Quim Monzo - Hundert Geschichten

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Mit dem Titel «Hundert Geschichten» legt die FVA erstmals alle Erzählungen des bekannten katalanischen Schriftstellers Quim Monzó in einem Band vor. Es beginnt mit seinen frühen Geschichten Uff, sagte er: Hominiden, die Katalonien entdecken, Bankräuber die im Vollrausch eine Fleischbank überfallen, Literophagen, die Spaß daran finden, Buchstaben zu verschlingen. In den folgenden Kapiteln finden wir bunte Geschichten über Beziehungsprobleme, über Irrungen und Wirrungen moderner Beziehungskisten, über die falsche Eitelkeit der Menschen, das unaufhaltsame Vergehen der Zeit, über fatale Mißverständnisse mit unvorhersehbaren Folgen. Geschichten über frischverliebte und erfahrenere Ehepaare, Singles, Liebe und Liebesschmerz, Glück und Eifersucht, Sex und erotische Spielerei. Humorvoll, meisterhaft, makaber, schnörkellos und präzise bringt es Quim Monzó auf seine unverwechselbare Weise auf den Punkt, geben seine «Romane in Pillenform» ein ironisch-komisches Abbild des Lebensgefühls unserer westeuropäischen Gesellschaft.
Der Leser muß mit Überraschungen rechnen: Hundert wunderbare Geschichten, die zu dem Besten gehören, was derzeit in diesem Genre geschieht. Und über allen schwebt der mehr oder minder eingestandene Wunsch nach einem großen Zusammenhang, einem Sinn dieses zerfahrenen Lebens. Denn, das scheint Monzó sagen zu wollen: Menschen treiben unbelehrbar und orientierungslos durch die Zeit und glauben an eine rote Linie, die es nicht mehr gibt, sie sind Robinsone einer nichtkommunikativen Ära.

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Frau mit Mehari

Die Diskrepanz zwischen den beiden sich überlagernden Bildern diesseits und jenseits der Scheibe (das eine der bucklige Alte, der ein Glas Rotwein für ein paar Peseten trank, und das andere du, das goldene Mädchen mit dunkler Brille, du, die du dabei warst, einen orangefarbenen Citroën Mehari einzuparken) war so groß, dass ich nie mit deinem Eintreten in diese Bar aus glänzendem Resopal gerechnet hätte, in der ich den ersten Gin Tonic des beginnenden Abends austrank. Als du dich direkt neben mir auf dem Barhocker niederließest, verstand ich in einer diffusen Art und Weise, dass sich die Welt manchmal in unserem Sinne dreht.

Du bestelltest einen Martini Bianco, öffnetest deine Reisetasche und holtest ein Päckchen Dunhill heraus. Du zündetest dir eine Zigarette an und bliest weiße Ringe hoch in die kalte Luft zu der dunkel verkleideten Decke. Es ist müßig, sich jetzt noch daran erinnern zu wollen, wie wir ins Gespräch gekommen sind; ich weiß es nicht: Vielleicht hat einer, du oder ich, um Feuer gebeten oder machte irgendeinen Kommentar und fand ein offenes Lächeln, oder einer von uns beiden schaute in die Augen des anderen, in eine warme, sanfte Tiefe.

Wir schütteten Gin Tonics und Martinis in uns hinein: Vor unseren Augen verwandelte sich der Tresen in ein Schachspiel aus durchsichtigen Flaschen. Wir rauchten deine Zigaretten auf und mussten dann Ducados kaufen, weil es in dieser unbestimmten Bar aus metallischem Schweigen nichts anderes gab.

Draußen auf der Straße war der Himmel bereits ein schwarzer Fleck, und vor unseren Augen öffnete sich eine schiefe, aus Lichtpunkten, Farben, trockenen Tönen und unbestimmten Düften verdichtete Nacht. Wir stiegen in den Mehari, und du behauptetest, du habest ihn gestohlen, was ich mir erlaubte, nicht zu glauben, während ich euch im Geiste in die entsprechende Schublade steckte: dich als Tochter aus gutem Hause und das Auto als Geburtstagsgeschenk von Papa. Wo willst du hinfahren?, fragte einer von uns beiden, der andere deutete mit einer vagen Handbewegung einen unbestimmten Ort an, nickte lächelnd mit dem Kopf und atmete tief durch, um den Alkohol in den Magenkanal zu befördern.

