Da nicht gerade wenige technische Geräte in unserem Büro installiert waren, wollten wir einfach mehr Sicherheit haben und von Deutschland aus, wenn nötig, die Polizei anrufen können. Zumal das Bürofenster hinter einer Mauer lag, die Einbrechern besten Sichtschutz bieten konnte.
In Spanien gab es merkwürdige Regelungen, die eher Outlaws schützten als deren Opfer. So war es zum Beispiel strengstens verboten, auf einer Mauer Glasscherben, Metallspitzen oder gar Stacheldraht anzubringen. Wegen einer Verletzungsgefahr. Ich konnte es mir lebhaft vorstellen: ein fieser Einbrecher dringt des Nachts ein, man schlägt ihm die Bratpfanne über den Schädel und wird noch wegen Körperverletzung angezeigt. Soll man ihn stattdessen höflich bitten, freundlichst ohne Diebesgut das Haus zu verlassen? Keine Ahnung. Einbruch galt hier eben mehr als sportliche Betätigung denn als Verbrechen.
Am Freitagmorgen standen die Koffer und Taschen zur Abfahrt bereit, wir tranken einen letzten Kaffee und »wollten« aufbrechen. Doch ähnlich wie unmittelbar vor der letzten Deutschlandfahrt kamen genau im falschen Augenblick Probleme auf Attila zu. Dieses Mal in Form von sogenannten Gateway-Timeouts, welche die Kurier-Netz-Seite lahmlegten und diese für die Kunden minutenlang unerreichbar machten. Wegen der vielen Rundmails legte gewissermaßen der Mailserver den Webserver lahm, dessen Kapazität wurde überschritten.
Attila arbeitete verbissen, wurde nervös und auch ich wurde stinksauer. Warum musste sich darum wieder ausgerechnet Attila kümmern, wo Fritz doch genau wusste, dass wir genau genommen schon unterwegs waren? Warum beauftragte Attila nicht Michl, sich an diesem Tag vor den Rechner zu setzen und jeweils die Engpässe zu beheben? Es konnte doch nicht sein, dass Attila der einzige Mensch auf der Welt war, der diese Arbeit an genau diesem Vormittag zu verrichten vermochte. Nebenbei nervte Fritz noch mit weiteren To Do’s, so als hätten diese nicht locker Zeit bis übermorgen gehabt.
Attila beauftragte dann doch Michl, aber der feierte an diesem Tag Geburtstag und brauchte eine Zeit lang, bis er zur Verfügung stand. Außerdem: verantwortlich, dem Kunden gegenüber, war nun einmal leider allein Attila und dieser Kunde war erfahrungsgemäß verdammt ungeduldig.
So fuhren wir mit zwei Stunden Verspätung und obendrein mit übler Laune von Orihuela Costa weg, ich am Steuer und Attila mit dem Rechner auf dem Schoß; für ihn folgte ein ganz normaler Arbeitstag, nur eben nicht am Schreibtisch, sondern im Auto. In Höhe der Stadt Valencia schwächelte die Batterie des Net-Books, den Rest der Reise hätte sie nicht überstanden. Da Attila aber weiterhin ständig erreichbar bleiben musste, blieb nichts anderes übrig, als einen Transformator zu besorgen, den man am Zigarettenanzünder des Wagens anschließen konnte. Auch das noch!
Zunächst musste ich mich durch den Stadtverkehr dieser nicht eben kleinen spanischen Stadt quälen. Verkehrsführungen wie diese hier hatte ich noch nirgendwo erlebt. Da gab es Kreisverkehre, auf die in jeder Richtung sechs Spuren zuführten. Im Kreisel selbst jedoch waren keinerlei Linien mehr markiert, dafür standen zahlreiche Ampeln herum, die zumeist gelb blinkten. Manche jedoch zeigten Rot oder Grün. Jeder fuhr kreuz und quer, wie es ihm passte, in einer riesigen, ungeordneten Blechkolonne.
Ich schwitzte Blut und Wasser, während ich versuchte, es den Einwohnern gleichzutun und einfach aus der vierten Spur quer über den Platz zwischen anderen Fahrzeugen hindurch eine Ausfahrt hinaus zu kommen, ohne dabei eine rote Ampel zu missachten oder die anderen Fahrzeuge zu rammen.
