Susanne Kristek
Geb.1974 in der Oststeiermark, seit 1993 in Wien in der Werbe- und Marketingbranche. Leitet eine Agentur für Verkaufsförderung und Mystery Shopping. Schreibt auf ihrem Blog superklumpert.com lustige Alltagsgeschichten. Co-Moderatorin des Austro Podkastl (Sony Music Österreich), einen Podcast über Musik in Österreich. Erfinderin und Initiatorin der ersten Lesebühne zum Mitsingen.
Mein deutsches Betriebssystem
Der Reiseapotheken-Punk
Wir holen uns die Wiener zurück
Flughafen Doha
Sie legen ihre Männer ab
Der Häuptling der Indianer
DJ in Residence
Warst du im Tunnel auf Urlaub?
Oh Pupsibaum
Die No-Sports-Pille
Don’t forget Momo
Sauna zum Mitsingen
Das deutsche Buffet
Jeder kann mitmachen
Eine kleine Landpartie
Die Abenteuer der Maus auf dem Mars
Gucke Sie, die Klo ist da draußen
Der Stoff darf nicht ausgehen
Just smell
Man spricht Deutsch
Die Lösung steht auf dem Gemeindebau
Bandenbildung
Selfie mit Sasha
Auf der Flucht
Mama, was heißt Wombada?
Nummerntausch
Treibjagd
Sie haben das Kind allein gelassen
Verliebt in den Fußballer
Aqua-Gym mit Austauschfrauen
Drama im Familienhotel
Louis-Vuitton-Badetaschen
Wohlerzogene Kinder
Pringles in Paradise
Schnuppern für Frauen
Rob-Bob und 3650 andere
Laa-laa, Tinky-Winky, Po und Dipsy
Eitrige
Can I speak the manager?
White Night
Bodenproben
On tour mit Sasha
Sad but true
Landungsklatschen
Für Michael und Lucie
Mein deutsches Betriebssystem
Ich bin aufgewachsen in der Oststeiermark und sozialisiert in Wien, doch mein inneres Betriebssystem ist ein deutsches. Das merke ich vor allem, wenn ich dem Gatten beim beruflichen Telefonieren zuhöre. Was der rumschwafelt, bevor er zum Punkt kommt! Ich hingegen lege gerne gleich los. Problem – Überblick – Analyse – Lösung. Oder auch keine Lösung. Nachher sehr gerne noch tratschen, aber zuerst die Arbeit. Dann das Spiel.
Ich habe da noch ein paar andere deutsche Eigenheiten. Ich esse gerne pünktlich und rechtzeitig. Nicht wie die Spanier, mitten in der Nacht. Ich liebe Butterbrezen, die »Lindenstraße « und deutschen Schlager. Ich lese fast nur deutschsprachige AutorInnen mittleren Alters und wäre auch sehr gerne selbst eine gefeierte deutschsprachige Autorin. Das Einzige, was ich bisher diesbezüglich erreicht habe, ist das mittlere Alter.
Und: Ich bin offen bekennende Liegenreserviererin. Ja, ich weiß. Man macht das nicht. Nicht mehr. Aber man klatscht auch nicht mehr nach einer erfolgreich absolvierten Landung. Ich halte diese Tradition trotzdem hoch und finde speziell unter deutschen Reisenden stets begeisterte Mitklatscher. Ich mag die Deutschen. Deswegen ist mein bevorzugtes Urlaubsland auch Deutschland. Berlin. Hamburg. Leipzig.
Gestern, einen Tag nach Weihnachten, sind wir im derzeit wärmsten deutschen Ortsteil angekommen: einem All-Inclusive-Club in Khao Lak, Thailand.
Einmal etwas Exotisches für die ganze Familie. Sonne, Sand und würzige Kokossuppen. Strandburgen und neue kulturelle Erfahrungen für das Kind, thailändisches Bier und viel Entspannung für den Gatten, das hat er sich nach den Dramen der letzten Wochen verdient. Und erste Reihe fußfrei für mich, um mindestens fünf Bücher zu lesen, eines vielleicht sogar selbst zu schreiben und auf jeden Fall drei Kilo abzunehmen. Weil wo, wenn nicht im Urlaub, hat man ausgiebig Zeit, um endlich mit Sport zu beginnen? Im Glanz der aufgehenden Sonne mit wehendem Haar zu joggen?