Wir aßen belegte Baguettes auf der Rambla, bevor wir in ungemütlichen Bars mit exotischen Namen Unterschlupf suchten, wo wir sogenannte polynesische Flüssigkeiten zwischen heimischen Mittelmeerpflanzen zu uns nahmen. Schließlich umarmten wir uns in einer kalten, lauten, verrauchten Disco. In dem Rotlicht-Abschnitt der Rambla tranken wir mehrere Kaffee, hörten Musik im La Chapa und machten uns über die Leute lustig, über die Snobs mit Schrumpfgeist, wie wir sie nannten.

Wir kehrten zu deinem Auto zurück und setzten uns hinein. Eine Weile lang sagte keiner von uns beiden ein Wort. Schließlich hob einer den Kopf und merkte, dass der andere ihn beobachtete und lächelte. Wir lächelten. Du warst es dann, die von deinem Apartment sprach, anfuhrst, in den zweiten Gang schaltetest, noch einmal die ganze Stadt durchquertest und in einer einsamen Straße mit weit auseinanderliegenden Straßenlaternen und schlaflosen Bäumen parktest. Wir betraten eng umschlungen den Fahrstuhl, suchten unsere Zungen, bis der Ruck unserer Ankunft uns überraschte, er unterbrach unseren Kuss, brachte uns zum Lachen.

Ich ließ mich in die bunten, barocken Kissen fallen. Du fragtest mich, was ich trinken wolle, und ich antwortete, einen Wodka Orange. Du legtest brasilianische Musik auf: Samba, Vinícius de Moraes, der die Nacht mit unendlich blauem Wasser füllte, mit Licht, mit weißem Sand, auf dem du mich vor Lust badetest, mir in die Lippen bissest, mich in den Ecken des Gelächters suchtest, deine Haare wie einen Fächer auf meiner Brust ausbreitend, mit deinen so weiß blitzenden Zähnen und deinen lachenden Augen, grün wie feuchte irische Wiesen. Vinícius verlor sich in der Ferne jenseits der Noten, sentindo a terra toda rodar, eine flüssige Musik, die deine Brüste streichelte, indem sie über deine Bluse strich, während du meine Hände den Reißverschluss deiner Jeans öffnen ließest und wir uns hastig auszogen, dein Mund verlor sich zwischen Zärtlichkeiten und Bissen im Dickicht meiner Schenkel, wir hielten oft inne und schauten uns lange an, zornige Schatten mit einer Spur Alkohol.

In dem Augenblick sah ich deine Brüste: Deine Bluse war aufgeknöpft, und ich erstarrte vor Schreck, mein Mund blieb offen stehen. Du sagtest lachend: Jetzt bist du erstaunt? Ich wusste nicht, was tun, was sagen, wie reagieren. Sicher verstehst du, dass es keineswegs normal ist, auf zwei durchsichtige Brüste zu blicken, in denen eine Art tropische Flora mit Talipotpalmen, Dattelbäumen und Zwergpalmen wächst, die sich in assyrischen Brisen, ägyptischen Nordstürmen und amazonischen Monsunwinden wiegen und in denen vor einem Hintergrund aus fast reifen Granatäpfeln kleine Papageien, Aras, Kakadus und Tauben in hunderttausend Farben herumflattern.

