Ed Sanders
Tales Of Beatnik Glory
DEUTSCHE EDITION
G e s a m t a u s g a b e
Band I - IV
FUEGO
Über dieses Buch
Kaum jemand hat die neueren kulturellen Strömungen und Umwälzungen in der Kunst, der Musik und vor allem in der Literatur stärker beeinflusst als die amerikanische Nachkriegsgeneration der Beatniks. Namen wie Kerouac, Bukowski, Ginsberg, Burroughs und Sanders sind die Vertreter jener »Wilden Generation«, die in den fünfziger und sechziger Jahren mit ihren literarischen Werken neue Formen des Schreibens, der Kommunikation, des Lebens und der Ansicht unserer Welt dokumentierten und damit bis heute den Rahmen einer kultur- und lebensfeindlichen Umwelt sprengen.
Allen Ginsberg nannte das dokumentarische Rock ’n’ Drug-Epos Tales of Beatnik Glory über »Die Freaks von Greenwich Village« ganz ohne Neid einen »satirischen Lobgesang auf radikale visionäre Politik, wie man sie im 21. Jahrhundert mit der Einstellung den alten Ägyptern gegenüber betrachten wird«, und einen »Meilenstein historischer Archäologie«.
»Sanders erzählt mit einer gehörigen Portion Selbstironie, ohne Verbitterung, doch voll satirischem Witz aus den Urzeiten der Alternativ-Szene und die schrägen Vögel an der Lower East Side geben zu anhaltender Heiterkeit Anlass« schreibt Florian Vetsch in der Neuen Zürcher Zeitung .
»Als die Beatniks den Hippies weichen mussten, war Ed Sanders dabei. Er stand auf der Kreuzung, dirigierte den Verkehr und formte die Dekade.«
William S. Burroughs
D en Partisanen der späten Fünfziger und der 1960er und ihrer Vision einer großen gewaltfreien Besserung gewidmet. Ebenso jenen, die in den Bistros waren, in den Cafés, auf den Friedensmärschen, den Freiheitsfahrten, den Sit-Ins, den Kundgebungen gegen die Atombombe, in den Sozialwohnungen, den Parks, den Buchläden, den städtischen und ländlichen Kommunen, die dem Pentagon-Exorzismus beiwohnten, den Mobilisierungen gegen den Krieg, und den Tausenden von Planungstreffen für eine Revolution, gleich denen von 1825, 1848, 1870, 1905, 1934 und 1968. Außerdem jenen Teilnehmern der Primary Color-Revolution und der Hippie/Beatnik-Verbrüderungen gewidmet, wie denen im Avalon Ballroom in San Francisco, dem Fillmore East und West und auf Tausenden von Stroboskoplicht-Meetings von Küste zu Küste. Und ebenso den Partisanen von LeMar, der Druckmatrizen-Revolution, der Untergrundfilm-Bewegung, dem Netzwerk der Untergrundpresse und all jenen, die ihre Seelen ausschütteten in zahllosen Versammlungen und Planungstreffen für ein besseres Amerika, darunter Zehntausende Benefizveranstaltungen, Be-Ins, Love-Ins, Jam Sessions und Flugblätteraktionen.
Vor allen Dingen aber ist dieses Buch jenen Partisanen in aller Welt gewidmet, die erkennen, dass das Thema der Rose, so lebenswichtig für unsere Jugend, wieder aufkommen wird – so wie es dies alle paar Jahrzehnte wieder getan hat – und dass es der Tanz unserer Leben ist, welcher die Rose wachsen lässt.
Vorwort zur vierbändigen Gesamtausgabe
Viele dieser Geschichten spielen in der Lower East Side von New York City, wo ich von 1960 bis 1970 gelebt habe. Einige finden anderswo statt — zum Beispiel auf einem Friedensmarsch im Mississippi des Freedom Summers , in einer Endsechziger-Kommune in Kansas und in der späten Sechziger-Rock ’n’ Roll-Welt von Los Angeles. Sie sind von den späten Fünfzigern bis 1969 chronologisch angeordnet und folgt den miteinander verbundenen Lebensläufen einer Gruppe von Poeten, Schriftstellern, Malern, Musikern, Untergrund-Filmemachern und Verlegern, Radikalen, Freedom Riders , Kriegsgegnern und Angehörigen des Beat-Milieus während dieser beiden Jahrzehnte.
Einige Orte in diesen Geschichten, wie Stanleys Ba r und das Charles Theatre, gab es tatsächlich, aber andere, wie die Total Assault Cantina , das House of Nothingness Café, das Luminous Animal Theatre , die Mindscape Gallery, das Café Perf-Po, das Anarchistische Kohlenkollektiv und natürlich die Aura of Health Trans-Truckstopp-Futterkrippe hat es nie gegeben — obwohl es sie hätte geben sollen.