Was taten Ampeln eigentlich mitten im Kreisverkehr? Der Sinn des Ganzen wollte sich mir beim besten Willen nicht erschließen. Attila war eher amüsiert über meine Nervosität und meinte, es werde mir schon keiner absichtlich in die Seite fahren. Sehr witzig, Herr Szábo! Seine zur Schau gestellte Ruhe brachte mich vollends auf die Palme. Ich fühlte mich überfordert.
Am Stadtrand, als wir schon wieder auf der Autobahn entlangfuhren, entdeckte Attila schließlich das Werbeschild eines bekannten Elektrogroßmarktes. In letzter Sekunde signalisierte er mir, ich solle rechts abfahren, er brauche unbedingt den Trafo. Nun gut! Ich scherte in letzter Sekunde scharf auf die Ausfahrspur ein und parkte kurze Zeit später unter Mandarinenbäumen, um mit Attila auf die Suche nach dem Gerät zu gehen. Es war gar nicht so einfach, das Gesuchte in diesem riesigen, mehrstöckigen Markt zu finden. Doch schließlich hatten wir Erfolg und Attila stöpselte sein Net-Book im Auto glücklich ein.
Glücklich war er jedoch nicht sehr lange. Plötzlich gab das NetBook den Geist auf und ließ sich nicht wieder hochfahren, obwohl Attila haargenau die Spannung am Regler eingestellt hatte, die auf dem Gerät als passend vermerkt war. Entnervt holte er das große Notebook aus dem Kofferraum und hoffte, dass dieses nicht auch noch den Dienst versagen würde. Aber zum Glück konnte er damit arbeiten, es wurde ordnungsgemäß aufgeladen. Ich atmete auf, denn ich kannte Attila. Wenn die Technik streikte, so nahte stets ein Tobsuchtsanfall.
Bei Barcelona übernahm Attila das Steuer, da es mittlerweile dunkelte und ich leider mit Nachtblindheit geschlagen bin. Inzwischen lief alles ruhig auf dem Rechner, seit einiger Zeit waren keine Timeouts mehr verzeichnet worden. So aßen wir an einer Tankstelle zu Abend, um anschließend die Nacht über durchzufahren. Ich döste halbtot vor mich hin, denn mir war klar, dass mein nächster Einsatz am Morgen unvermeidlich war.
In der Morgendämmerung erreichten wir Luxemburg und stellten erstaunt fest, dass dieses Land anscheinend keine Auswirkungen der Aufstände in Libyen zu spüren bekam, ebenso wenig wie Spanien. Seltsamerweise blieben hier wie dort die Benzinpreise stabil, während Deutschland und Frankreich ihre immensen Erhöhungen mit dem Aufstand gegen Oberst Gaddafi begründeten, der angeblich die Öllieferungen gefährdete und die Preise in die Höhe trieb.
Gleichzeitig stellten wir fest, dass der Hunsrück in dichten Nebel gehüllt war, so dass man keine 50 Meter weit sehen konnte. Das blieb so, bis wir in Hahn ankamen, wo wir den Honda S 2000 abholen wollten. In völlig übermüdetem Zustand war es doppelt hart, so konzentriert fahren zu müssen.
Ohne größere Pause ging es mit zwei Fahrzeugen weiter in Richtung Bayreuth. Beide waren wir vollkommen erledigt, doch was blieb uns anderes übrig? Der S 2000 musste am Montag zum Händler gebracht werden, damit das Fahrzeug verkauft werden konnte. Die GmbH durfte diese Kosten nicht mehr länger tragen, sonst wäre ihre Abwicklung schon hierdurch gefährdet gewesen. Stellenweise konnte ich nicht mehr, bekam einen Tunnelblick und gurkte nur langsam hinter Lastwagen her, weil ich zum Überholen längst nicht mehr die nötige Konzentration aufbrachte. Attila war zäher und wunderte sich über mein Fahrverhalten, musste stellenweise auf mich warten. Aber mir war schon alles egal, ich
wollte nur noch in ein Bett oder tot umfallen.
War ich froh, als wir endlich am Nachmittag Bayreuth erreichten und ich aus dem Auto klettern durfte! Es herrschte sogar sonniges Wetter, wenn auch bei Minustemperaturen.
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