Du wirst auch verstehen, dass ich für einen Moment lang kurz davor war, die Flucht zu ergreifen. Und jetzt erinnere ich mich, es war dein lustiges Bild, was mich zum Bleiben bewegte, deine roten Lippen, deine ironischen Augen, der Speichel, der deine Zähne glänzen und mich Durst fühlen ließ. Ich spürte, wie meine Erektion zurückkam, ich kniete nieder und beugte mich über dein braunes Fleisch, um es zu zerfetzen und zu zerlegen. Ich streichelte deine Brüste, diese weichen, durchsichtigen Brüste, und beobachtete, wie sie sich bewegten und wie drinnen die Papageien sangen und die Pflanzen bei jedem Stoß lachten. Ein Chor von gelben Papageien schmetterte, als wir uns küssten, und die Tauben flogen in die Luft über einem Meer aus zitternden Algen. Bei unserem Orgasmus wehten die heißesten Winde durch die Palmblätter, über die dunklen Schaumkronen auf deinen Ozeanen und durch die roten gelben weißen orangefarbenen Federn, die bereits auf meinem Rücken wuchsen, aus dem schnell die Flügel herausstießen, kurz bevor ich schrumpfte und dieser goldene Schnabel entstand, mit dem ich jetzt mit dir rede. Und nie wieder werde ich eine Brille tragen müssen, nie wieder Hemd und Krawatte, ich werde keine dummen Wechsel mehr begleichen und keine U-Bahn-Fahrkarte in der Rushhour kaufen müssen, nun, als grün-gelb-roter Papagei in deiner glücklichen, heißen Brust.

