Was bildet ihr uns ein?
Eine Generation fordert die Bildungsrevolution
Bettina Malter / Ali Hotait (Hg.)
Was bildet ihr uns ein?
Eine Generation fordert die Bildungsrevolution
Weitere Informationen zum Buch auf:
www.wasbildetihrunsein.de
Bibliografische Informationen der Deutschen Nationalbibliothek
Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.deabrufbar.
ISBN: 978-3-86408-061-6
Illustrationen: Eva Schönfeld, www.evaschoenfeld.com
Korrektorat: Frank Petrasch, Armin Weber
Grafisches Gesamtkonzept, Satz und Layout: Stefan Berndt – www.fototypo.de
© Copyright: Vergangenheitsverlag, Berlin / 2012
www.vergangenheitsverlag.de
Alle Rechte, auch die des Nachdrucks von Auszügen, der fotomechanischen und digitalen Wiedergabe und der Übersetzung, vorbehalten.
eBook-Herstellung und Auslieferung:
readbox publishing, Dortmund
www.readbox.net
Inhalt
Vorwort
Wolfgang Gründinger
Einleitung
Bettina Malter und Ali Hotait
Fehlstart des Hürdenlaufs
Kommt Zeit, kommt Kind – warum sich frühkindliche Bildung wandelt
Maria B. Jung und Daniela Militzer
Von der Förderschule behindert – Ein Plädoyer für die Vielfalt
Laura Hoffmann
Wenn der Migrationshintergrund zum Vordergrund wird
Özlem Ipiv, Elisabeth Leuthardt und Susanne Julia Czaja
„Ich bin ein Kind deutscher Institutionen.“
Oktay Ay
Motivieren, bis das Vorbild kommt
Bettina Malter, Susanne Julia Czaja, Tobias Stephan und Anne Hoffmann
Vorgezeichnete Laufbahnen
Früh und folgenreich sortiert: die Aufteilung der Kinder nach der Grundschulzeit
Felix Peter und Stefanie Dieckmann
„Ich werd’ die Hauptschule nicht mehr los!“
Ali Hotait
„Lehrer müssen aufrichten statt abrichten.“
Josef Ipfelkofer und Bettina Malter
Aus drei mach zwei – die Schulreform in Berlin
Stephanie Niehoffund Ernst Engert
Eine Schule für alle – Zeit für einen Neuanfang
Andreas Kroneder
Schwedens Schulsystem: Kein Musterland?
Johannes Möhler
Revolution statt Reförmchen: Deutschland braucht ein neues Schulsystem 113
Jan Starmans
Im Hürdenmarathon
Der vorbestimmte Weg: Auf Ausbildung getrimmt
Andreas Kroneder und Ali Hotait
Ins Aus gebildet – das deutsche Berufsbildungssystem
Christine Ante und Bettina Malter
„Ich bin Frau und kann Mathe.“
Nele Haas
„Ich habe ein illegales Abitur.“
Anonym
Zwischen zwei Welten – Herausforderungen für Studierende der „ersten Generation“ 150
Katja Urbatsch
„Ich kämpfte mich durch’s Abendabitur, um an der Uni zu scheitern.“
Stella Tauber
Ohne Eintrittskarte zur Universität
Dorothee Riese
Die Hürdenelite
Geistige Ertüchtigung mit Nebenwirkungen
Christa Roth und Nina Petrow
„Die Droge Leistung hat mich krank gemacht.“
Anonym
Deutschlands Master of Desaster
Kader Karabulut
Doktoranden zweiter Klasse
Sebastian Kempkens
Der stille Begleiter – wie der Habitus den Berufseinstieg behindert
Susanne Julia Czaja
Staffellauf statt Hürdenlauf
Ungleiche Kämpfe – die öffentlichen Debatten um die richtige Bildung
Susanne Brehm und Christopher Hempel
Sehr geehrte Hoffnungstäter
Bettina Malter
Vorwort
von Wolfgang Gründinger
„Betreten auf eigene Gefahr“ steht auf Schildern überall auf dem Campus der Uni Regensburg – schwarz auf weiß. Würden die Studierenden die Warnung ernst nehmen, dürften sie keinen Fuß mehr auf den Campus setzen. Die Philosophische Fakultät ist mit Bauzäunen umstellt, zum Schutz der Passanten vor herausbrechenden Gesteinsbrocken. Beinahe wäre selbst der Rektor von solch einem Brocken erschlagen worden, der sich aus der Betonfassade löste und neben ihm auf den Bauzaun krachte. „Das war ganz schön knapp“, erinnert sich der Rektor, der noch mit dem Leben davon kam. Jahre später ist das Gebäude immer noch marode: „Für eine Sanierung fehlt uns das Geld.“
Einmal kam Papst Benedikt höchstpersönlich zu Besuch an diese Uni. Er amtierte dort als Honorarprofessor für Dogmengeschichte und darauf ist die Uni mächtig stolz. Deshalb wollte man in besonders gutem Glanz erstrahlen und plötzlich wurde doch investiert: Das Verwaltungsgebäude wurde grau gestrichen, und der Weg von der Eingangstür bis zum Audimax wurde schön gefliest. Der „Papstweg“ fällt ins Auge. Denn das Gros der Böden in der Uni besteht nicht aus glänzenden Fliesen, sondern aus unansehnlichen Pflastersteinen – wohlgemerkt: Pflastersteine zieren nicht etwa nur das Campusgelände, sondern auch die Gänge in den Hochschulgebäuden. Die grauen Betonwände haben noch nie einen Strich Farbe gesehen. Manche Flure können bei starkem Regen nicht mehr trockenen Fußes durchquert werden, weil die Bausubstanz löchrig ist und das Regenwasser durchtropft. Selbst einige Regale der Bibliotheken müssen zum Schutz vor Regenwasser mit Planen abgedeckt werden.
Die deutschen Hochschulen sollen weltweit in der ersten Liga spielen, doch gleichzeitig sparen die Politiker die Bildung kaputt. Auch das unbeugsame Bayern lebt wortwörtlich von der Substanz. Von „Bayerns größter Bruchbude“ spricht die Süddeutsche Zeitung mit Blick auf die Uni Regensburg. Die Lehre ist sicherlich hochwertiger als der äußere Anschein der Gebäude, in denen sie stattfindet. Aber auch in den Lehr- und Studienbedingungen ließe sich vieles verbessern.
Das Knausern bei den Bildungsinvestitionen verschiebt gewaltige Lasten in die Zukunft. In einem Land, dessen wichtigster Rohstoff bekanntlich seine Köpfe sind, leidet die junge Generation unter sich verschlechternden Studienbedingungen. Alle Exzellenz-Initiativen verkommen zum bloßen Ablenkungsmanöver, wenn sonst allerorten an der Zukunft gespart wird, anstatt für die Zukunft zu sparen. So mag vielleicht die schwarze Null im Staatshaushalt näher rücken, doch die wirkliche Belastung nachrückender Generationen wächst umso schneller.
Über die Weihnachtszeit muss die Uni Regensburg – wie inzwischen auch andere Unis im ganzen Land – ihren Betrieb dichtmachen, um Heizkosten zu sparen. Würde man die Unis energetisch sanieren, könnten die Heizkosten hingegen dauerhaft um mindestens ein Drittel gesenkt werden. Doch selbst in Zeiten, in denen sich die Kanzlerin vor schmelzenden Eisbergen fotografieren lässt, sind für diese Investition in Nachhaltigkeit keine Mittel übrig.
Читать дальше