Der grüne Bus kurvte einige Tage in der Gegend herum und fuhr dann zu »Großmuttern« ins Death Valley, wo er um Allerheiligen eintraf. Anschließend fuhr man mehrere hundert Meilen nach Norden weiter, nach Trona, einer kleinen Wüstenstadt, die von den Niederschlägen einer Pottasche-Fabrik geplagt wurde. Trona liegt nur wenige Meilen südlich vom Naturschutzgebiet des Death Valley. Von Trona aus fuhr die Family auf dem Highway 28 ungefähr zwanzig Meilen nordwärts zu einem langen, schmalen Salzsee; dort wandten sie sich nach rechts, setzten über den See und fuhren in die Geisterstadt Ballarat, wo sich der Ballarat General Store befindet, das einzige Lebensmittelgeschäft weit und breit.
Die Geisterstadt Ballarat – eine Minenarbeitersiedlung aus dem späten 19. Jahrhundert – dient den Grubenarbeitern in der Umgebung, die dort immer noch eifrig nach Gold suchen, als Versorgungszentrum. Sie liegt am Rande des 25 Meilen langen Salzsees, an der Kreuzung der Ballarat-Road und Wingate-Road, zwei Landstraßen von der Holterdiepolter-Sorte. Nachdem sie an der Westseite des Sees entlanggefahren waren, fuhr der Bus südwärts an der Ostseite entlang, wo das Ufer aus weichem Selenit besteht, eine hervorragende Salzquelle, die staatlich geschützt ist.
Auf der Wingate-Road sind es vierzehn Meilen von Ballarat bis zu dem engen Zugang des berühmten Goler-Wash. Der Bus fuhr vorbei an einer alten spanischen Pochmühle, einer einst mit Eseln betriebenen Erzzerkleinerungsanlage, von der nur noch ein verrosteter, von dem kahlen Hügel in den Himmel ragender Eisenschaft übriggeblieben war.
Während der Bus südwärts fuhr, sah man zur Linken, in einiger Entfernung, hoch oben in den Panamint-Mountains, die Cecil-R.-Mine liegen, eine kleine, von Menschen geschaffene Grube der Goldgier am Hang. Der Bus holperte am South-Park-Canyon vorbei, dann passierte er den Redlands-Canyon und darauf das Redlands Camp, wo die Harry-Briggs'-Schultag-Mine liegt.
Der Salzsee endet ungefähr zehn Meilen südlich vom Ballarat General Store, und einige Meilen weiter stößt man auf einen weißen Pfahl, der am rechten Straßenrand aus dem Dreck ragt und die fast versteckte Zufahrt zum Goler-Wash markiert.
Dort hielt sich der Bus links und begann den holprigen Aufstieg in Richtung Osten, der schmalen Mündung des Goler-Wash und den ausgetrockneten Wasserfällen entgegen, die den Weg zur Meyers-Ranch und zur Barker-Ranch bezeichnen.
Die Straße ist dort für normale Verkehrsmittel, vor allem für einen Bus voller Hippie-Vagabunden, so gut wie unbefahrbar. Die Straße durch Goler-Wash war Anfang des 20. Jahrhunderts in der Blütezeit der Goler-Wash-Goldfunde die Hauptverbindungsstraße zwischen Las Vegas und dem Panamint-Valley gewesen. Doch im Winter 1941 hatten verheerende Überschwemmungen die Straße weggespült, und alles, was von ihr übriggeblieben war, war eine Reihe steiler Wasserfälle. Einheimische Grubenarbeiter berichten, Cathy Meyers' Großvater habe diese Wasserfallstufen mit Dynamit gesprengt, damit Transportfahrzeuge zumindest notdürftig auf der Straße durch den Goler-Wash verkehren konnten.
Der Bus kam an dem verrosteten Wrack eines Ford s, Modell T, und seinem in der Nähe im Staub liegenden Heckfenster vorbei und erreichte dann die erste Wasserfallstufe, wo eine seiner Bremsen blockierte; man sicherte die Hinterräder und ließ den Bus stehen.
Die Family legte die siebeneinhalb Meilen von der ersten Wasserfallstufe bis zur Meyers-Ranch zu Fuß zurück. Der Weg führt hier durch einen engen, steilen, aufklaffenden Bergeinschnitt, aus dessen Felswänden Säulenkakteen wie große grüne Finger herausragen.
Bald stießen die Family -Tippler auf den ersten ausgetrockneten Wasserfall. Nachdem sie ihn emporgeklettert waren, erreichten sie den zweiten Wasserfall, und dann, nach einer großen Rechtskurve, lag der dritte Wasserfall vor ihnen. Nach einer Linkskurve in Bumerangform, kamen sie zu dem gefährlichen Goler-Wash-Wasserfall, dann zum fünften, sechsten und siebten. Nun mussten sie sich an einem steilen Kliff entlang arbeiten. Von dort ging es nur noch zwei oder drei Meilen auf und ab durch das Bett des Creeks, dann hatten sie das Gelände der Barker-Ranch und der Meyers-Ranch erreicht.
