Lilo David - Die Sklavin im Zug

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Ohne Vorwarnung packte Victor mich, zog mich hoch und zerrte mich zum Esstisch herüber; und noch bevor ich überhaupt begriff, wie mir geschah, lag ich mit ausgestreckten Armen auf der Tischplatte. Ich sah zu, wie Victor meine Arme mit ledernen Handmanschetten und einer dicken Kette an den Tischbeinen befestigte. Dann trat er hinter mich, spreizte meine Beine und fixierte auch sie mit Ketten.
Du hast dir die Suppe eingebrockt, also musst du sie auch auslöffeln, sagte ich mir die ganze Zeit. Dennoch schlug mein Herz wie wild, als Victor seinen Kopf runterbeugte und mir ohne jede Nachsicht ins Gesicht schleuderte: «Diese Schläge werden dich lehren, mich nie wieder anzulügen.» Ich sah nur noch die schwarze Gerte in seiner Hand und wie sie bedrohlich nahekam. Wie viele Schläge es zum Schluss wirklich waren, kann ich nicht sagen. Ich weiß nur, dass ich weinte und versuchte, mich auf die Musik im Hintergrund zu konzentrieren. Ich hoffte, dann wäre es erträglicher. Doch weder Bach noch Grieg drangen bis zu meinem Verstand durch.
Und dann war der Sturm vorbei. Wie durch ein Netz aus Tränen sah ich, dass Victor die Gerte zur Seite legte und mir sanft über die Pobacken strich. «Tu das nie wieder», raunte er leise, löste Ketten und Manschetten und ließ beides zu Boden fallen. «Susan, du darfst Lust empfinden, doch du sollst lernen, mich vorher darum zu bitten.»
Ein Herr erzieht seine Sklavin, fest, unnachsichtig, konsequent – doch warum erzählt die Sklavin das alles, bis ins kleinste Detail, einem völlig Fremden während einer langen Zugfahrt?:
Sie fiel mir sofort auf, als sie den Waggon betrat. Wie sie in ihrem geblümten Sommerkleid dort im Gang stand und sich so unauffällig wie möglich umsah, fühlte ich mich augenblicklich zu ihr hingezogen. Langsam setzte sie sich in Bewegung und schritt grazil und zugleich abschätzend die Sitzreihen ab. Jedem Mitreisenden warf sie dabei einen subtilen Blick zu. Dieses scheue Verhalten, als würde sie nach einer bestimmten Person Ausschau halten, weckte meinen Beschützerinstinkt und zugleich meine berufliche Neugierde als Sozialpsychologe. Dass sie ausgerechnet bei mir stehenblieb, verwunderte mich leicht. Natürlich war es mir nicht unangenehm, einer jungen, attraktiven Dame gegenüberzusitzen. Doch die Tatsache, dass ihre Wahl auf mich fiel, und nicht auf einen der ansehnlicheren Männer, die es hier durchaus gab, ließ mich über diese fremde Frau nachdenken.

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Lilo David

Die Sklavin im Zug

Die Sklavin im Zug

am

Roman

von

Lilo David

MARTERPFAHL VERLAG

MMXV/MMXXI

Impressum der Ebook-Ausgabe:

© 2021 by Marterpfahl Verlag Rüdiger Happ,

Firstbergstr. 2, D-72147 Nehren

https://marterpfahlverlag.wixsite.com/erotikbuch

Marterpfahl_Verlag@gmx.de

E-Book-Herstellung und Auslieferung: readbox publishing, Dortmund, www.readbox.net

Cover: Rüdiger Happ unter Verwendung eines Bilds aus der Wikipedia:

Fotograf: Mark J. Sebastian; Model: Jackie Martinez; Datum: 24.6.2006

J. M. ist eine Sängerin aus Kalifornien – nicht berühmt genug, um als Sängerin einen Wikipedia-Eintrag zu haben, aber hübsch genug, um die Flamme des Fotografen M. J. S. zu werden, der die Wikipedia um eine ganze Galerie von J.-M.-Bildern bereichert hat …

