Muhammad Sameer Murtaza - Gewaltlosigkeit im Islam

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Dieses Buch widerspricht unseren Klischees über den Islam: In der westlichen Welt gilt der Islam als Bedrohung des gesellschaftlichen und globalen Friedens. Infolge der zahlreichen Gewaltakte bekennender Muslime – sei es in (Bürger-)Kriegen oder durch Terroranschläge – wird «dem Islam» kein friedensethischer Gehalt zugesprochen. Dies offenbart jedoch eine enorme Unwissenheit über die Vielgestaltigkeit des Islams.
Wo muslimische Friedensakteure in Erscheinung treten, wird ihre Religionszugehörigkeit häufig ignoriert, oder sie werden als die berühmte «Ausnahme von der Regel» betrachtet. Oder aber ihr Muslim-Sein wird mit einem leisen Erstaunen zur Kenntnis genommen, als würden diese Personen zum Frieden beitragen, obwohl sie Muslime sind – und nicht etwa, weil sie Muslime sind. Dabei hat die islamische Friedensethik eine weit zurückreichende Geschichte in Theologie und Praxis.
Dieses Buch fasst erstmals im deutschsprachigen Raum die wichtigsten Akteure und Bewegungen der muslimischen Friedensethik zusammen und erneuert unseren Blick auf den Islam.
Themen: Der Gelehrte: Jawdat Saʿids Ethik der Gewaltlosigkeit. Der Lehrer: Maulana Wahiduddin Khans gewaltloser ğihād. Der Intellektuelle: Asghar Ali Engineers Konzept der Nichtaggression. Der Großayatollah: Muhammad Al-Hussaini Al-Schirazis Theologie für eine waffenfreie Welt. Der Aktivist und der Politiker: Khan Abdul Ghaffar Khans und Muhammad Ali Jinnahs Kampf um die Unabhängigkeit Indiens. Der Richter: Hasan Al-Hudaibi und die militanten Muslimbrüder. Der Ayatollah: Nimr Baqir An-Nimr und die gewaltfreie Bewegung in Saudi-Arabien. Die Bewegung: Der gewaltlose Widerstand der Palästinenser.

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Im Namen Gottes, des Erbarmers, des Barmherzigen

Muhammad Sameer Murtaza

Gewaltlosigkeit im Islam –

Denker, Aktivisten und Bewegungen islamischer Gewaltfreiheit

Bibliografische Informationen der Deutschen Nationalbibliothek

Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über

http://dnb.d-nb.de abrufbar.

ISBN: 978-3-86408-256-6 (Print) // 978-3-86408-257-3 (E-Book)

Korrektorat: Achim Klede

Grafisches Gesamtkonzept, Titelgestaltung:

Stefan Berndt – www.fototypo.de

Satz und Layout/E-Book-Herstellung:

Joh.-Christian Hanke

© Copyright: Vergangenheitsverlag, Berlin / 2019/20

www.vergangenheitsverlag.de

Bildnachweis:

Jawdat Said: Jeff Watts/American University Washington

Maulana Wahiduddin Khan: CPS International

Asghar Ali Engineer: Tom Heneghan/Mumbai

Muhammad Al-Hussaini Al-Schirazi: Archiv des Autors

Khan Abdul Ghaffar Khan: National Gandhi Museum/New Delhi

Khan Abdul Ghaffar Khan: National Gandhi Museum/New Delhi

Muhammad Ali Jinnah: Archiv des Autors

Muhammad Ali Jinnah: Archiv des Autors

Hasan Al-Hudaibi: Archiv des Autors

Nimr Baqir An-Nimr: Archiv des Autors

Saeed Amireh: Saeed Amireh/D. R.

Alle Rechte, auch die des Nachdrucks von Auszügen, der fotomechanischen und digitalen Wiedergabe und der Übersetzung, vorbehalten.

Inhalt Geleitwort Einleitung Der Gelehrte Jawdat Saʿids Ethik der - фото 1

Inhalt

Geleitwort

Einleitung

Der Gelehrte: Jawdat Saʿids Ethik der Gewaltlosigkeit

Das gewaltlose Ethos im Islam

Die praktische Umsetzung des gewaltlosen Ethos im Islam

Hoffnung ist der Anfang aller Dinge

Der Lehrer: Maulana Wahiduddin Khans gewaltloser ğihād

Die Glorifizierung von Gewalt

Der gewaltlose ğihād

Braucht Frieden Gerechtigkeit?

Hoffnungsvolle Zukunft

Der Intellektuelle: Asghar Ali Engineers Konzept der Nichtaggression

Das Nichtaggressionsprinzip angewendet auf das Leben des Propheten Muhammad

Die ökologische Herausforderung

Der Großayatollah: Muhammad Al-Hussaini Al-Schirazis Theologie für eine waffenfreie Welt

Die Verantwortung der Weltgemeinschaft

Muslime als Friedensmacher

Der Aktivist und der Politiker: Khan Abdul Ghaffar Khans und Muhammad Ali Jinnahs Kampf um die Unabhängigkeit Indiens