Vertrauliches

Ich war schon immer ein Flattergeist, damit das von Anfang an klargestellt ist. Ob von Natur aus oder durch die Umstände, wie man in solchen Fällen sagt, weiß ich nicht. Schon als Kind habe ich oft die Schule gewechselt (das besagt allerdings nicht viel, wenn man genauer darüber nachdenkt, denn meine Unbeständigkeit könnte sowohl auf diesem Tatbestand beruhen als auch genauso gut vom Gegenteil herrühren: Infolge einer genetischen Unbeständigkeit wechselte ich als Kind häufig die Schule; egal, so wichtig ist das auch nicht). Mein Vater war auch so, ich meine, wie ich; meine Mutter hingegen war beständig und saß fest auf ihrem Posten: Ihr ganzes Leben war der Hausarbeit gewidmet. Das ist das Schicksal der Frau, sagte sie, und zog dabei so viel Luft in sich hinein, dass man das Gefühl hatte, als würde das Zimmer ganz leer werden und gleich ihr Busen platzen. Heute würde sie wahrscheinlich anders reden, denn die Zeiten haben sich geändert, und sie war das lebende Beispiel für eine vollkommene Anpassung an ihre Umwelt. Bevor ich zur Kommunion ging, vertrieb ich mir sehr gerne die Zeit mit Bockspringen und Dame, ich machte tagelang nichts anderes. Aber dann setzte die Langeweile ein, und ich entwickelte eine Begeisterung für Schach und spielte auf der Straße Fußball mit Kronenkorken, doch auch diese beiden Spiele interessierten mich bald nicht mehr. (Ich weiß nicht, wer gesagt hat, ein Spiel, bei dem sich beide Spieler über die Regeln einig sind, sei unnütz und langweilig, denn das einzig Spannende entstehe daraus, sich über nichts einig zu sein, nicht einmal über die Spielregeln). Ich studierte Maschinenbau, doch schaffte ich, wie vorauszusehen, nicht einmal zwei Semester, da ich zwischenzeitlich in einer Rockband spielte und darüber das Ingenieurwesen in all seinen Varianten vergaß. Im ersten Monat lief alles gut. Im zweiten wurde ich gefeuert, weil ich so oft zu spät kam. Glücklicherweise hatte ich schon stundenweise eine Arbeit in einer Knopffabrik gefunden. Nach der Probezeit wurde ich allerdings nicht übernommen, weil ich meinen Wehrdienst noch nicht abgeleistet hatte. Es blieb mir nichts anderes übrig, als mich freiwillig zu melden. Im Grunde genommen gefiel mir der militärische Geist nicht schlecht: Ich hatte viele Filme zu dem Thema gesehen und fand das Militär eigentlich ziemlich gut. Wie fast alle wurde ich nach Zaragoza geschickt. Ich werde Ihnen jetzt aber keine Rekrutenabenteuer erzählen, das wäre geschmacklos. Ich werde Ihnen nur mitteilen, dass ich ein stotterndes Mädchen kennenlernte, das sich anfassen ließ. Als sie bemerkte, dass sie schwanger war, trieb ich mich, Gott sei Dank, bereits in Holland herum und spielte in einer Jazzband. (Da dort alle ständig besoffen waren, spielte es kaum eine Rolle, ob man rechtzeitig oder zu spät kam.) Man muss dazu sagen, musikalisch war es eigentlich auch egal, ob man da war oder nicht. Das ging so einen Sommer lang, bis sie mich verhafteten und in den Knast steckten (nicht weil ich Free Jazz spielte, sondern weil man bei mir ein Päckchen Shit, ein Sortiment Acids und ein bisschen Heroin fand, womit ich mir ein Zubrot hatte verdienen wollen, ein schlechter Rat von Lou Reed, so ist das eben). Ein Jahr später setzten sie mich an der Grenze ab (es war ein Tag, an dem der Himmel bewölkt war und ein Wind blies, der die Fahnenmasten bog und das feuchte Grün der flämischen Wiesen silbern schimmern ließ). Langsam fuhr ich mit dem Zug nach Hause, erstens weil ich keinen Pfennig mehr besaß und zweitens weil ich vermutete, dass die Geschichte mit der Aragonesin inzwischen vergessen war. Gott sei gedankt, dem war auch so. Mit der Hilfe eines Onkels aus Sabadell bekam ich einen Arbeitslosenausweis. Ich pries mich glücklich: Arbeitslosengeld zu bekommen und nicht malochen gehen zu müssen. Doch eines Tages lernte ich einen Typen von ich weiß nicht welcher sozialistischen Partei kennen. Er machte mich verbal so lange fertig, bis ich meine kontemplative Haltung dem Leben gegenüber bereute. Da ich Reue zeigte, bot er mir einen Job in einer Werbeagentur an, mit der er irgendetwas zu tun hatte. Die Arbeit war furchtbar: Textredaktion für neurotische Kunden, die nicht im Mindesten wussten, was sie wollten, und die beim ersten Problem von ihrer Anzeige Abstand nahmen. Die Krise, sagten sie, und ich weiß nicht, von welcher Krise sie sprachen (seit meiner Geburt spricht immer irgendjemand in meinem Umkreis von Krise). Eines Morgens aber erwischte man uns dabei, die Chefsekretärin und mich, wie wir unsere gesunden sexuellen Triebe befriedigten, etwas, was zwar schlimm war, aber nicht so eine große Bedeutung gehabt hätte, wenn nicht der Herr Chef persönlich (zusammen mit allen Mitgliedern des ehrenwerten Verwaltungsrates) die Entdeckung gemacht hätte, in dem Moment, als