Moritz von Sachsen
Moritz von Sachsen
(1521–1553)
Landes-, Reichs- und Friedensfürst
Von Johannes Herrmann
Gewidmet Ingeborg
Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek
Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http:/dnb.ddb.deabrufbar.
ISBN 978-3-934544-47-5 (Print)
ISBN 978-3-86729-518-5 (EPUB)
ISBN 978-3-86729-519-2 (PDF)
2., korr. und erw. Auflage 2013
Alle Rechte vorbehalten
© Sax-Verlag, Beucha-Markkleeberg 2003
Einbandgestaltung: Birgit Röhling, Markkleeberg
Herstellung: PögeDruck Leipzig-Mölkau
www.sax-verlag.de
eBook-Herstellung und Auslieferung:
readbox publishing, Dortmund
www.readbox.net
Inhalt
Vorrede
Das geteilte Sachsen im Deutschen Reich um 1500
Der gehorsame Sohn macht sich frei
Geburt im Freiberger Ländchen
Erziehung – die Mutter weiß, was sie will
Am Renaissancehof in Halle
Bei Herzog Georg, dem frommen Verwalter
Zu Gast beim „dicken Vetter“ in Torgau
Die hessische Hochzeit: Moritz und Agnes
Der humanistische Landesfürst lebt in schwierigen Partnerschaften
Der junge Herr wird Nachfolger seines Vaters
Moritz tritt die Herrschaft an
Moritz lässt sich beraten
Auf dem Weg zum neuen Staat
Der Platz unter den evangelischen Ländern des Reichs
Evangelische Kirchenpolitik
Moritz, der Kaiser und das Reich
Der Pakt mit dem Kaiser in Regensburg
Enttäuschender Erfolg
Moritz bindet sich an Landgraf Philipp
Der eigenständige Reichsfürst sucht seinen Platz
Die sächsische Ordnung geht dem Reichstag voran
Reichstag zu Augsburg 1547/48 – die Wege trennen sich
In Sachsen ändert sich nichts
Der Weg zur Ordnung des Leipziger Landtages 1548
Wege in die weite Welt
Erste Entscheidungen gegen den Kaiser
Sicherung der Position
Magdeburg – Verhandlung und Krieg zugleich
Moritz sucht Verbündete
An die Spitze des Fürstenbundes
Auf kriegerischen Wegen zum Frieden im Reich
Warten auf den französischen Vertrag
Krieg als Mittel der Diplomatie
Ferdinand verhandelt in Linz
Der Kaiser flieht aus Innsbruck
Ohne den Reichstag – der Vertrag in Passau
Der versprochene Türkenfeldzug
Außenpolitik nach allen Seiten
Kurfürst Moritz, der bestimmende Vermittler
Die schwere Schlacht von Sievershausen
Das Leben ist für den Himmel gerettet
Fazit
Schlusswort
Anhang
Lebenslauf von Moritz in Daten
Literaturauswahl
Abkürzungsverzeichnis
Bildnachweis
Register
Vorrede
Moritz von Sachsen hat fast 500 Jahre vor unserer Gegenwart gelebt. In seiner Zeit bewegte die Reformation der Kirche die Herzen und Gedanken der Menschen. Dazu bestimmten die Gegensätze zwischen dem Kaiser, dem König von Frankreich und den größeren Fürsten des Deutschen Reiches das politische Geschehen.
Je größer der Abstand des Menschen, den wir verstehen wollen, zur Gegenwart ist, um so schwerer wird es, unter den vielen ungewohnten Bedingungen, die erkannt und verstanden werden müssen, die Eigenpersönlichkeit dieses einen Menschen in seiner Zeit zu erfassen. Obwohl durch Jahrhunderte die Zeit Luthers und der Reformation bei den evangelischen Deutschen als eine Idealzeit galt, steht sie uns heute schon fern. Das Leben der einfachen Menschen und der bestimmenden Kreise ist uns in seiner alltäglichen Mühsal nicht mehr vertraut.