Khans frühe Jahre

Eine neue Richtung: Schulen bauen

Qurʾān-Studium im Gefängnis

„Stolz der Afghanen“

Eine Armee der Gewaltlosigkeit

Gewaltloser Widerstand

Muhammad Ali Jinnah – „Der moderne Moses“

Pakistan – Das muslimische Zion

Die Teilung Indiens

Pakistan – Ein neues Medina

Das dunkle Zeitalter Pakistans

Der Richter: Hasan Al-Hudaibi und die militanten Muslimbrüder

Gründung einer islamischen Selbsthilfegruppe

Gewaltverzicht, karitative Ausrichtung und Bejahung der Demokratie

Der Ayatollah: Nimr Baqir An-Nimr und die gewaltfreie Bewegung in Saudi-Arabien

Die schiitische Minderheit in Saudi-Arabien

Gewaltloser Protest gegen den wahhabitischen Staat

Die Bewegung: Der gewaltlose Widerstand der Palästinenser

Der Nahost-Konflikt heute: ein gordischer Knoten

Der gewaltlose Widerstand der Palästinenser

Söhne Adams

Literatur

Geleitwort

Nie war es leichter, sich über die Welt zu informieren, als heute. Damit wächst aber auch die Gefahr, falschen Informationen zu erliegen. Die Vielfalt der politischen Herausforderungen und die Komplexität demokratischer Prozesse, national wie global, wecken bei vielen Menschen das Bedürfnis nach Klarheit und Orientierung. Populisten verschiedener Couleur greifen dies auf, indem sie simple Antworten auf komplizierte Fragen präsentieren, die von vielen dankbar angenommen werden.

Dieses Phänomen betrifft auch die Religionen und in besonderer Weise den Diskurs über Religion im Kontext von Krieg und Gewalt. Angesichts der Medienberichterstattung über religiös geprägte Gewaltkonflikte kann es nicht verwundern, dass Religionen wahrlich nicht im Ruf besonders geeigneter Friedensstifter stehen, ganz im Gegenteil. In der westlichen Welt gilt vorzugsweise der Islam als Bedrohung des gesellschaftlichen und globalen Friedens. Infolge der zahlreichen Gewaltakte bekennender Muslime – sei es in (Bürger-)Kriegen oder durch Terroranschläge – wird „dem Islam“ ein friedensethischer Gehalt kaum zugetraut, nicht selten gar vollständig abgesprochen. Dies offenbart jedoch eine enorme Unwissenheit über die Vielgestaltigkeit des Islams im Allgemeinen und über islamische Friedensaktivitäten im Speziellen.

Wo muslimische Friedensakteure in Erscheinung treten, wird ihre Religionszugehörigkeit häufig ignoriert, oder sie werden als die berühmte „Ausnahme von der Regel“ betrachtet. Oder aber ihr Muslim-Sein wird mit einem leisen Erstaunen zur Kenntnis genommen, als würden diese Personen zum Frieden beitragen, obwohl sie Muslime sind – und nicht etwa, weil sie Muslime sind.

Dabei hat die islamische Friedensethik eine weit zurückreichende Geschichte in Theologie und Praxis, stellvertretend seien Jawdat Saʿids Ethik der Gewaltlosigkeit und Khan Abdul Ghaffar Khans gewaltloser Kampf an der Seite von Mahatma Gandhi erwähnt. Sie und andere Verfechter eines islamisch-theologisch begründeten Gewaltverzichts werden in diesem Buch vorgestellt. Der Autor konzentriert damit seine langjährige Beschäftigung mit der Friedensthematik, die bereits in zahlreichen Publikationen Niederschlag gefunden hat, auf den Aspekt der Gewaltlosigkeit im Islam. Wissenschaftlich fundiert und durchaus kritisch, folgt er dabei in bester Weise der journalistischen Devise „to inform and to enlighten“. Und doch geht es ihm um mehr als Aufklärung. Es geht ihm auch um „empowerment“, um theologische und praktische Ermächtigung zum gewaltlosen Einsatz für den Frieden. Dafür gebührt ihm Dank und Anerkennung!

Die hier beschriebenen Personen und Initiativen sind Leuchttürme, doch keine Einzelfälle. Ihr Denken und Leben war und ist für viele Menschen Inspiration, Ermutigung und Orientierung – auch und gerade angesichts religiös begründeter Gewalt in ihren muslimischen Herkunftsgesellschaften, von den Paschtunen unter britischer Besatzung im damaligen Ost-Indien über Syrien bis Saudi-Arabien in heutiger Zeit. Und darum ist dieses Buch in doppelter Hinsicht so wichtig:

Den muslimischen Leserinnen und Lesern mag es Anregung und Ermutigung sein: Anregung, sich aus dieser oft vernachlässigten Perspektive der eigenen Religion neu zu nähern. Und Ermutigung, der gewaltverharmlosenden oder -verherrlichenden Rhetorik wie auch den schrecklichen Gewaltakten anderer Muslime selbstbewusst eine ganz andere, nämlich friedensorientierte und gewaltlose Lesart und Praxis der religiösen Überlieferungen entgegenzustellen.

Allen Leserinnen und Lesern, gleich welcher Religionszugehörigkeit oder auch ohne eine solche, mag es die Augen öffnen für die Vielfalt und lange Tradition friedensethischen Denkens und Handelns im Islam. Es wäre töricht, damit die unbestreitbaren religiös legitimierten Gewaltakte verschiedenster Zeiten und Akteure „aufrechnen“ zu wollen. Aber es trägt zur dringend notwenigen Differenzierung im Diskurs über Religion, respektive über den Islam, bei. Es macht deutlich, welche Friedenspotenziale auch in muslimischen Religionsgemeinschaften vorhanden sind. Diese Potenziale sind – wie in allen Religionen – bei Weitem noch nicht ausgeschöpft. Aber sie zu erkennen, ist ein wichtiger Schritt zu ihrer Verwirklichung: in und zwischen den Religionsgemeinschaften, privat oder organisiert, lokal wie national und international.

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