Der superbe Herr Rudolf gestand mir am Schanktisch des Aufsesser Brauhauses, bevorzugt bei geschlossener Flasche und »per Anblick« zu verkosten. Es ist der anständige Limofan Rudolf, der im Grunde nur nach Weibern ächzt und einen Dreck um die Weiterentwicklung der Bierliteratur sich kümmert. Die Notizen und Notate des Rauchbierrauchers Rudolf erfüllen samt und sonders den Tatbestand des Betrugs und wollen, erklärt er gegen zwölfe steinvoll johlend, »eh bloß dem verfickten Kunstgedanken Genüge leisten«. Der edle Herr Rudolf, der ab einse »Mein Freund, der Frauenarsch« intoniert, ist ein akkurater Lump und nur zum Schein ein manierliches Mitglied der Menschengesellschaft. Mein Vertrauen hat er verwirkt. »Ich fress’ jetzt ein Schnitzel«, waren die letzten Worte, die er an mich richtete, bevor er ein Warsteiner köpfte, sein Rad bestieg und in den blitzend roten Horizont entschwand, um »dieses Scheißbuch runterzusemmeln«. Immerhin: Drei Wörter hier sind wahr. Mehr als auf den folgenden Seiten.
Michl Rudolf, alter Seebär! Michl Rudolf, alter Seebär! So hatten wir zwar nicht gewettet; aber Du hast es so gewollt: im Greizer Wald, wo Du vor vierzig Jahren zusammen mit Deinen Großeltern sämtliche bekannten Pilz- und Reharten der nordöstlichen Hemisphäre in einem Akt spontaner Willkür komplett um- und neubenannt hast, kurz nach dem Rechten zu sehen und dann die Lebensnot- und -mutreißleine zu ziehen. Michl, alter, guter Stiefel: Jetzt trinkst Du uns im Deutschen Brauer-Bund-Himmel die siedend schönen Bierkessel auf eigene Rechnung leer und weg, und bei solch sauberer Feinarbeit wollen wir Dich auch nicht stören, auch wenn wir’s zu gerne täten. Aber, good old Lump, hinauf zu Dir brüllen und jammern dürfen und müssen wir doch: Keep on rockin’ and drinkin’ in a Binding-free world! Deine Schwermutmatrosen von stets Deiner Titanic
Ein Abend in Aufseß
Neulich am Tresen
Die einzig wahre Flaschenpost
Ein Flecken
Arbeiterfrühling
Der Russe
Vom Russ’
Aus der Welt der Wahrheit
Der Staub der Seele und das Grün des Gemüts
Kino
Kneipenkomik
Die Gasthaushölle und die goldene Gerste
Das Verschwinden des dicken Luftraums
Bier im Schuh
Trotz Zahlkraft der Heimat so fern
Alles fahren lassen
Beim Bistrobier belauscht
Beckett guckt Beckenbauer
Daseinsbewältigung 2008
Das heilige Viereck
Kleine psychosoziale Biertypologie
Bohlens Bier (im Kontext)
Die Blaue Bierblume oder: Ein hehrer Halunke und harter Herold
Wrba contra Rehse
Der Poet des Bieres oder: Ode an Helmut Stier
Kafka in Pirmasens
Dorst und Dorf
Eins für die Chefin
Von Dieter Steinmann
Das Zelt der Zerberusse
Vom Briten lernen
Von Dieter Steinmann
Aufklärung à la Albion
Leberwurstbauch
Auf Hemdknopfhöhe
Blonde Bräute in spe
Der oder das Radler – akzeptabel?
Oberneuses
Bock around the clock
Mosers Mühen
Oberharnsbach
Karnevalskirche
Paradigmenwechsel in Jesbach
Das lohnende Los
Bald Barbarei in Borgentreich?
Trauer um Spuckesepp
Der Bischoff-Bischof
Dummheit + Bier = Mildernde Umstände
Alle Irren
Richtig trinken
Mehrere Männer und zwei Frauen
Über den Biersatz
Erwähnenswerte Ereignisse
Sieh an, ein Anagramm!
Neue Überlegungen übers und beim Bier
Was A sagt, muß auch B sagen oder: Sich verabreden
Schnitzel, quo vadis?
Total wahre Anekdote über und zu Ror Wolf
Von der mangelhaften Lautlosigkeit im Schnitzelgebirge
Stadt, Land, Fluß
Ursprüngliche Bierakkumulation oder: Bloß eine Jugendsünde?
Unser liebes Bätzibaby
Biermanieren
Witz aus der Flasche
Auf, zum Teufel!