Die Sechziger waren in der Lower East Side besonders intensiv und ich befand mich mittendrin als Verleger von unzähligen vervielfältigten Abhandlungen und literarischen Zeitschriften sowie als Betreiber des Peace Eye Bookstore , eines kulturellen Zentrums, wo auch einige der Geschichten in den Tales of Beatnik Glory angesiedelt sind. Im Peace Eye Bookstore gründeten Tuli Kupferberg und ich Ende 1964 das satirische, anarcho-poetische Folk-Rock-Ensemble namens The Fugs.
Die Fugs begannen 1966 bei einem großen Plattenlabel aufzunehmen. Zunächst spielten sie eine Zeit lang in kleineren Häusern, um dann den Rest des Jahrzehnts durch Amerika und Europa zu touren. Nebenher betrieb ich das Peace Eye weiter, im Sommer der Liebe ebenso wie im Jahr der Ermordung von Martin Luther King und John F. Kennedy, und auch im Jahr der Mondlandung und des Woodstock-Festivals. Die erste Inkarnation der Fugs löste sich 1969 auf und meine Familie zog Anfang 1970 nach zehn wilden Jahren von der Lower East Side in eine neue Appartmentanlage für Künstler und Schriftsteller im West-Village um. Ich schloss das Peace Eye, als wir fortzogen, und verbrachte in den darauffolgenden anderthalb Jahren eine beträchtliche Zeit in Los Angeles, wo ich für mein Buch The Family Nachforschungen über die Manson-Mordserie anstellte.
Nach dreizehn Jahren pausenlosen Trubels — anfänglich in der Gegenkultur und der Druckmatrizen-Revolution, dann mit den Fugs , meinem Buchladen, den Yippies , gefolgt von zweieinhalb Jahren des Studiums und der Auseinandersetzung mit der Geschichte des Manson-Clans — fühlte ich mich 1973 ausgebrannt. Obwohl ich erst Mitte dreißig war, fühlte ich mich älter als die gesamte Geschichtsschreibung und war sehr darauf aus, über etwas psychologisch Bereichernderes zu schreiben als über Mord und Kulte.
Mein Mentor, der Poet Charles Olson, arbeitete an einem Abriss einer Bücherreihe, genannt A Curriculum of the Soul, und mir übertrug er die Aufgabe, über Ägyptische Hieroglyphen zu schreiben. Anfang der Sechziger hatte ich Ägyptisch studiert, ich war heiß darauf, das Projekt auszuführen, und so begann ich im Frühjahr 1973 meine Nachforschungen in der New Yorker Stadtbücherei, wo ich nach Hinweisen für politische Rebellion unter Künstlern und Schriftstellern im antiken Ägypten suchte. Aus diesen Recherchen heraus entstand die Idee für die Tales of Beatnik Glory. Im Juni 1973 begann ich damit und entwickelte während des Sommers viele der Stories für den ersten Band.
Es war eine Zeit der Selbstheilung für mich — und ebenso eine Zeit der Heilung für die Nation, nun, da das volle Ausmaß der schmutzigen Tricks der Nixon-Regierung von 1969 bis Anfang 1973 gegenüber Kandidaten der Demokraten in den Watergate-Anhörungen ans Licht kam und schließlich das Amtsenthebungsverfahren gegen den Präsidenten eingeleitet wurde, welches mit dessen Rücktritt endete. Ich freute mich ganz besonders darauf, in meiner Arbeit als Schriftsteller zu dieser Ära zurückzukehren, die ich aufrichtig liebte und verstand, und von der ich mir sicher war, sie mit einer wilden Offenheit porträtieren zu können, die Humor und extreme Ernsthaftigkeit kombinierte.
WACHSENDE FREIHEIT IN EINER ÄRA DER HOFFNUNG
Band I zeigt auf, wie die Zaghaftigkeit der amerikanischen Kultur der Fünfziger beiseite gefegt wurde, als einer ganzen Generation klar wurde, dass die enorme Freiheit, die von der Verfassung der Vereinigten Staaten garantiert ist, gar nicht genutzt wurde. Aus diesem Wissen heraus erwuchs eine Generation von Shelleyschen Eleutherarchen, gestärkt durch die vielschichtigen und wunderbaren Strömungen der Beat/Objektivisten/Black Mountain-Dichtung, durch moderne Malerei, linke Politik, Bürgerrechte und Jazz.
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