Die dunkel gehaltenen Wände, der schieferfarbene Estrich und die schwarzen Möbel betonen die Raumfigur der hellen Holzlamellen um so stärker. Das bewegte Bild im „Fuji Yama“ ergibt sich aus diesem kontrastreichen Farbspiel, nicht zuletzt aus der stimmigen Kombination mit den grauen filzähnlichen Lamellen – hergestellt aus recycelten PET-Flaschen leisten sie einen hohen Beitrag zum nachhaltigen Design des Ortes.
Je nach Tageszeit und Lichteinfall entwickelt die wellenförmige Struktur im Raum unterschiedliche Atmosphären. Und gerade in den Abendstunden, wenn die LED-Leuchten zwischen den Lamellen stärker zu Geltung kommen, zeigt sich das Restaurant von einer anderen Seite. Das Holz beginnt förmlich zu leuchten und greift golden in den Raum hinein.
„Holzelemente und Akustikobjekte entwickeln sich gemeinsam zu einer fließenden Raumfigur, die sowohl haptisch durch die Lamellen als auch visuell und akustisch durch die Filzlamellen erlebbar wird.“
SOPHIE BERMÜLLER UND MATTHIAS NIEMEYER, BERMÜLLER + NIEMEYER ARCHITEKTURWERKSTATT
Sophie Bermüller, Matthias Niemeyer (Bermüller + Niemeyer Architekturwerkstatt); Yongqiao Wu (Fuji Yama)
PROJEKTDETAILS
INNENARCHITEKTUR
Bermüller + Niemeyer Architekturwerkstatt, Nürnberg
GASTRONOMIE
Fuji Yama
FERTIGSTELLUNG
Dezember 2019
GESAMTFLÄCHE
779 m 2
GASTRAUM
348 m 2
ARBEITSFLÄCHE
115 m 2
PERSONEN IM SERVICE
9
ANZAHL SITZPLÄTZE
131
STANDORT
Dr.-Kurt-Schumacher-Str. 1
90402 Nürnberg (D)
www.fujiyama-nuernberg.de
LAUDATIO VON
HOLGER ZWINK
Die Idee, sich der raumgestaltenden und raumbildenden Qualitäten von Farbe bei der Konzeption einer Bar zu bedienen, ist hier gelungen umgesetzt worden. Der Ort bekommt durch die monochromen, von Hellgrau über verschiedene Blautöne bis beinah ins Schwarze changierenden Farbflächen an den Wänden sowie die haptisch und akustisch wirksamen Textilien vor Durchgängen und Fenstern eine romantisch-surreale Anmutung. Pate stand nach Aussage der Gestalter die Bildsprache des Malers Caspar David Friedrich.
Wie unter einem Himmelszelt sollen die Gäste sich fühlen. Dazu trägt auch das ausgeklügelte Beleuchtungskonzept bei. Die Sessel und Bänke aus hellem Leder bieten kräftige Kontraste, und die schimmernden Messingtore strukturieren den Raum und unterstreichen den geheimnisvollen Charakter der Location. Der Alltag bleibt draußen, und es tritt ein, was die Betreiber und Gestalter im Sinn hatten, als sie sich die „Bar Blau“ ausgedacht haben: Hier treffen sich alle, die bereit sind, in die sich ankündigende Nacht abzutauchen.
Alles blau. Ein kleines blaues Häuschen, sich an eine der Gründerzeitenbauten anlehnend, mitten in Stuttgart an einer der befahrensten Straßen. Öffnet man aber die ebenfalls blau gestrichene Türe, so eröffnet sich dem Gast bereits im Vorraum eine scheinbar surreale Bilderwelt.
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Der mit Messing verkleidete Thekenbereich leuchtet dank des Komplementärkontrastes zu dem in dunklem Blau gehaltenen Barraum um so stärker.
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Die cognacfarbenen Sitzmöbel unterbrechen und ergänzen gleichermaßen die Überschneidungen und Tiefenstaffelungen im Raum.
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Der Loungebereich als der Hauptraum der Bar ist durch freistehende Messingrahmen gegliedert. Ein zentraler lederner Sitzpouf definiert dabei die Laufwege. Die höheren Couchtische an den Sitzgruppen sollen dem gastronomischen Konzept der Bar gerecht werden: Der Schwerpunkt liegt auf Longdrinks, Cocktails und Wein, die durch ein Angebot an Tapas und Fingerfood ergänzt werden.
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Durch die verspiegelten Flächen in der Thekenrückwand und der gegenüberliegenden Wand scheint sich die Bar als kleiner Nebenraum ins Unendliche fortzusetzen.
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Den Wechsel zwischen den Räumen nehmen die Gäste vor allem haptisch wahr. Vom Boden her kommend wird der Teppich an der Wand weitergeführt und schließlich an der Decke zu einem akustisch wirksamen Element.
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Der tiefgrüne und raumhohe Samtvorhang des Eingangs wird im Raum durch graublaue Stofffahnen wieder aufgegriffen. Als weitere Farbflächen wirken sie nicht nur im Gesamtbild, sondern halten auch das Lichtermeer der Stadt davon ab, Zeit und Raum in die Bar zu bringen.
Wandgestaltung: Caparol Farben, Lacke Bautenschutz GmbH | Bodenbeläge: Object Carpet, Anker Gebr. SchoellerTeppich, A + S HeimtextilienKokosmatte | Textilien: Jab AnstoetzVorhänge, DeliusVorhänge, Object CarpetWandteppich | Sitzmöbel: Wiener Werkstätte| Tische/Theke: Schreinerei Schickler mit Firma Karl Körner| Beleuchtung: lambert&fils, Modular Lighting Instruments Médard| Gedeck/Geschirr: RAK Porzellan| Küchenausstattung/Kühltechnik/Spültechnik/Lüftungstechnik: Die GastroMacher| Sanitäranlagen: Villeroy & Boch| Kassensystem: TouchPOS GmbH
Blautöne überlagern sich in Flächen, von Tiefblau zu dezentem Lichtgrau lösen sie den Raum auf, verändern die Perspektive und spielen mit der Wahrnehmung. Ein surrealer Ort inmitten urbaner Realität. Ein Ort ohne Bezüge zum Umfeld. Ein Raum als gebaute Stimmung, zeitlos und ruhig, zum Abschalten und Ankommen. Ein Rückzugsort zu sich selbst.
Seit einigen Jahren sind Yilmaz und Belgin Yogurtcu mit ihrer hochfrequentierten „Metzgerei“ an der Schwabstraße hier im Stuttgarter Westen präsent. Nur ein paar Häuserblocks weiter haben sie im Herbst 2019 im ehemaligen „Urban“ eine gänzlich andere Realität geschaffen: Einen dimensionslosen Raum, der den Gast in eine zeitlose Welt entführt. Eine Bar, die zum „loungigen Verweilen“ einlädt, um bei warmen Tapas und Fingerfood als Ergänzung zu Cocktails und Wein den Alltag hinter sich zu lassen und in die sich ankündigende Nacht abzutauchen.
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