachfolge geschöpft. Das geht aus den Lebensbeschreibungen Ungezählter hervor. Offizielle Empfehlungen wurden katholischerseits ausgesprochen. „Die Zeugnisse hervorragender Männer und Frauen ließen sich endlos fortsetzen“, schreibt der Jesuit Josef Sudbrack: „... so haben die Päpste bis heute immer wieder auf die Imitatio Christi hingewiesen. Und wenn auch die überschwängliche Bewunderung des Clemens Brentano, der die Imitatio sogar der Bibel vorziehen wollte, weil sie ungeschichtlicher sei, nicht mehr geteilt wird, so ist der Einfluss des bescheidenen Büchleins doch geblieben. Man denke nur an die zahlreichen Neuausgaben der jüngsten Zeit.“ 1
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