E-Book ISBN 978-3-944145-84-6

© 2015 by Marterpfahl Verlag Rüdiger Happ,

Firstbergstr. 2, D-72147 Nehren

Einbandgestaltung: Sibil Joho, unter Verwendung

eines Foto svon123rf.com/hightower nrw

www.marterpfahlverlag.com

marterpfahl-verlag@t-online.de

Gedruckt in der EU

ISBN 978-3-944145-42-6

Inhalt

Vorwort …

Am Anfang steht der Beginn …

Vorschusslorbeeren …

Stürmische Zeiten …

Wer nicht wagt, der nicht gewinnt …

Den inneren Schweinehund besiegen …

Erstens kommt es anders, zweitens als man denkt …

Nach der Pflicht folgt die Kür …

Keine Rose ohne Dornen …

Im Zweifel für den Angeklagten …

Eine etwas andere Nacht …

Rosarot und Dunkelblau …

Es ist nicht alles Gold, was glänzt …

Im Licht dunkler Schatten …

Das Beste kommt zum Schluss …

Seelenqualen …

Mea culpa …

Katerstimmung …

Am Ende steht der Beginn …

Auf zu neuen Ufern …

EPILOG Juni 2010 …

Vorwort

Mein Name ist Robert Weinling. Ich werde Ihnen eine Geschichte erzählen, die ebenso unglaubwürdig wie auch fantastisch ist. Dennoch geschah es genau so. Diese Geschichte, so seltsam sie Ihnen auch erscheinen mag, hat mich verändert. Sie glauben mir nicht? Nun, dann überzeugen Sie sich. Begleiten Sie mich ein Stück meines Weges. Wohin? Das müssen Sie schon selber feststellen. Aber Vorsicht. Ich übernehme keine Garantie, dass die Ereignisse nicht auch bei Ihnen Spuren hinterlassen.

Prolog

Wie jeder Mensch habe auch ich nicht darum gebeten, geboren zu werden. Es geschah einfach an einem nebeligen und grauen Novembertag im Jahre 1949. Natürlich habe ich keine Erinnerungen an diesen Tag, und das, obwohl ich maßgeblich daran beteiligt war. Das Leben ist eben doch von Anfang an ungerecht. Ungeachtet der Jahreszeiten oder der Ereignisse, die sich um einen herum abspielen, wird man aus seinem schützenden Kokon hinaus ins Leben befördert, und von da an muss man sehen, wie man sich zurechtfindet. Da ist es gut, dass man nicht alleine ist. Es gibt wohl keine anderen Säugetiere, jedenfalls keine, die mir bekannt sind, deren Nachkommen so lange in elterlicher Obhut leben wie wir Menschen. Aber es gibt auch keine, die so viel lernen müssen wie wir. Insofern ist es gut, dass die Evolution uns eine lange Phase der Entwicklung gewährt.

Glaubt man der Geschichte, die sich seit meiner Geburt im Wirtshaus erzählt wird, so lief mein Vater trotz Nebel und eisiger Kälte unter freudigem Gejohle ins Dorf. Immer wieder soll er lauthals gerufen haben: »Ein Junge, ein Junge! Er ist da – unser Sonnenschein!« Unter anerkennenden Blicken, freundschaftlichen Schlägen auf seine Schulter, aber auch erstaunten Gesichtern ob seiner sonst üblichen Zurückhaltung, gab er eine Wirtshausrunde nach der anderen aus. Dabei betonte er immer wieder, wie glücklich er doch sei. Irgendwann – kurz vor Mitternacht – ging er dann torkelnd nach Hause.

Im Dorf wunderte man sich wochenlang, dass ihm trotz der schlechten Witterung und eisigen Kälte nichts passiert war. Mancher, auch das erzählte man sich, war weit weniger angetrunken im Graben gelandet. Solange ich mich erinnern kann, habe ich ihn jedoch nie betrunken gesehen. Überhaupt war er ein sehr disziplinierter Mensch. Vielleicht ist es auch unerheblich, wie meine Eltern oder ich waren. Und doch trägt es zum Verständnis meiner Rolle in dieser abstrusen Geschichte bei, denn letztendlich kann sich niemand seiner Erziehung entziehen. Deshalb gehören die ersten Zeilen meiner Kinderstube und meiner Vergangenheit.