Moritz von Sachsen könnte sehr schnell zu einem nur allgemeinen Beispiel für Menschen und Fürsten der Zeit vor 1550 werden, Moritz ist in vielem ein Kind seiner Zeit, die damit an ihm sichtbar und fühlbar wird. Aber an vielen Stellen blitzt in einem persönlichen Brief oder in der Wendung einer Verhandlung das Bild einer Person auf, die uns nah ist als ein Mensch wie wir. Wir haben zu ihm keinen Jahrhunderte langen Abstand, wenn er seiner Frau etwa in einem Brief zur baldigen Rückkehr versichert: dann werde ich lang, lang, lang bei dir bleiben ; oder von sich sagt: wenn man dem jungen Narren gefolgt wäre, dann wären die Sachen besser gelaufen ; oder wenn er in einer Verhandlung die Versammelten des Adels gegen alle politische Zweckmäßigkeit so wütend behandelt, dass ihm sein Kanzler die Freundschaft kündigt. Man sollte hinter dem fürstlichen Politiker auch den Menschen sehen, von hohem Verstand, aber gedrängt und verletzt, mit Plänen zum Ausgleich, doch eingespannt in die Absichten anderer, zu vielem Neuen entschlossen, aber gebunden in die Art seiner Zeit, glaubend, doch ungläubig genannt. Dieser Mensch hat Sachsen mit seinem Handeln in Politik und Kirche auf Jahrhunderte geprägt. Und er hat sich in den reformationszeitlichen Auseinandersetzungen im Reich innerhalb nur eines Jahrfünfts zu einer zentralen Figur entwickelt, deren letztliche Dimension und Perspektive uns sein früher Tod verschließt.
Die hier vorliegende 2. Auflage hat nötige Korrekturen sowie Ergänzungen in Text und Abbildung erfahren. In den Fußnoten konnten die Fundstellen der Aktenstücke nach dem 2006 erschienenen abschließenden 6. Band der „Politischen Korrespondenz des Herzogs und Kurfürsten Moritz von Sachsen“ genau nachgewiesen werden, was in der ersten Auflage dieser Biografie nur nach dem damaligen Manuskript möglich war. Dem ganz persönlichen Verhältnis von Moritz und Agnes ist der erweiterte Abschnitt „Die hessische Hochzeit“ gewidmet. Schließlich konnte nach jüngsten Forschungen „Die schwere Schlacht bei Sievershausen“ neu formuliert werden. Hinzugekommen sind im Anhang eine Zeittafel mit Lebensdaten von Moritz und eine kleine Literaturauswahl.
Leipzig am 1. Advent 2012
Das geteilte Sachsen im Deutschen Reich um 1500
Das Geschlecht der wettinischen Markgrafen von Meißen gewann im 15. Jahrhundert seine große Bedeutung für das Deutsche Reich. Kaiser Sigismund belehnte die Wettiner 1423 mit dem Herzogtum Sachsen, zu dem die Kurstimme bei der Wahl des deutschen Königs und der Kurkreis um Wittenberg zusammen mit der Grafschaft Brehna südlich davon und die halbe Pfalz Sachsen in Thüringen nördlich der Unstrut gehörten. Seitdem konnten sich die Wettiner als Markgrafen von Meißen und als Landgrafen von Thüringen auch Herzog von Sachsen nennen. Nach 1500 wurde „Herzog von Sachsen“ als höchster Titel der wettinischen Fürsten immer mehr auf das ganze Land zwischen Wittenberg und dem Erzgebirge angewendet. Damit kam Sachsen im 16. Jahrhundert zu seinem heutigen Namen.
Als im Jahre 1482 die Thüringer Nebenlinie in Weimar mit Herzog Wilhelm ausstarb, war das gesamte wettinische Territorium geeint. Die Brüder Ernst und Albrecht verwalteten das Gebiet gemeinsam, das von der Werra im Westen bis zur schlesischen Herrschaft Sorau hinter der Neiße, und von dem Raum um Gommern und Beeskow im Norden bis an den Kamm des Erzgebirges und zur Coburger Pflege in Oberfranken reichte. Dies war nach den Landen der Habsburger das größte Territorium im Deutschen Reich. Erst durch den Erwerb von Böhmen und Ungarn im 16. Jahrhundert erhielt der Besitz der Habsburger sein großes Übergewicht.
Durch den Erwerb der Kurwürde im Jahre 1423 wurde Sachsen zu einem wichtigen Territorium des Reiches, zu dem auch die Habsburger in Österreich gern die Verbindungen hielten. Die Stifte von Meißen, Merseburg und Naumburg, die von den wettinischen Landen umschlossen waren, besaßen reichsunmittelbar nur kleine Gebiete. Sie konnten keine eigenständige, von den Wettinern unabhängige Politik betreiben und ließen sich im 15. Jahrhundert auf den Reichstagen durch die Wettiner vertreten. Sie waren fast wie Grafen und Herren in die wettinischen Lande eingeordnet. Auf den wettinischen Landtagen waren sie vertreten wie die vielen kleinen Grafen südlich des Harzes in Thüringen und im Muldental. Nur die Herren von Reuß schafften es, sich schließlich selbstständig als Reichsfürsten zu halten.
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