A Hardy’s Night
Fuller Frühling
Irrtum
Bierpoesie
Die zehn besten Biere vom Niederrhein
Die zehn besten Biere aus Franken
Die zehn besten Biere aus Sachsen-Anhalt
Das modernische Dingsda
Erneute Ereignisse und erwähnenswerte Erwägungen
Kneipenkomik II
Pappkameraden
Singendes Sitzfleisch
Der Herumführer
Trier an der Nordsee
Im Dienste der vielfachen Völkerverständigung
Jetzt mal ein paar Worte zu Gießen
Teufelswerk im Kloster Machern
Obere Wiese, untere Wiese
Die Rühreifrage
Spafallera
Wie wir Weltmeister wurden
Aussicht auf nichts
P13
Wolkensuche
Zugglück
Achtung, aufgeschichtetes Holz!
Kettenrauchen contra Katarrh
Auf der Jagd nach einer Dose
Lustprinzip im Modus der konjunktivischen Vorvergangenheit
Bierdeckelarithmetik
Mein terroristischstes Erlebnis
Gemischte Völker- und Tierkunde (nach Robert Gernhardt)
Australien doch nicht!
Wer ist Kafka?
Trinkorte, Nicht-Orte, Gegenorte
Tratschort Trinkhalle
Skatskandal
Die Marmelade am Hering
Da lacht die Leber
Dosenbierkrise
Schöner reisen nach Afrika
Von der Kunst des Negerphotographierens
Dreierlei Maßarbeit oder: Ein Tresentriptychon
Sprachlos
Die Fünf-Promille-Hürde
Die Biervision
Die besten Elf*
Breakfastbierbrezeling
Rechenkünstler
Es tritt auf: das Arschloch
Godesberger Farben
Monsters Of Miltenberg
Sommerausklang
Winzer und Würstl
Weinberater Gonzales
Gegen das Klavierspielen
Zehn bemerkenswerte, vielleicht sogar gesellschaftsrelevante Bierlieder
Der Abschaffelverein
Die Sonne im Sonnenhof
Rauschende Spiele
Welcome Asia Bistro
Pizza-Connection
Zwei oder drei, du mußt dich entscheiden
Jürgen Roth kauft sich eine Hose und geht zu einer Lesung – Ein Drama in drei Akten und mit glücklichem Ausgang
Bierwart Jubb
Magnetbier oder Bountybier
Kaufen, kaufen!
Medizin
Abstürze, Katerkunde
Schwund und Schund
Die guten Eindrücke von Lahnstein
Livealbum oder: Ein Remixroman in mehreren, nämlich ganzen drei Kapiteln
Anhang: Marken und mehr
Nachweise
Bildnachweise
Vorbemerkung zur zweiten Auflage
Jeden Autor freut es, wenn ein Buch von ihm vergriffen ist. Es wurde gekauft, womöglich sogar gelesen und weiterempfohlen. Also einfach geschwind eine Neuauflage drucken?
Nein. Bei Lesungen hat man gemerkt, daß dieser und jener Text an der einen oder anderen Stelle nicht richtig fließt, daß man hier ein wenig kürzen, dort hingegen eine Kleinigkeit einfügen müßte, daß sich ein Druckfehler, eine Wiederholung oder ein falsches Wort eingeschlichen hat. Die Suche nach dem »mot juste« (Flaubert), auf die man sich dann begibt, kann außerordentlich mühsam sein, denn sie verleitet einen dazu, die alten Sachen, die man Arno Schmidt zufolge fünfundzwanzig Jahre nicht mehr anschauen sollte, einer genauen Überprüfung zu unterziehen.
Das ist keine angenehme Arbeit. Ich habe alle Texte so penibel wie möglich durchgesehen, und das hat sich hingezogen. Deshalb erscheint die Neuauflage mit einem Jahr Verspätung. Zudem konnte ich es nicht lassen, noch etwelche Glossen, Reportagen, Geschichten, Aufsätze und Minidramen zu schreiben, und der Anhang ist auf das Fünffache des ursprünglichen Umfangs angeschwollen. Es werden dort jetzt 844 Biermarken inspiziert und bewertet. Ob es sie alle noch gibt, vermochte ich beim besten Willen nicht zu recherchieren. Wo das nicht der Fall ist, verweise ich auf das konservatorisch-eschatologische Moment von Literatur.
Im Verbund mit dem im Frühjahr 2009 erschienenen Band Das perfekte Wirtshaus liegen meine Texte zum Thema Bier nun gesammelt in Buchform vor. Dann kann es ja weitergehen.
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