Wir waren noch nie in Thailand. Doch es scheint, dass die Exotik in diesem Teil des Landes maximal an sprachlich geringfügigen Abweichungen zwischen Nord-, Süd- und Ostdeutschen liegt. Dazwischen ein paar österreichische oder Schweizer Dialekte.
So ein Abenteuerurlaub beginnt für uns Deutsche auf der ganzen Welt ähnlich:
Wir schmieren uns mit hohem Lichtschutzfaktor ein, setzen unsere Baseballkappen und Sonnenhüte auf und treffen uns pünktlich um zehn Uhr zum geführten Hotelrundgang.
Überblick verschaffen!
Ja und so kam es, dass wir gestern in einem Elektro-Golfwagen, gemeinsam mit Frank und Ernie aus Mainz, einmal das Hotel umrundeten. Beginnend beim Geldautomaten, über die Bogensportanlage, bis hin zum Hotelshop. Alles dabei. Nur beim letzten Steilaufstieg zur Rezeption kam der Golfwagen an seine Grenzen, fast wären wir stehen geblieben. Doch wir Deutschen sind praktisch veranlagt und vor allem lösungsorientiert. Ernie hinten sprang ab und schob den Wagen bis knapp vor die Rezeption.
Mein Bruder trägt den Spitznamen Excel-Punk. Weil er in einem Excel-Sheet genauestens darüber Buch führt, welche Punkrock-Festivals er besucht hat. Ich hingegen bin mehr so der Hippie. Innerlich. Aber ohne Achselhaare.
Als Hippie muss man natürlich exotisch und südlich reisen. Mit Flip-Flops und bunten Tüchern und sonst nix im Handgepäck.
Wir reisen auch gern südlich, in Gedanken. In echt reisen wir dann meistens ins Südburgenland. So weit weg wie diesmal waren wir noch nie.
Allerdings weiß ich nicht, ob die Hippies der 60er Jahre auf ihren VW-Busreisen auch so gut vorbereitet waren. Die wilde Uschi Obermaier zum Beispiel, Hippie-Sex-Ikone, hatte was mit zwei von den Rolling Stones, und später ist sie mit einer Hamburger Kiezgröße in einem umgebauten Bus monatelang durch exotische Länder gefahren. Waren die vorher auch im Tropeninstitut und haben dort zwei Monatsgehälter liegen lassen, um ausreichend Impfschutz sicherzustellen? Wir jedenfalls sind abgesichert gegen Diphterie, Cholera, Typhus, Japanische Enzephalitis und allerhand andere Krankheiten. Der Hippie hat vermutlich was geraucht und war dann auch gegen alles immun. Die Frau Obermaier und ihr Strizzi sind übrigens in einem umgebauten Schuh-Werbebus der Marke Salamander gefahren. Unnützes Wissen, Teil 1.
Die Aufregung vor so einem Reiseabenteuer lässt einen aber auch weitere dringliche Spontankäufe tätigen. Stichwort: Reiseapotheke. Sicherheitshalber hat der Gatte noch ein paar Accessoires in der Apotheke geordert. Als ich alles einpacke, kommen mir ernsthafte Zweifel an unserer Hippie-Existenz. Pass auf, was wir dabeihaben:
- Wundkompressen groß und klein
- Leukosilk (Pflaster für die empfindliche Haut)
- Travelgum (für wenn’s wackelt)
- Zintona (Reiseübelkeit)
- Iberogast (gegen Magen/Darm-Erkrankungen)
- Dulcolax (wenn nix mehr geht)
- Imodium akut (wenn zu viel geht)
- Antibiophilius (für das Gleichgewicht)
- Octenisept (Wunddesinfektion)
- Hansaplast wasserabweisend (der Allrounder)
- Betadona (Wundgel)
- Insecticum Gel
Um die legendären thailändischen Gelsen abzuwehren, werden wir unsere Langarm-Shirts in einer insektenabweisenden Substanz tränken. Und ich rede noch gar nicht über die Multifunktionsjacken, die extra für die kälteren Gegenden angeschafft wurden. Wir haben ja auch vor, an Ausflügen ins Landesinnere teilzunehmen. Man will nicht bloß Strandtourist sein. So wie ein echter Punk vermutlich selten Excellisten erstellt, trägt ein Hippie möglicherweise auch keine Multifunktionsjacken und importiert auch nicht das gesamte westliche Gesundheitssystem ins Urlaubsland. Aber gut, es kommt auf die innere Haltung an. Und sind wir da nicht alle Punks und Hippies?
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