Evelyne Binsack
DIE PERSONEN
HINTER DEM BUCH
Evelyne Binsack, geb. 1967, verstand schon früh, dass es für das Überleben in der Steilwand essenziell ist, die Gesetze der Natur zu respektieren und die physischen sowie die mentalen Fähigkeiten unermüdlich zu trainieren. 1991 absolvierte sie als eine der ersten Frauen Europas die Ausbildung zur diplomierten Bergführerin und bestieg zehn Jahre später als erste Schweizerin den Mount Everest. Im September 2006 startete sie vor ihrer Haustür Richtung Süden, war unterwegs mit dem Fahrrad, zu Fuß, mit Skiern und dem Schlitten und kam nach 484 Tagen am Südpol an. Aber erst 2017 erfüllte sich ihr lang gehegter Traum, aus eigener Muskelkraft auch noch zum Nordpol zu gelangen. Über das Erreichen dieser drei Pole sind folgende Bücher erschienen: »Schritte an der Grenze«, »Expedition Antarctica« und »Grenzgängerin«. Evelyne Binsack, die im Berner Oberland lebt, arbeitet als Bergführerin und ist eine gefragte Referentin. In ihren Vorträgen geht es um Themen wie Risikomanagement, Selbstführung und Zielverwirklichung ebenso wie um ihr Leben und ihre Passion. Einen neuen Weg beschreitet sie, indem sie andere Menschen nicht mehr nur als Bergführerin auf Berge, sondern auch als Beraterin und Mentorin begleitet. Mehr dazu unter: binsack.ch
© Pia Zanetti
Markus Maeder, , geb. 1945, studierte in Zürich Literatur und Geschichte. Nach Aufenthalten in Afrika, Indien und China arbeitete er als Redaktor beim Zürcher »Tages-Anzeiger« und führte beim Schweizer Fernsehen in zahlreichen Dokumentarfilmen Regie. Als freier Journalist schrieb er für »Die Weltwoche«, »Das Magazin«, die NZZ und »Die Zeit«. 1987 gewann er den Zürcher Journalistenpreis. Er schrieb Hörspiele sowie Beiträge für Sachbücher. Seit über zwanzig Jahren arbeitet er als literarischer Ghostwriter. nightwriter.ch
Wer allein unterwegs ist, muss sich auf treue Partner verlassen können. Sie zu finden und vor allem Vertrauen zu fassen, braucht seine Zeit. Als ich startbereit war, fühlte ich mich in einem Netz von Profis aufgehoben.
Xpert.Line, »die Business Software für flexible Ansprüche«, übernahm als Hauptsponsor die Verbreitung meiner Newsletters und die Hälfte der Kosten auf Antarctica. Mit unserem Anspruch, neue Wege zu gehen, Neues zu entdecken und weiter zu gehen, fanden wir eine gemeinsame Grundlage zum Erfolg.
Transa, »die führende Anbieterin für Travel- und Outdoor-Ausrüstung in der Schweiz«, hat mich kompetent beraten und mir die Zelte und andere unerlässliche Teile der Ausrüstung zur Verfügung gestellt.
Mammut versorgte mich mit dem richtigen, alpinistisch bewährten Schlafsack sowie mit Kleidern, mit denen auch Mammut Neuland betrat. Sie hatten sich erstmals in der Antarktis zu bewähren – und taten das mit Bravour.
Sony unterstützte mich mit Kamera und Computer, Solution Provider mit einem namhaften Geldbetrag.
Business4you übernahm ab Salt Lake City spontan und unkompliziert die Administration. Die enthusiastische Begeisterung, die professionelle Abwicklung aller administrativen Aufgaben und ebenso die Dienste als Pressestelle während der Expedition Antarctica bedeuteten für mich das Rückgrat auf dem Weg zum Ziel.
Mein Lebenspartner Sandro und meine Mutter haben in unzähligen Arbeitsstunden Material besorgt, verpackt und für eine reibungslose, logistische Abwicklung gesorgt. Und meine Schwester Jacqueline verstand und versteht es, mich auch in den schwierigsten Situationen immer wieder anzuspornen.
Bei ihnen, meinem Cousin Markus mit Vreni, meiner Cousine Ruth mit Familie und meiner Cousine Liliane und allen, die mir die Daumen gedrückt und zum Gelingen dieser Expedition beigetragen haben, bedanke ich mich an dieser Stelle von Herzen.
Evelyne Binsack
PS: Den unschätzbaren Wert einer unbeschwerten Kindheit und einer Ausbildung, wie ich sie genießen durfte, kann ich erst richtig würdigen, seit ich mich als Botschafterin für SOS-Kinderdorf engagiere. Der Besuch in León, Nicaragua, hat mich begeistert (siehe Seite 67). Die SOS-Familien haben Ihre Spende mehr als verdient ( www.sos-kinderdorf.ch).