Beim Aufstieg im Goler-Wash stößt man auf verschiedene Blockhütten, in denen Reisende übernachten können. Diese Blockhütten stehen immer offen. Die erste Hütte, auf die man trifft, ist die Newman-Hütte. Dann gibt es dort noch ein Gelände, das die Lotus-Mine genannt wird und ausgerechnet den Warner Brothers gehört; auf diesem Gelände befinden sich zwei Häuser und ein Grubenschacht am Berghang.
Nach ungefähr fünf Meilen gabelt sich der Weg bei den Sourdough-Quellen. Der linke Weg führt nach Norden, über den Mengel-Pass, zum Death Valley, der rechte direkt zur Barker-Ranch und dann zur Meyers-Ranch. Die Barker-Ranch besteht aus zwei kleinen Blockhütten und einem dritten größeren Hauptgebäude. Die Barker-Mine liegt ein Stück weiter im Goler-Wash, hoch oben an einem Steilhang, und ist nur über einen gefährlichen Fußpfad erreichbar. Altmetallsammler haben schon vor langem das Drahtseil und die Metallteile des Fülltrichters und des Transportwagens, mit dem man das Erz den Goler-Wash hinunterschaffte, fortgeschleppt.
Nachdem sie im Goler-Wash weiter in Richtung Osten zogen, stießen sie auf die Meyers-Ranch, einen gut erhaltenen Gebäudekomplex, zu dem ein Ranchhaus, ein Trailer und mehrere einzeln stehende Nebengebäude gehörten. Der wasserreiche Boden bringt verschiedene wilde Früchte, Wein und Wildgemüse hervor. Die Pflanzen bekommen ihr Wasser von einer Quelle, die aus einer Vertiefung im Berghang hervorsprudelt. Sie verbrachten einige Tage auf der Meyers-Ranch, doch erlaubte ihnen Cathy Meyers' Großmutter nicht zu bleiben, und so schlug die Family ihr Hauptquartier unten im Goler-Wash, in der verfallenen Barker-Ranch, auf, eine viertel Meile westlich von der Meyers-Ranch.
Ein Mann namens Ballarat Bob, ein einheimischer Goldgräber, hatte seit ungefähr dreieinhalb Jahren von der Barker-Ranch aus geschürft und war auch mehr oder weniger verantwortlich dafür, dass die Ranch in Ordnung gehalten wurde. Ballarat Bob hatte einige wilde Esel für seine Schürfexpeditionen abgerichtet. Kurz nachdem die Family um Allerheiligen auf der Barker-Ranch angelangt war, tauchte Ballarat Bob mit einem Freund auf und fand nackte Hippies vor, die sich in seiner Bude breitgemacht hatten. Doch was hätte er tun sollen, wo es weit und breit in der Gegend keine Polizeistreifen gab?
Die Barker-Ranch ist von einem Zaun umgeben. Auf dem umzäunten Gelände lagern die Spuren von vierzig oder fünfzig Jahren Leben in der Wüste. Man sieht dort mehrere kaputte Laster, einen Hühnerstall und auf dem hinteren Hügel befindet sich ein alter, birnenförmiger Beton-Swimmingpool.
Dann waren da noch die Überreste eines Erzmahlwerks, der Rumpf eines Flugzeugs aus dem Zweiten Weltkrieg, Flügeltanks und ausgebaute Cockpitteile. Dort lag auch der riesige Reifen, mit dem Ballarat Bob den Goler-Wash zu planieren pflegte, um den Zufahrtsweg wenigstens einigermaßen befahrbar zu machen. Die ständige Benutzung des Goler-Wash, vor allem mit Strandbuggies, bewirkte, dass das Trockenbett selbst mit Wagen mit Vierradantrieb nicht mehr zu bewältigen war, weil die durchdrehenden Räder den ganzen Kies fortgefegt und so die glatten Felsblöcke bloßgelegt hatten.
Das Haupthaus der Barker-Ranch ist ein L-förmiges Gebäude, dessen Küche mit einem Herd und einem Eisschrank ausgestattet ist. Die Stromversorgung funktionierte zu jener Zeit nicht; man benötigte dafür einen Generator, da die Ranch fünfzig Meilen von der nächsten Überlandleitung entfernt liegt. Es gab eine ausbetonierte Badewanne, eine Dusche und über dem Waschbecken eine kleine Hausapotheke. Daneben befand sich jene kleine Truhe, in der man Manson ein Jahr später aufspüren sollte. Ballarat Bobs Schlafraum befand sich ebenfalls im Hauptgebäude sowie ein Lager von Matratzen, ein Refugium, in dem es sich die Family bequem machte.
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