Am Anfang steht der Beginn

Um meine Eltern wirklich beschreiben zu können, müsste ich ein ganzes Buch verfassen. Damit meine ich nicht, dass sie so außergewöhnlich oder anders waren als andere Eltern ihrer Zeit. Dennoch kann man ihre Generation mit keiner vorherigen oder späteren Generation vergleichen. Ihnen gehörte weder die Welt noch ihr eigenes Leben. Menschen aus ihrer Zeit wurden zu früh Träume, Hoffnungen und Pläne durch die gesellschaftlichen Dogmen und politischen Geschehnisse zunichte gemacht. Meine Eltern wurden noch zu Kaisers Zeiten geboren. In einem Jahrhundert, indem es noch galt, sich an preußischen Tugenden und der Obrigkeit zu orientieren, hatten sie es nicht leicht.

Als Kinder und Heranwachsende litten sie unter ihrer strengen und moralischen Erziehung. Später, als es darum ging, ihr Recht auf Leben und Entfaltung einzufordern, mussten sie erneut ihr Glück fremden Zielen und Vorstellungen unterordnen. Es gab immer jemanden, der über ihr Leben bestimmte. Wirklich zu entscheiden, was für sie richtig oder falsch war, hatten sie nie gelernt. Als Kinder erlebten sie den 1. Weltkrieg, begriffen viel zu früh – und auf brutale Weise, was Leid und Kummer bedeutet, dass das Leben nicht hält, was es verspricht. Im 2. Weltkrieg lernten sie die Kunst des Überlebens und mit den Wölfen zu heulen. Mitläufer nannte man diese Generation später. Ich glaube, wenn es nur nach ihnen gegangen wäre, dann hätten sie gerne auf diese Erfahrung verzichtet. Sie wären den Träumen nach Glück, Freiheit und einer ewigen Liebe nachgerannt. Doch wie wir wissen, sollte alles anders kommen.

Als Kinder und Heranwachsende litten sie unter ihrer strengen und moralischen Erziehung. Später, als es darum ging, ihr Recht auf Leben und Entfaltung einzufordern, mussten sie erneut ihr Glück fremden Zielen und Vorstellungen unterordnen. Es gab immer jemanden, der über ihr Leben bestimmte. Wirklich zu entscheiden, was für sie richtig oder falsch war, hatten sie nie gelernt. Als Kinder erlebten sie den 1. Weltkrieg, begriffen viel zu früh – und auf brutale Weise, was Leid und Kummer bedeutet, dass das Leben nicht hält, was es verspricht. Im 2. Weltkrieg lernten sie die Kunst des Überlebens und mit den Wölfen zu heulen. Mitläufer nannte man diese Generation später. Ich glaube, wenn es nur nach ihnen gegangen wäre, dann hätten sie gerne auf diese Erfahrung verzichtet. Sie wären den Träumen nach Glück, Freiheit und einer ewigen Liebe nachgerannt. Doch wie wir wissen, sollte alles anders kommen.

Als Kinder und Heranwachsende litten sie unter ihrer strengen und moralischen Erziehung. Später, als es darum ging, ihr Recht auf Leben und Entfaltung einzufordern, mussten sie erneut ihr Glück fremden Zielen und Vorstellungen unterordnen. Es gab immer jemanden, der über ihr Leben bestimmte. Wirklich zu entscheiden, was für sie richtig oder falsch war, hatten sie nie gelernt. Als Kinder erlebten sie den 1. Weltkrieg, begriffen viel zu früh – und auf brutale Weise, was Leid und Kummer bedeutet, dass das Leben nicht hält, was es verspricht. Im 2. Weltkrieg lernten sie die Kunst des Überlebens und mit den Wölfen zu heulen. Mitläufer nannte man diese Generation später. Ich glaube, wenn es nur nach ihnen gegangen wäre, dann hätten sie gerne auf diese Erfahrung verzichtet. Sie wären den Träumen nach Glück, Freiheit und einer ewigen Liebe nachgerannt. Doch wie wir wissen, sollte alles anders kommen.

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