sie zur vorbereitenden Sitzung für die Jahreshauptversammlung den Raum betraten. Man muss dazu sagen, dass die Sekretärin und ich mitten auf dem langen, lackierten und leicht ovalen Tisch des Sitzungssaales bumsten (man verzeihe mir diesen unanständigen Ausdruck), um uns herum eine Riege von ehemaligen Generaldirektoren des Unternehmens (glücklicherweise allesamt längst verschieden), die uns durch eine ölige Patina hindurch aus prunkvollen Goldrahmen zuschauten. Man entließ uns. Auf der Straße und ratlos, was tun, fühlte ich mich dazu verpflichtet, sie zum Frühstück einzuladen. Sie heulte so furchtbar, dass die Leute um uns herum mich wohl für wer weiß welchen hinterhältigen Kindsmörder hielten und mir böse Blicke zuwarfen. Meine Stelle . . ., schluchzte sie und fing erneut an zu heulen. Geschickt entschuldigte ich mich zum WC. Ich flüchtete durch das Fensterchen, wie ich es in einer italienisch-amerikanischen Koproduktion gesehen hatte, ich kann mich nicht erinnern, ob in Farbe oder in Schwarz-Weiß. Sieh an, sagte ich zu mir, ein trauriges Ende einer zu leidenschaftlichen Liebe. Und ich sage Liebe, denn ich liebte dieses Mädchen wirklich. Ich verliebte mich erst wieder einen Monat später, als ich bereits in einem Zirkus als Jongleur arbeitete (ich hatte die Arbeit über den bereits erwähnten Onkel aus Sabadell bekommen, Textilfabrikant und in seiner Freizeit Akupunkteur). Nun ja, ich verliebte mich in eine Tigerdompteuse (die einzige in ganz Europa, stand auf dem Werbeplakat). Sie war groß und blond und blauäugig und hatte einen germanischen Akzent. (In Wirklichkeit war sie eine Frau aus Narbonne, falscher als ein falscher Fuffziger.) Sie hieß Louise, aber man nannte sie Ulrike, weil das nordisch und kühn klang. Ich verfolgte sie wie ein Wahnsinniger, schickte ihr Rosen, Nelken und Pralinen, spionierte durch ihr erleuchtetes Fenster, wenn sie sich auszog, bevor sie zu Bett ging (und manchmal konnte ich ihre Umrisse erahnen, die sanfte Bewegung ihrer Brüste, den Samt zwischen ihren Schenkeln). Eines Abends entschloss ich mich schließlich (der Zirkus hatte seine Zelte außerhalb von Elx aufgeschlagen: eine heiße Landschaft, hinter den Bergketten orangefarbenes Grau, der Mond wie eine Silbermünze), ihr meine ganze Liebe zu erklären. Klopf, klopf, klopf, nachdem ich die Stufen des Wagens hinaufgestiegen war, pochte ich an die Tür. Drinnen war es dunkel, niemand antwortete. Ich suchte sie auf dem ganzen Lagerplatz. Endlich fand ich sie in dem Tigerkäfig, wo sie es mit einem der Tiere trieb. Vor der Käfigtür hockend (hinter mir ihre Lustschreie und das orgastische Brüllen des Tigers), entschied ich, dass Jonglieren doch nicht meine Zukunft war. Am nächsten Morgen war ich bereits weit weg, verschwitzt und erschöpft, unter einer sengenden Sonne mit brennenden Füßen und einem dummen Blumenstrauß in der Hand, den ich auf der Stelle fallen ließ. Danach arbeitete ich als Kellner und Nachrichtensprecher, als Nachtwächter und technischer Zeichner, als Florist, als Maître in einem drittklassigen Restaurant, als Fischer an der isländischen Küste und als Hausverwalter. Jetzt geht mir erst auf, dass alles, was ich Ihnen bisher erzählt habe, nichts mit dem zu tun hat, was mir später passiert ist. Aber vielleicht mit dem, was ich jetzt erlebe. Ich weiß nicht. Abgesehen von einem Flattergeist war ich immer auch ein Zauderer. Eigentlich wollte ich Ihnen erzählen, dass ich eines Tages während eines Urlaubs in Cadaqués gestorben bin. Ich hatte mir den Tod wie einen schmerzhaften Traum vorgestellt, ich würde das Bewusstsein verlieren und zu einem kalten Nichts werden. Nun, und da ist mein Problem: Ich habe keinerlei Veränderung gemerkt: Ich wärme mir weiter meinen Schädel, und auch wenn ich nicht Hungers sterben kann, so habe ich doch derart Lust zu essen, dass ich nicht darauf verzichten kann und mir nichts anderes übrig bleibt als wie zuvor zu arbeiten oder eigentlich noch mehr. Sprechen wir nicht von den Verdauungsvorgängen. Was für einen Unterschied gibt es also zwischen Leben und Tod? Ich habe mir den ganzen Bergman reingezogen (allein Das siebente Siegel habe ich sieben Mal gesehen) und den ganzen Espriu gelesen. Nicht ein Wort habe ich verstanden. Ich habe mich für ihre Filme und Bücher interessiert, weil es heißt, sie sprächen über den Tod. Früher machte ich mir Sorgen; jetzt nicht mehr: Neulich habe ich einen kennengelernt, der ist schon zwei Mal gestorben. Wir sind sehr gute Freunde geworden, und am Wochenende fahren wir nach Sitges zum Flirten. Wir überlegen, ob wir eine Metzgerei aufmachen. Mir würde allerdings ein Käseladen im französischen Stil besser gefallen, auch wenn ich ihn sicher bald satt hätte. In der Zwischenzeit schreibe ich, wie ihr seht: Erzählungen.

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