Während fast vier Jahren ging ich mit meiner Idee zu Bett und wachte morgens wieder mit ihr auf. Sie war ein Teil von mir geworden und fühlte sich inzwischen an wie meine eigenen Arme und Beine. Ich schaute mir selber zu und staunte, wie eine simple Idee – ein Konstrukt aus Gedanken – zur Wirklichkeit wurde. Was ein »Nichts« war, wurde auf einmal erlebbar und bestimmte das Handeln.
Meine erste Erkenntnis über die Antarktis war, wie wenig ich darüber wusste. Was südlich von Südafrika, Neuseeland und Südamerika lag, nahm ich als weißen Fleck auf der Karte hin, ohne mir weiter Gedanken zu machen. Erst als meine Absichten handfester wurden, begann ich das Licht und den Schatten, die Farben und Strukturen dieses Weiß aus Schnee und Eis mit wacheren Augen zu betrachten. Auf meiner geistigen Erkundungsfahrt in den südlichen Polarkreis »entdeckte« ich einen Kontinent; ich fand Buchten und Halbinseln und Berge mit Spitzen bis rund 5000 Meter über Meer. Ich lernte, verschiedene Arten von Eis zu unterscheiden, und ich entdeckte, dass dieser unbekannteste aller Kontinente auch der ungewöhnlichste ist. Der kälteste, der trockenste und der windigste Kontinent dieser Erde.
Am Südpol geht die Sonne jedes Jahr nur einmal auf, im September, um ununterbrochen bis im März am Himmel zu stehen. Auf Antarctica lagern über neunzig Prozent des Eises der Erde und siebzig Prozent der Süßwasservorräte. Das Abschmelzen dieser Inlandeiskappe würde den Meeresspiegel um sechzig Meter anheben. Hier fallen weniger Niederschläge als in der Sahara und jeder anderen Wüste der Welt. Im Mittel um die fünf Zentimeter im Jahr. Umso erstaunlicher, dass sich daraus im Laufe der Jahrmillionen Eisschichten von mehreren Tausend Metern gebildet haben.
Je mehr ich mich mit dem Weißen Kontinent von der antarktischen Halbinsel bis zum Weddell-Meer auseinandersetzte, desto klarer wurde mir, wie viele Fragen von der Forschung bis heute unbeantwortet geblieben sind. Nicht einmal die Größe von Antarctica lässt sich eindeutig bestimmen. Was gilt? Die Eisoberfläche oberhalb des Meeresspiegels? Die gesamte Erdoberfläche innerhalb der Küstenlinie oder der Rand des Schelfeises, das sich weit über die Küste ins Meer hinaus ergießt? Alles fließt. Das Inlandeis, das kilometerdick in träger Bewegung vom Herzen des Kontinents wie ein Gletscher Richtung Küste fließt und dort zu Schelfeis wird, das weit draußen im Meer abbricht und zu Eisbergen wird. Und was ist mit dem Packeis – dem gefrorenen Meerwasser rund um den Kontinent –, das im Verlauf des antarktischen Winters, von März bis September, die antarktische Eisfläche auf die doppelte Fläche des Landeises anwachsen lässt?
Ich erfuhr auch, dass Antarctica ohne seine Eisdecke ganz anders aussähe, weil das Gewicht des Inlandeises den Felsuntergrund im Lauf von Millionen von Jahren an manchen Stellen satte 1000 Meter unter die Meereshöhe gedrückt hat. Im sogenannten subglazialen Graben der Westantarktis, 2538 Meter unter dem Meeresspiegel, liegt es über 4500 Meter dick, und auch am Pol auf 2800 Meter über Meer liegt der Fels tiefer als der Meeresspiegel. Nicht weit davon entfernt durchzieht das Transantarktische Gebirge den Kontinent auf einer Länge von 4000 Kilometern, und der Mount Vinson (4892 m) in der Kette der Ellsworth Mountains erhebt sich höher als der höchste Alpengipfel, der Mont Blanc.
Nicht ganz überall reicht die weiße Decke bis an die Küste, und einige kleine Löcher hat sie auch. Drei sogenannte Trockentäler im Transantarktischen Gebirge in der Nähe von McMurdo sind seit Millionen von Jahren eisfrei, und Namen wie Victoria-See und River Onyx – mit dreißig Kilometern der längste Fluss der Antarktis – ließen fast Heimatgefühle wach werden, wenn man nicht wüsste, dass sie nur zwei Monate im Jahr eisfrei sind.
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